Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
13. November 2020

Katalin Nagy: Gestern Abend hat die ungarische Fußballnationalmannschaft mit zwei zu eins gegen die Auswahl von Island gewonnen. Das war ein Qualifikationsspiel. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Wie verlief der Abend gestern?

Guten Morgen! Er ist in den Morgen hineingeflossen, denn das Spiel hat spät aufgehört. Dieses Anschauen von Fußballspielen ist ja eine Leidenschaft, eine Krankheit, und da kann man nicht einschlafen, man dreht sich nur im Bett herum, und ich stehe um fünf Uhr auf, denn um sechs tagt der Operative Stab. Also habe ich nicht viel geschlafen, aber sei‘s drum. Meiner Ansicht nach ist endlich etwas Gutes geschehen, so könnte ich es auch sagen. Und wir können auf unsere Jungs stolz sein, denn es war nicht einfach nur ein Fußballspiel, es war ein Kampf, und Wikinger im Kampf besiegen, das ist meiner Meinung nach eine große Sache.

Lange Zeit haben wir aber nicht auf den Sieg gehofft, zumindest angesichts der ersten Halbzeit, nicht wahr?

Die fachliche Analyse ist nicht meine Aufgabe, obwohl jeder ungarische Mann dazu eine Neigung verspürt, aber wenn ich mir das Ranking ansehe, auf welchem Platz unsere Spieler stehen, dann könnte ich auch von der Wahrscheinlichkeit sprechen, doch sind wir in den Fußball aus dem Grund verliebt, weil er die Sache ist, in der die Wahrscheinlichkeit umgestoßen werden kann und auch muss, und diese Wikinger haben sie beinahe umgeworfen, so dass wir die Wahrscheinlichkeit in einer dramatischen Schlacht durchgesetzt haben.

Sie formulierten in dieser Woche dahingehend, dass die Einführung der Beschränkungen aus dem Grund nötig geworden war, weil die Experten sagen, ohne diese bestehe nur eine Chance von fünfzig Prozent, dass das Gesundheitswesen seinen Aufgaben gewachsen bleibt, und deshalb müssen sie eingeführt werden, denn wenn wir sie einführen, dann werden sie auch eine Wirkung haben, und dann ist es sicher, dass das Gesundheitswesen sogar mit einer Sicherheit von neunzig Prozent allen Herausforderungen wird gerecht werden können.

Ich pflege das unter Berufung auf die Experten zu sagen.

So ist es.

Von denen ich tatsächlich diese Daten und Zahlen erhalte. Die Situation ist also die, dass wir uns nicht von Österreich loslösen können. Die Tendenz, die in Österreich gültig ist, ist also auch in Ungarn gültig. Auf Grund dessen können wir Berechnungen hinsichtlich der Zukunft anstellen. Nachdem wir das Gesundheitswesen vorbereitet haben, es stehen alle technischen Mittel zur Verfügung, die zur Verteidigung notwendig sind, Beatmungsgeräte, Betten, Masken, Schutzausrüstungen, doch Menschen, Ärzte und Krankenschwestern, haben wir nur in begrenzter Zahl, da kann man im Großen und Ganzen einschätzen, zumindest konnten dies die auf das Gesundheitswesen spezialisierten Mathematiker für mich, für uns einschätzen, wie viele Kranke wir unter unveränderten Bedingungen mit der vorhandenen Zahl an Ärzten und Krankenschwestern nicht nur versorgen können, denn versorgen können wir sonst wie viele Kranke, aber auf die Weise versorgen, dass ihnen eine Chance auf Gesundung bleibt. Es ist also nicht egal, wie viele Kranke auf einen Arzt und eine Krankenschwester entfallen. Es gibt eine Obergrenze dafür, an der man noch von einer fachgerechten Versorgung sprechen kann. Und dieser Grenze hätten wir uns dramatisch angenähert oder das Dach wäre sogar eingerissen, wenn wir nicht Entscheidungen getroffen hätten, die auch die Ausgangssperre umfassten, denn der Schlüssel ist die Ausgangssperre, die niemand mag. Jetzt leben wir erst den dritten Tag auf diese Weise, um den 10., um den 14. Tag herum wird das doch allen sehr schwer fallen. Solche Entscheidungen müssen also dann getroffen werden, wenn uns tatsächlich die Gefahr droht, dass das Gesundheitswesen gelähmt werden könnte. Meiner Ansicht nach haben wir zum richtigen Zeitpunkt, im Lichte der österreichischen Erfahrungen, mit der notwendigen Genauigkeit diese Entscheidungen getroffen, und deshalb wage ich die Verantwortung für den Satz zu übernehmen, dass die Chance über 99% Prozent liegt, dass das Gesundheitswesen mit so vielen Menschen, mit so vielen Pflegekräften, wobei es stimmt, wir müssen die Medizinstudenten, Soldaten und andere aushelfende Menschen dirigieren und mobilisieren, doch so bleibt das System insgesamt funktionsfähig, und jeder Ungar erhält die anständige Versorgung. Dies ist aus dem Grund wichtig, da wir auf niemanden verzichten wollen. Für uns zählt jedes Leben, auch das der alten Menschen. Ich sehe, ich höre von Zeit zu Zeit: „Der Verstorbene war eben alt.“ Und? Jedes Leben zählt, das der Großeltern zählt und auch jenes der Eltern, wir wollen für jeden Menschen kämpfen.

