Viktor Orbáns Antworten auf die Fragen der Teilnehmer des Lagers
Tusnádfürdő (Băile Tuşnad), den 27. Juli 2019

Ich vermute, nicht ich allein bin ermüdet, weshalb ich also versuche, kurz auf alle wichtigen Fragen zu antworten.

Die erste: Werden wir die Unterstützungsformen des Aktionsplans zum Schutz der Familien auch jenseits der Grenzen einführen? Jetzt kann ich die Regierungspolitik so beschreiben, dass wir nach der Vereinigung der Nation uns jetzt im Zeitalter des Aufbaus der Nation befinden, die Frage ist also begründet. Wenn wir eine Nation sind, dann muss man versuchen, das, was gut ist, für die gesamte Nation zugänglich zu machen. Es besteht aber ein großer Unterschied zwischen der Vereinigung und dem Aufbau der Nation. Die Vereinigung der Nation ist grundlegend eine Frage der seelischen Tapferkeit, das war sie auch. Dazu fällt mir immer wieder ein Satz von John Lukács im Rahmen eines Gesprächs ein, mit dem er mich, als Ministerpräsident, darauf aufmerksam machte, ich solle umsichtig sein, denn der Ungar besitze eine besondere Art, das sei eine deklarierende Nation, und sie sei sehr stark darin, wenn etwas ausgesprochen und wenn etwas deklariert werden muss. Die Absicht der Vereinigung der Nation ist eine Deklaration, aber – sagte er – man müsse darauf achten, dass der, der dies ausgesprochen hat, es so auffasst, als sei es schon geschehen. Das ist der Unterschied zwischen der Vereinigung und des Aufbaus der Nation. Der Aufbau der Nation wird durch Worte, Deklarationen, Mut nicht verwirklicht, das ist eine Kleinarbeit, und die besitzt ihre eigene Logik. Und bei der Beantwortung der Frage, was auch jenseits der Grenzen angewandt werden kann, muss ich Ihnen sagen – und ich bitte hierbei um Ihr Verständnis –, ist das Timing am wichtigsten. Man kann nämlich nur dann auch etwas jenseits der Grenzen anwenden, wenn auch die dazu notwendige politische und wirtschaftliche Unterstützung im Mutterland vorhanden ist. Wenn wir den falschen Zeitpunkt wählen, vor allem wenn ich im falschen Rhythmus handele, wenn wir uns an etwas versuchen, dessen entweder materielle oder politische Voraussetzungen nicht gegeben sind, dann wird das genau nach hinten losgehen. Deshalb kann ich heute sagen, heute sind noch weder die politischen noch die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür gegeben, um alle jene Maßnahmen zum Schutz der Familie einführen, auch jenseits der Grenzen anbieten zu können, die auf die Umkehr der schlechten demographischen Tendenzen zu Hause abzielen. Wir sind ganz einfach noch nicht an diesem Punkt angelangt. Wir haben vieles getan. Im Karpatenbecken bauen wir, renovieren wir gerade tausend Kindergärten, wir tun zahllose Dinge, die zur Kleinarbeit des Aufbaus der Nation gehören, doch das ungarische System allgemein einzuführen würde in diesem Moment einen gegenteiligen Effekt hervorrufen. Doch kann ich ruhig sagen, der Moment kann kommen und wird auch in Abhängigkeit von dem Ergebnis der Wahlen kommen, in dem wir dazu in der Lage sein werden, und auch zu Hause die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen dessen vorhanden sein werden.

Die ungarischen Investitionen kommen langsam nach Siebenbürgen, das ist nicht von Interesse, denn sie werden kommen. Die umgekehrte Richtung ist von Interesse. Denn damit das zueinander findet und zusammenwächst, was zusammengehören muss, dazu müssen auch siebenbürgische Investitionen nach Ungarn kommen. Dies beschäftigt mich heute schon viel stärker. Denn soweit ich es sehe, sind die Wege der ungarischen Investitionen in Siebenbürgen niedergelegt. Es geschehen auch viele Dinge, ich selber sehe sie. Wir fällen solche Entscheidungen, ich nehme auch an solchen Anlässen teil, aber das muss auch umgekehrt funktionieren. Aus den angehäuften geschäftlichen Ergebnissen müssen früher oder später auch siebenbürgische Investitionen in Ungarn realisiert werden, damit man nicht jenes System der wirtschaftlichen Textur, die wir errichten werden, danach zerreißen kann.

