Antwort an Manfred Weber
Samisdat Nr.5.

Manfred Weber hat die Politik Ungarns vor der deutschen Öffentlichkeit als Irrweg bewertet. Diese Politik gestaltet Ungarn seit zehn Jahren. Bis zum Beginn von COVID haben wir die Arbeitslosigkeit von 12 Prozent auf unter 4 Prozent, die Staatsverschuldung von 84 Prozent auf unter 66 Prozent gesenkt, den Minimallohn auf das mehr als Zweifache erhöht, und das Durchschnittsgehalt beinahe verdoppelt, während das finanzielle Vermögen der Haushalte auf beinahe das Dreifache anwuchs. Das GDP wächst seit 2014 um 2-3 Prozent schneller als der europäische Durchschnitt und wir geben anteilmäßig in ganz Europa das meiste Geld für die Unterstützung der Familien, für die Kultur und den Sport aus, wir garantieren den ungarischen Kindern die Krippe, den Kindergarten sowie kostenlose Schulverpflegung und Schulbücher.

Sollte das der Irrweg sein?

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass Manfred Weber einen Groll gegen Ungarn verspürt. Er macht uns dafür verantwortlich, dass seine auf den Stuhl des Präsidenten der Europäischen Kommission abzielenden Ambitionen sich nicht verwirklicht haben. Das ist wahr. Aber ist es für den ersten Mann einer europäischen Parteienfamilie erlaubt, dass sein Scharfblick auf diese Weise durch den persönlichen Affekt, ja durch Hass verzerrt wird? Selbst wenn es menschlich verständlich ist, ist es doch nicht richtig. Wir erwarten von unseren Spitzenpolitikern, dass sie unsere Parteienfamilie stärken, ihr Gewicht und ihren Einfluss vergrößern, damit wir gemeinsam stärker sind als nur das Ergebnis einer simplen mathematischen Addition.

Manfred Weber hat sich dem linken Eliteclub angeschlossen, in dem eine absurde europäische politische Geometrie in Mode ist. Danach besitzt die Rechte nur einen Rand, deshalb stellt allein schon ihre Existenz an sich eine kontinuierliche Gefahr dar: Faschismus, Nazismus, Nationalismus und Homophobie. Die Linke jedoch besitzt nur eine Mitte, deshalb kann von dort den Idealen der Volkspartei keinerlei Gefahr drohen, weder der Freiheit noch der Demokratie und auch der Marktwirtschaft nicht. Deshalb schließen Weber & Co. nach rechts. Zuerst haben sie die Briten aus der EVP und dann auch aus der EU hinauskomplimentiert, die durch die PiS angeführte konservative Fraktion kann kein Partner sein, und es wäre auch besser, sich der verdächtigen Fidesz-schen Christlich-Konservativen zu entledigen.

Die Tore müssen nach links geöffnet werden. Die Sozialdemokraten sollen kommen, dann die linken Liberalen, bald dann die Grünen und wer weiß, wo das Ende ist? Auf dem Abhang gibt es eben kein Stehenbleiben.

Auch die Brüsseler müssen es verstehen, dass in Mitteleuropa unsere Verachtung für Marx, Lenin und den Kommunismus nicht geringer ist als jene, die wir gegenüber den Nazis und dem Nationalsozialismus verspüren.

Politiker, die sich nach einem Amt in Brüssel sehnen, müssen verstehen, dass Mitteleuropa niemals seine christliche Wertordnung, seine Nationalkultur und auch unsere in das traditionelle und für uns einzige Familienmodell gesetzte Überzeugung aufgeben wird.

Jene, die sich nach einem Führungsposten in Brüssel sehnen, müssen verstehen, dass das Ziel nicht die kulturelle, die liberale Homogenisierung Europas ist, sondern die Errichtung des Bündnisses der freien Nationen.

Der Weg eines sich für einen Brüsseler Posten meldenden Politikers ist niemals einfach, wenn er ein Deutscher ist.

Dies darf ein Politiker, der die Ambition für eine führende Rolle in Brüssel hegt, niemals vergessen. Er handelt falsch, wenn er statt der Akzeptanz der kulturellen und historischen Unterschiede uns Migranten aufzwingen will, mit Sanktionen, Geldentzug, Aushungern und anderen ausgewählten Torturen droht. Er handelt falsch, wenn er auch die Existenz der nationalen Souveränität leugnet, wie das Weber macht. Er handelt falsch, wenn er – wie das Weber vorschlägt – das Europäische Parlament über die nationalen Parlamente erheben will und anstelle der in dem Grundlagenvertrag der Europäischen Union zugesicherten einstimmigen Beschlüsse die Zukunft in Mehrheitsentscheidungen, also der Unterdrückung der kleineren Länder sieht. Es ist nicht einfach, aber man kann durch das gewisse Nadelöhr gehen. Angeblich kann es einem jeden gelingen.