Wir haben diese Woche traurige Bilder aus Neapel gesehen. Wir haben gesehen, wie die Kranken vor dem Krankenhaus stehen, die Kranken kamen und erhielten die Versorgung, während sie in ihren eigenen Autos saßen. Die Schwester kommt heraus und bringt die Sauerstoffflasche mit. Ich nehme an, an diesen Punkt möchte niemand gelangen, weder in Österreich noch in Ungarn.

Ich komme gerade vom Operativen Stab. Ich nehme meine Notizen hervor, die ich mir dort angefertigt habe. Die Situation ist die folgende: Wir haben 6.690 Menschen in den Krankenhäusern, 518 sind an Beatmungsgeräte angeschlossen. Wir haben jetzt auch viele Studenten mobilisiert. Jetzt haben wir die Studenten der technischen Universität zu dem Zweck mobilisiert, dass sie als Taxifahrer, als Piloten, wenn ich so formulieren darf, die Medizinstudenten fahren, die die Proben für die Tests einholen. Wir haben also vierhundert Studenten im Interesse des Testens mobilisiert und dazu Studenten als Fahrer, die eine Unterkunft und täglich dreimalige Verpflegung erhalten, und ich muss sagen, das ist eine Zahl, die kontinuierlich anwächst. Über jene, die bisher ihre Arbeit angetreten haben, kann man nur im Ton der höchsten Anerkennung sprechen. Wir besitzen also ausgezeichnete Jugendliche, denn wenn es nötig ist, da melden sie sich und verrichten ihre Arbeit. Sie lassen sich dirigieren, und erfüllen ihre Aufgabe. Ich lüfte also meinen Hut nicht nur vor den Ärzten und Krankenschwestern, sondern auch vor unseren Studenten.

Man kann in der Presse darüber lesen, der Leiter der Klinik in Pécs habe signalisiert, er habe Schwierigkeiten, denn es seien viel mehr Kranke eingeliefert worden, und innerhalb von 24 Stunden kamen Pfleger an die Abteilung. Zwar nicht aus Pécs, sondern von woanders her, doch die Hilfe kam innerhalb von 24 Stunden an.

Das ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Dieses Dirigieren ist eine sehr schwierige Angelegenheit Stellen Sie sich nur vor, man würde Sie in das Studio in Gyula umdirigieren, weil man gehen müsste.

Das kennen wir, und auch die im Wasserwesen Arbeitenden sagen, dies sei keine derart außergewöhnliche Sache. Wenn es Probleme gibt, wenn man gehen muss, wenn es an der Theiß ein Hochwasser gibt, dann werden auch die im Wasserwesen an der Donau Arbeitenden umdirigiert.

So ist es, aber ich glaube, die Ärzte haben dies auch akzeptiert. Was als Diskussion für die Zukunft übriggeblieben ist, meiner Ansicht nach sich aber jetzt gerade zu regeln beginnt, ist die Frage des Eventuellen, was nicht einmal Umdirigieren ist, sondern die der Umleitung oder Versetzung in „Friedenszeiten“. Ein Dirigieren ist in Friedenszeiten gar nicht notwendig. Das ist nur in einer Gefahrensituation oder unter Kriegsbedingungen angebracht. Ich kann Ihnen, Sie über die Sitzung des Operativen Stabes informierend, berichten, dass wir auch die Schulen überblickt haben. Wir sind ja in fünfhundert unserer Mittelschulen zum digitalen Unterricht übergegangen. Es gibt in Ungarn etwa 2.950 Kindergärten. Von diesen haben wir 208 wegen der hohen Zahl der Infektionen geschlossen. Es gibt 2.571 und einige Volksschulen in Ungarn. Jene, in denen der Unterricht läuft, haben wir nicht geschlossen, aber an 239 Volksschulen mussten wir zum digitalen Unterricht übergehen, denn die Zahl der Infektionen lag hoch. Vorerst hält also nicht nur das System des Gesundheitswesens, sondern auch das Unterrichtssystem dem Druck stand.