In der Angelegenheit der Fluglinie kann ich sagen, dass es zwischen Marosvásárhely und Budapest einen täglichen Flug gibt, zumindest hoffe ich, dass das so ist. Wir bemühen uns auch um die Schaffung des Fluges zwischen Klausenburg und Budapest, und wir sind guter Dinge, dass im Herbst dies zu einem Flug wird, der täglich verkehrt.

Warum ich nicht meinen Einfluss nutze, damit es irgendeine Art von geordneterer Zusammenarbeit zwischen den siebenbürgischen Parteien gibt? Die Antwort hat László Tőkés gegeben. Schon da würde ich mich nicht durchsetzen, wenn ich es bei ihm versuche, also ist es besser, dies erst gar nicht zu versuchen. Dies ist ein derart kräftiger Baum, dass meine Axt in ihm stecken bleiben würde, wenn ich in ihn schlagen würde. Doch ist es im Übrigen auch philosophisch richtiger es so zu tun, wie der Herr Bischof: auf eine andere Art denken. Zweifellos besitzt der ungarische Ministerpräsident eine juristisch eingegrenzte, aber nicht zu vernachlässigende Macht, und ohne Zweifel können aus dieser Macht, aus der Ausübung dieser Macht Konsequenzen selbst noch über die ungarischen Staatsgrenzen hinaus entstehen. Auch das ist wahr. Deshalb ist es von Bedeutung, dass auch Sie verstehen, wie ich persönlich und die Regierung, an deren Spitze ich stehe, über die Beschaffenheit der Macht denken. Wozu ist sie zu gebrauchen? Oder was ist das? Und unserer Auffassung nach, und das steht meiner Ansicht nach im Einklang mit der ungarischen Geistesgeschichte, den Lehren des Heiligen Stephan und auch den vor uns stehenden Aufgaben, meiner Ansicht nach ist die Macht nichts anderes, als die Fähigkeit des gemeinsamen Handelns. Mir ist es gegeben, ich habe die Mittel dazu erhalten, um die Ungarn auf verschiedene Arten des gemeinsamen Handelns zu bringen, doch kann man die Menschen in Friedenszeiten nicht mit Gewalt zum gemeinsamen Handeln bringen. Wenn wir also die politische Macht auf die Weise auffassen, dass sie sich im gemeinsamen Handeln äußert, und wenn wir die Ungarn überzeugen müssen, an dem gemeinsamen Handeln teilzunehmen, denn dann wird das für jeden einzelnen von uns, aber auch für uns alle gemeinsam von Vorteil sein, wenn dies wahr ist, dann kann ich diese Macht nicht einmal zu Hause, geschweige denn jenseits der Grenzen von oben, als eine zwingende Kraft einsetzen. Deshalb verfüge ich über Methoden, Methoden des Überzeugens, ich habe Argumente, die zu überdenken geeignet oder überdenkenswert sind, doch ich besitze keine unmittelbare Macht, etwas zu erzwingen. Deshalb sollen die braven Brüder in Siebenbürgen und dem Szeklerland auch von mir nicht erwarten, von Budapest aus sollte mein Beauftragter oder persönlich ich für Ordnung sorgen, und die hier tätigen politischen Akteure in eine wünschenswertere Form umgruppieren. Das wird nicht geschehen, das müssen Sie erstreiten, erringen und erkämpfen. Einer Sache können Sie mit Sicherheit gewiss sein, wir warten auf die Entstehung des gemeinsamen Willens und unterstützen sie, und wenn er vorhanden sein wird, dann werden wir auch immer hinter ihm stehen. Das gilt auch für das Uztal!