Sie haben im Rahmen der außerordentlichen Rechtsordnung entschieden, die Einfuhr von Impfstoffen nach Ungarn zu erleichtern. Wird dies dann nicht auf Kosten der Sicherheit gehen?

Das ist eine lange Geschichte…, heute haben wir beim Operativen Stab gerade hierüber gesprochen, ob man bestimmte immer beliebter werdende Medikamente, sagen wir, einfach so ausgeben darf oder nur gegen Rezept oder im Rahmen einer zentralen Verteilung an alle, oder soll man dies innerhalb der Kliniken belassen, damit diese nur in den Krankenhäusern verabreicht werden können bzw. wenn sie außerhalb der Krankenhäuser durch Ärzte verabreicht werden sollen, ist dazu der Hausarzt notwendig oder ein medizinisches Auge oder eine medizinische Hand? Darüber gibt es eine Diskussion unter den Experten. Das werden sie entscheiden, und wir werden die Medikamente dementsprechend vertreiben. Das erwähne ich aus dem Grund als Beispiel, da dies deutlich zeigt, dass in Ungarn die Vorschriften dafür, ein Medikament vertreiben zu dürfen, sehr streng sind. Daran kann man etwas erleichtern, am ehesten auf die Weise, indem Fristen verkürzt werden, jedoch kann man Phasen der Untersuchung keinesfalls auslassen, denn wenn wir sagen, uns sei jedes Leben wichtig, dann sprechen wir nicht nur darüber, dass wir jene, die krank sind, heilen können, sondern auch darüber, dass niemand unnötigerweise in eine Lage geraten soll, durch ein schlechtes Medikament zu erkranken. Also bietet das ungarische System der Vorschriften des Seuchenschutzes, das ich zeitweilig als starr und etwas extrem und preußisch empfinde, doch Sicherheit. Während es also unflexibel ist, garantiert es doch in der Zwischenzeit unsere Sicherheit. Es ist schwer, die Legierung, die richtige Mischung von Flexibilität und Effektivität, von Sicherheit zu treffen. Doch daran arbeiten Cecília Müller und ihre Mitarbeiter, um die Regeln auf die Weise zu verändern, dass sie die Sicherheit garantieren, aber auch flexibler sind als sonst.

Besitzt die Regierung einen Plan zur Durchimpfung? Denn Herr Professor Merkely hat hier dieser Tage gesagt, primär sei es, die Ärzte und die im Gesundheitswesen Arbeitenden zu impfen, wenn der Impfstoff vorliegt. Einfach aus dem Grund, da sie am häufigsten Kontakt zu den Kranken haben. Sie befinden sich also am ehesten in Gefahr.

Ja, sie werden an der ersten Stelle stehen. Einerseits sind sie ja in Gefahr, andererseits werden sie am meisten benötigt. Und diese beiden Vektoren oder diese beiden Gesichtspunkte weisen in die gleiche Richtung, in ihre Richtung, auf sie. Man wird also sie als erste impfen müssen. In der Angelegenheit des Impfstoffs lohnt es sich soviel zu wissen, dass laut unseres Gedankenganges es gut ist, wenn möglichst viele verschiedene Arten von Impfstoff zur Verfügung stehen. Man darf daraus keine politische Angelegenheit machen. Es gibt Stimmen, die danach streben, die „Kalten Krieg“ spielen, also ob Westen oder Osten.

Der russische ist nicht gut, der chinesische ist nicht gut.