Da es sich um eine Angelegenheit von Kriegsgräbern handelt, führt selbstverständlich die sich mit der Pflege von Kriegsgräbern beschäftigende Abteilung des entsprechenden Ministeriums der ungarischen Regierung Gespräche mit den Rumänen. Ich kann nicht in politischen Kategorien darüber reden, was geschehen ist, denn meiner Ansicht nach ist die Schändung der letzten Ruhe eine Verletzung der elementarsten, der tiefsten menschlichen Gefühle, über die man ganz einfach nicht in politischen Termini sprechen kann, und ich verstehe nicht, wie es Menschen einfallen kann, im Zusammenhang mit welcher politischen Auseinandersetzung oder Debatte in der Vergangenheit auch immer, das Gebot der letzten Ruhe verletzend sich derart zu verhalten. Das ist für uns einfach unfassbar. Also ist auch die Lösung meiner Ansicht nach nicht politischer Natur. Wir müssen also mit den Rumänen an den Punkt gelangen, an dem dies die siebenbürgischen Ungarn mit ihnen gefasst, ruhig durchsprechen können, und in dieser überpolitischen, moralischen Dimension müssten wir aufeinander treffen und dort eine Lösung finden, die für das siebenbürgische Ungarntum akzeptabel ist. Das ist nicht unmöglich, sobald dies zustande gekommen ist, kann man damit rechnen, dass sich die ungarische Regierung mit ihrem ganzen Ansehen hinter diese siebenbürgische Lösung stellen wird, doch auch diese Arbeit müssen sie verrichten.

Transkarpatien. Verzeihung, noch etwas zum rumänisch-ungarischen Verhältnis. Warum es keine Gipfeltreffen gibt? Auch das ist ein Gesichtspunkt, was László sagt, doch beeinflusst mich dies weniger. Ich habe kein Problem damit, wenn man ein erfolgreiches Treffen der Regierungschefs von Rumänien und Ungarn als einen Erfolg des RMDSZ bezeichnet. Möge man es als den Erfolg von sonstwem bezeichnen, es soll nur geschehen, das interessiert mich. Doch ist die Frage berechtigt, warum es keine derartigen Treffen gibt, obwohl ich persönlich im vergangenen Zeitraum von führenden rumänischen Politikern viel günstigere Impulse erhalten habe, als ich mir das jemals zuvor hätte vorstellen können. Es ist nicht meine Aufgabe, jemanden zu qualifizieren oder zu bewerten, jedoch muss ich doch sagen, dass zum Beispiel das Labyrinth des rumänischen Rechtswesens für uns, Ungarn, undurchschaubar ist. Ich weiß gar nicht mehr, wer weshalb verurteilt wird und wer weshalb nicht, und was hier verboten ist und was nicht, hierin kann man sich von außen nur mehr sehr schwer zurechtfinden, aber ich kann Ihnen mit Sicherheit mitteilen, dass der Vorsitzende der regierenden sozialistischen Partei, als es um eine ungarische Angelegenheit ging, eine schwierige, konfliktbeladene ungarische Sache, und man Gespräche führen musste, mit mir korrekt verhandelt und alle Absprachen eingehalten hat. Ähnlich muss ich über die gegenwärtige rumänische Ministerpräsidentin sagen, über die – ich höre das – viele abschätzig sprechen, was nicht nur nicht höflich, sondern auch nicht fair ist, ich arbeite mit ihr, ich verhandele mit ihr, zwar in Brüssel und nicht im bilateralen Rahmen, ich habe mit ihr die Möglichkeit auf den V4-Treffen und allen möglichen anderen internationalen Foren zu arbeiten, und glauben Sie mir, sie ist eine ernsthafte Politikerin, die – wenn sie über ein entsprechendes Hinterland verfügen würde – viel mehr Gutes im Interesse Rumäniens tun könnte als das, wozu sie heute in der Lage ist. Und ich pflege überhaupt keine enge Freundschaft mit dem rumänischen Staatspräsidenten, aber ich muss Ihnen sagen, dass wenn der rumänische Staatspräsident nicht entschlossen, nicht konsequent gewesen wäre und sich nicht zu dem Beschluss der Europäischen Volkspartei bekannt hätte, denn auch er gehört zur Europäischen Volkspartei, die „nein“ zu Timmermans gesagt hatte, sondern sich auf die Seite derer gestellt hätte, die den gemeinsamen, Timmermans zurückweisenden Beschluss der Europäischen Volkspartei verleugnet haben, also wenn er nicht durchgehalten hätte, dann hätten wir nicht verhindern können, dass heute der Statthalter von George Soros im Stuhl des Präsidenten der Europäischen Kommission säße. Darin steckt seine Arbeit. Auch unsere steckt mit drin, aber ohne seine Arbeit wäre dies nicht gelungen. Ich kann also sagen: Ich sehe die rumänische Situation und die rumänisch-ungarische Lage dahingehend, dass es hier nicht unbedingt persönlich an den Fähigkeiten und Absichten der führenden Politiker mangelt, sondern ich habe den Eindruck, es gelingt nicht, eine funktionsfähige Maschinerie zusammenzumontieren, die Vorbereitung, Entscheidung, Durchführung zum Ergebnis hätte. Soweit ich das sehe ist die rumänische Politik heute ganz einfach nicht in der Situation, Entscheidungen zu treffen, und der Grund dafür besteht nicht im Mangel der persönlichen Fähigkeiten, sondern in der ständigen Unsicherheit. Jetzt bereiten sie sich auf irgendeine – bzw. gar nicht irgendeine, sondern sogar auf mehrere, einander folgende Wahlen vor, die Präsidentschaftswahlen mit inbegriffen. Ich halte ein rumänisch-ungarisches Treffen also aus dem Grund für nicht aktuell – abgesehen davon, dass László Recht hat, und es immer einen Sinn hat, sich im christlichen Geist miteinander zusammenzusetzen und uns gegenseitig unseres guten Willens zu versichern, das hat immer einen Sinn, aber darüber hinaus sehe ich keinen Sinn darin –, da wir keine Entscheidungen treffen können, und nicht wegen Ungarn, sondern wegen des Durcheinanders, des Tohuwabohus der rumänischen politischen Situation. Man muss abwarten, bis sich das beruhigt und wir erfahren, wer wer ist, und wer über wie viel Macht verfügt, und man mit wem über was übereinkommen kann. Und wenn wir ein Abkommen treffen, wer dann die Macht dazu besitzt, dieses mit uns einzuhalten. Solange sich also diese Situation nicht herausbildet, werden die rumänisch-ungarischen Treffen viel eher einen protokollarischen, den guten Willen zum Ausdruck bringenden Charakter besitzen, und nicht dem Aufbau der Nation dienende und auch den Interessen der rumänischen Nation dienende, auf gegenseitigen Vorteilen beruhende Vereinbarungen. Die Schaffung dessen ist heute also nicht möglich, hier müssen wir noch warten.