Natürlich. Meiner Ansicht nach soll es alles geben. Und die Menschen werden dann entscheiden, da die Impfung nicht obligatorisch sein wird, und wenn es mehrere Impfstoffe geben wird, dann kann ein jeder für sich selbst entscheiden, welchem er eher vertraut. Ob man die Logik einer amerikanischen Firma sympathisch findet, die eher eine geschäftliche Herangehensweise besitzt, oder die russische, die sicherlich auf eine staatliche Entwicklung zurückgeht, oder die chinesische, die noch staatlicher ist, wenn ich derart formulieren darf. Es wird dann ein jeder entscheiden, wem er vertraut. Unsere Sache ist es, ihnen, d.h. den Menschen zu helfen, damit sie eine Wahlmöglichkeit haben können. Die Dinge stehen nicht schlecht, der Impfstoff ist bereits am Horizont zu sehen. Man muss noch einige Wochen aushalten. Es wird den Impfstoff geben, wenn auch am Anfang in geringerer Menge. Und dann werden wir am Ende siegen, denn wir werden uns vor dem Virus schützen können. Ich bitte also einen jeden darum, bis dahin noch durchzuhalten. Doch bis zu dem Punkt soll ein jeder unbedingt durchhalten, bis der Impfstoff ankommt!

Diese Impfung wird ja doch offensichtlich nicht obligatorisch sein. Doch die Experten sagen, bisher hätten etwa zehn Prozent der ungarischen Bevölkerung die Infektion überstanden, und um die Epidemie bezwingen zu können, müssten nach Meinung der Fachleute mindestens fünfzig Prozent der Bevölkerung dieses Stadium erreicht haben. Wenn ich also jetzt die fünfzig und die zehn vergleiche, dann scheint es so, als ob vierzig Prozent geimpft werden müssten? Wird es so viel an Impfstoff geben? Bzw. wenn jemand es nicht will, dann kann man ihn sicherlich nicht dazu zwingen.

Es gibt verschiedene Theorien. Ich wage auch gar nicht, Stellung zu nehmen, denn auch hinter den einander gegenüberstehenden Theorien finden wir sowohl im internationalen wissenschaftlichen Leben als auch zu Hause hochangesehene Professoren. Es ist also nicht einfach, hier Stellung zu beziehen. Es ist am besten, wenn ich mich daran auch erst gar nicht versuche. Wir werden sehen. Man liest in solchen Zeiten natürlich, ich habe damit bereits im März begonnen. Es gibt dieses, uns allen oder vielen von uns bekannte Buch mit dem Titel „Die Pest“, das Albert Camus geschrieben hat. Aber es gibt auch eine herausragende Studiensammlung, die die Geschichte des ungarischen Seuchenschutzes weit in die Vergangenheit zurückgehend aufarbeitet, wie die Seuchen gekommen und wie sie verschwunden sind. Soviel kann man machen und den Experten zuhören, und am Ende werden wir sehen, was geschehen wird. Sicher ist, dass die Epidemien aufzuhören pflegen. Das kann man nur sehr schwer aus der Literatur herausfiltern, warum genau die Epidemien aufzuhören pflegen. Es gibt Fälle, in denen ein Impfstoff erfunden wird, aber auch wenn es keinen Impfstoff gibt, hören sie irgendwie früher oder später auf. Aber wenn es einen Impfstoff gibt, dann hören sie viel früher auf. Die Frage ist vielmehr, ob wenn eine große Epidemie nachlässt, ob dann das Virus verschwindet, oder wie ein Grippevirus hierbleibt, nur kann man es in eine Form wandeln, in der man mit ihm umgehen und mit ihm zusammenleben kann? Das wissen wir nicht. Das sind alles die großen Fragen der Zukunft, die denen einen Nobelpreis bescheren werden, die auf diese Fragen eine sichere Antwort zu geben in der Lage sind.

Nach dem Frühling, nach dem Lockdown im Frühling hat die Wirtschaft sich hier am Ende des Sommers, bis zum September, gerade gefangen, doch jetzt scheint es so, dass dieser 30tägige Lockdown einige Zweige sehr schwerwiegend treffen wird. Werden jene Unterstützungen, Unterstützungen der Löhne bzw. Steuersenkungen oder das Erlassen von Steuern, die die Regierung festgelegt hat, reichen? Wie sehen Sie das?