Die Landesverräter – fragt einer unserer Freunde. Hier geht es ja darum, dass die ins Europäische Parlament gewählten Vertreter der ungarischen Linken demonstrativ ankündigend, auf provokative Weise gegen jede Person aus den Reihen des Fidesz und der Christdemokraten stimmen, die durch ihre eigene Parteienfamilie nominiert werden, um irgendeinen Posten zu bekleiden. Hierauf kann man auf zweierlei Weise reagieren. Hier ist diese Annäherung des „Landesverrates“, was hier irgendjemand gesagt hat, doch damit würden wir sie nur aufwerten. Deshalb sage ich lieber nur, dass dies eine kleine schäbige Sache ist. Das ist eine schäbige Politik, eine jämmerliche Politik, die nach Brüssel hinausgeht, und anstatt dem Vorankommen der Ungarn zu helfen, sich daran erfreut, einem anderen Ungarn ein Bein zu stellen oder dessen Sache zu erschweren. Das ist ganz einfach nur eine schäbige und jämmerliche Sache, und verdient meiner Ansicht nach keine weiteren Worte.

Transkarpatien. Meiner Ansicht nach sind in Transkarpatien während des Wahlkampfes schwerwiegende Dinge geschehen. Also dort war die physische Einschüchterung ein Teil des Wahlkampfes. Dort konnten sich im Laufe des Wahlkampfes jene Ungarn, die die Aufgabe der Vertretung der Gemeinschaft der ungarischen Nation von Transkarpatien auf sich genommen hatten, sich nicht einmal physisch in Sicherheit fühlen. Das ist meiner Ansicht nach unhaltbar. Wenn ein Land sich jemals der NATO und der Europäischen Union annähern will, dann darf dies ganz einfach nicht geschehen. Und solange dies geschieht, wird sich die Ukraine keiner Organisation annähern, in der auch wir Mitglied sind, darin können Sie sich sicher sein. Die Rechte der ungarischen Minderheit, ihrer physischen Sicherheit, die Möglichkeiten für ihre faire politische Teilnahme müssen geschaffen werden. Und die wirkliche Frage ist die, warum das in Transkarpatien so ist? Hierauf kann man logisch vorgehend zwei mögliche Antworten geben. Die eine lautet, dies ist so, weil die Regierung in Kiew das so will. Und die andere lautet: Die Kiewer Regierung weiß selber nicht, was sie will. Und ich befürchte, wir stehen dem letzteren gegenüber. Die ukrainische Staatlichkeit hat hierin vor den Wahlen im Interesse der Vorbereitung auf den sich offensichtlich abzeichnenden Machtwechsel ihre Handlungsfähigkeit verloren. Oder selbst wenn sie über Handlungsfähigkeit verfügt, dann verfügen nur ihre Teile darüber und nicht das Ganze. Meiner Ansicht nach ist also die Organisierung der ukrainischen Staatlichkeit, ihre effektive Organisation, das Fällen ihrer zentralen Entscheidungen und deren Erzwingung, Durchsetzung von elementarem Interesse für die ungarischen Gemeinschaften in Transkarpatien, und auch wichtig unter dem Gesichtspunkt der ukrainisch-ungarischen Beziehungen. Ich kann also dem neu gewählten Präsidenten der Ukrainer nur die Daumen drücken, der jetzt über eine offensichtliche Mehrheit im Parlament verfügt, also die Partei des Präsidenten besitzt die Mehrheit in der Gesetzgebung, er erhält eine Möglichkeit, zu versuchen, den ukrainischen Staat zu reorganisieren und ihm einen einheitlichen Willen auszuformen, und dann dafür zu sorgen, dass dies durchgeführt wird. Hierfür besteht jetzt eine Chance. Wenn wir ihnen hierin helfen können, dann werden wir helfen, aber solange dies nicht geschieht, sehe ich nicht, dass sich die verschlechterten ukrainisch-ungarischen Beziehungen verbessern könnten, und ich sehe nicht, wie wir auch nur irgendeine Bestrebung der Ukraine auf Richtung der euroatlantischen Integration unterstützen könnten. Im Übrigen ist ein Treffen mit ihnen auf hoher Ebene in Vorbereitung.

Und schließlich – Verzeihung, warum ist der Sportkanal M4 kodiert? Nun, weil Zsolt Semjén das Problem nicht löst, das wäre seine Aufgabe. Das ist auch letztes Jahr zur Sprache gekommen, und da haben wir die Aufgabe in aller Öffentlichkeit ihm übertragen, auch jetzt sitzen wir hier. Sie ist nicht gelöst, also ich bitte Zsolt, wenn er Hilfe benötigen sollte, soll er Bescheid sagen, damit wir diese Frage lösen können.

Und schließlich ist dann noch hier die Frage, die vielleicht als eine unwesentliche Nebenfrage erscheinen mag, ob wir irgendein Instrument besitzen, um dem in Ungarn auftretenden Arbeitskräftemangel entgegenzutreten? Jetzt wäre ich zunächst vorsichtig mit der Lagebeurteilung. Man pflegt die Beschäftigungszahlen der Altersklassen zwischen 16 und 65 Jahren zu betrachten, um zum Ausdruck zu bringen, welches Maß die Beschäftigung in einem Land erreicht. Dieses beträgt gegenwärtig in Ungarn 69,5 Prozent. Jedoch in Tschechien 75. Und in Deutschland liegt es nahe bei 75. Und in Amerika beträgt es auch 75. Bei den Chinesen liegt es bei 85, aber das sollten wir jetzt vergessen. Also 75. Damit will ich sagen, dass es nicht stimmt, es gebe heute in der ungarischen Wirtschaft keinerlei Reserven mehr. Es gibt sehr wohl eine 6-7-8 Prozent betragende arbeitsfähige Gemeinschaft in Ungarn, die gegenwärtig nicht arbeitet. Wie können wir sie in das Arbeiten einbeziehen? Denn heute fehlt nicht mehr ihre Absicht, denn wegen dieser haben wir das System der öffentlichen Beschäftigung geschaffen. Wie können wir sie in die Arbeitswelt einbeziehen? Was für Kurse müssen wir ihnen anbieten? Wie müssen wir sie vorbereiten? Das ist eine ernsthafte Herausforderung für die Regierung. Wir stehen nicht schlecht da in diesem Wettbewerb, aber wir könnten auch noch besser sein. Sicher ist, dass ich es vermeiden möchte – und ich möchte die Ungarn auch davon überzeugen, dass auch sie diese Situation vermeiden wollen sollten –, in der wir bestimmte, unter einer bestimmten Qualität liegende Arbeiten nicht mehr wir selbst – sagen wir: wir Eingeborenen – verrichten, sondern wir Arbeitskräfte von außerhalb holen, damit sie sie verrichten. Meiner Ansicht nach hat es eine nicht nur wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch eine im seelischen Sinn, wenn ein Land bzw. dessen Bevölkerung in der Lage ist, die in dem Land entstehende Arbeit selbst zu verrichten. Auch die Müllabfuhr, auch das Straßenkehren. Alles, ganz gleich, wo wir es ansetzen, können wir lösen, denn in einem Land gibt es für alles einen Menschen, nur muss man das Leben jenes Landes gut organisieren. Aus diesem Grund unterstütze ich keinerlei Hereinströmen von Arbeitskräften aus dem Ausland. Es gibt ein ganz genau in einem ungarischen Gesetz oder einer Regierungsverordnung niedergelegtes Maß dafür, bis zu welchem Maß wir das akzeptieren können. Wir veröffentlichen jedes Jahr, wie viele Stellen nicht besetzt sind, also wie viele Stellen es gibt, für die sich kein Ungar meldet. Bis zu dessen Maß kann man vorübergehend, also nicht verbunden mit der Ansiedlung, eine vorübergehende Arbeitserlaubnis geben, aber nur bis zu jenem Punkt, und man darf nicht erlauben, dass ein ständiges System entsteht, das – wie wir das in den westeuropäischen Ländern sehen können – bestimmte Arbeiten nicht mehr mit den Eingeborenen, sondern durch die von außen hereingeholten Arbeitskräfte verrichten lässt, die im Übrigen zwar als Gastarbeiter gekommen sind, am Ende aber dort bleiben, und dann durch die Familienzusammenführung zum Ausgangspunkt aller möglicher kultureller Veränderungen werden, die – bis sie dann die Eingeborenen bereuen – nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Ich würde uns vor diesem Schicksal verschonen wollen, deshalb müssen wir in Ungarn jede Arbeit selbst, wir Ungarn, verrichten, und sie muss anständig bezahlt werden. Die Arbeit muss – unabhängig von ihrem Inhalt, ob es sich um einen Anwärter auf den Nobelpreis in der Wissenschaft oder um einen Straßenkehrer handelt – respektiert werden, sie muss anerkannt werden, und ein jeder muss in der seinen Fähigkeiten entsprechenden Leistung unterstützt werden und man muss Kowed oder das dafür gebührende Hutziehen entrichten. Meiner Ansicht nach ist das im Übrigen der ungarischen Volksseele auch nicht fremd.

Und zum Abschluss – denn ich denke, Zsolt wird uns das Wort nicht mehr zurückgeben, nicht wahr Zsolt, wir sind am Ende angelangt – erlauben Sie mir noch vielleicht Ihnen soviel zu sagen, dass seit den letzten Parlamentswahlen ein Jahr vergangen ist. Seit den letzten Parlamentswahlen gab es noch eine Wahl zum Europäischen Parlament, und am 13. Oktober wird es die Kommunalwahlen geben, und dann 2022 gibt es erneut eine Parlamentswahl, und ich möchte sagen, wir sollten Kraft aus dem schöpfen, was wir hinter uns gelassen haben. Es stimmt, der polnische Papst hat, als er seinen berühmten Satz sagte, über die seelischen Belange hinaus daran gedacht, dass man keine Angst mehr davor haben müsse, gegen die Besatzer aufzutreten, und man muss auch keine Angst davor haben, sich gegen die Kommunisten zu stellen. Johannes Paul II sagte: „Fürchtet Euch nicht!” Und ich bin davon überzeugt, dass dieser Satz auch weiterhin gültig ist. Und da es unsere Aufgabe ist, und zwar kein durch die ungarische Nation selbst gewählte Aufgabe, sondern ganz einfach nur ihr elementares Interesse, dass die Veränderung, die in der Umformung des europäischen Zeitgeistes begonnen hat, weiter schreiten, weitergehen und schließlich Erfolg haben soll, müssen wir uns gegenseitig damit Mut zusprechen, müssen wir uns in Kenntnis der Erfolge und der gewonnenen Wahlen von zehn Jahren sagen: „Fürchtet Euch nicht!“ Wir sollten uns nicht fürchten! Stehen wir mutig dafür ein, das ich hier im Rahmen der Vorträge als christliche Freiheit definiert habe, und dann werden wir immer wieder und wieder siegen in Ungarn, in Siebenbürgen, in Rumänien und wir werden in der ganzen Europäischen Union siegen, nur fürchtet Euch nicht!