Ich würde unsere Maßnahmen in zwei Gruppen einteilen. Wir haben jene getroffen, die auf Grund der jetzt verordneten Ausgangssperre und der weiteren Beschränkungen sofort und schwerwiegend einige Zweige berühren. Hier geben wir Hilfen für dreißig Tage. Z.B. wird im Fall von Hotels, bei bereits registrierten Gästen, die die Hotels jetzt nicht empfangen können, durch den Staat 80 Prozent des Umsatzes erstattet. Oder in Restaurants zahlen wir die Hälfte der Löhne der dort Arbeitenden, für die für diese dreißig Tage keine Beiträge in die Sozialversicherung eingezahlt werden müssen, wenn die Arbeitgeber diese Menschen nicht entlassen und garantieren, dass sie dieses Geld erhalten, das wir wegen der Arbeitnehmer geben. Da sind also überbrückende Maßnahmen. Auch gestern habe ich eine Entscheidung auf den Vorschlag des Vorsitzenden der Handels- und Industriekammer getroffen, dass wir in dem Fall der Speisen, die nicht in den Restaurants verzehrt werden, die Mehrwertsteuer auf fünf Prozent senken. Solche wird es also dann tagtäglich geben, die versuchen werden, diese dreißig Tage zu lindern. Und es gibt eine andere Gruppe der Maßnahmen, einen anderen Aktionsplan, einen Aktionsplan zum Wachstum der Wirtschaft. So eine Arbeitsgruppe arbeitet ständig im Ministerpräsidialamt, die jene langfristigen, länger wirkenden und langfristig gültigen Entscheidungen ausarbeitet, mit deren Hilfe wir die Wirtschaft dann erneut in Schwung bringen möchten. Das sind grundlegend Steuersenkungen, denn unsere Philosophie gründet sich auf Arbeit. Wir glauben also an eine Wirtschaft, die auf Arbeit aufgebaut ist. Wenn es Arbeit gibt, gibt es alles. Wenn es keine Arbeit gibt, gibt es nichts. Deshalb geben wir auch jetzt nicht auf. Und Arbeit geben am meisten die Unternehmer, also müssen jetzt die Firmen, Unternehmen, Unternehmer in die Lage gebracht werden, die Arbeitskräfte behalten und investieren zu können, damit sie neue Menschen einstellen können. Ich werde meine Versprechen einhalten, laut dem wir so viele Arbeitsplätze schaffen werden, wie das Virus kaputtmacht.

Sehr gut, dass Sie das erwähnen, es ist eine neue Maßnahme, nach der die Regierung die Mehrwertsteuer der Speisen zur Mitnahme auf fünf Prozent senkt. Gerade vor einer Stunde unterhielt ich mich mit dem Leiter der Interessenvertretung der Gastronomen und Hoteliers, und er sagte, es wäre sehr wichtig und es wäre sehr schön, wenn dies geschähe.

Das ist auch vor meine Arbeitsgruppe gelangt, und von dort auf meinen Tisch, und vielleicht werde ich es heute früh unterzeichnen.

Und die weiteren Ideen der Industriekammer? Es sei zur Sprache gekommen, László Parragh sagte, er habe der Regierung gegenüber die Aussetzung der Gewerbesteuer zur Sprache gebracht. Nur haben davor wiederum die kommunalen Selbstverwaltungen große Angst.

Die der Gewerbesteuer und auch der Gewinnsteuer für Gesellschaften, worüber ich nur sagen kann, das ist ein mutiger Vorschlag, man muss ihn sich ansehen. Man muss nur das richtige Verhältnis treffen. Aber Steuern müssen wir unbedingt senken, denn wenn wir die Steuer nicht senken, wird es keine Arbeitsplätze geben. Ich bin also engagiert in der Frage, dass es im Jahr 2021 eine Steuersenkung spürbaren Ausmaßes geben soll. Wenn es sein muss, dann übernimmt das das zentrale Budget, und wenn es sein muss, dann auch die Haushalte der kommunalen Selbstverwaltungen. Dann wird man natürlich das Leben sowohl bei den kommunalen Selbstverwaltungen als auch bei der zentralen Regierung finanzieren müssen, doch ist dies jetzt sekundär im Vergleich dazu, dass jetzt die Arbeitsplätze erhalten bleiben sollen.

In der Europäischen Union ist ja eine Vereinbarung getroffen worden, in der letzten Woche, als wir uns darüber unterhielten. Die derzeitige deutsche Präsidentschaft und die Führung haben beschlossen, die Auszahlungen doch an Kriterien der Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen. Sie haben diese Woche einen Brief an die führenden Politiker der EU geschrieben, in dem Sie sagten oder niederschrieben, Ungarn sei selbstverständlich bereit, darüber zu verhandeln, wenn man einen neuen Mechanismus wünscht, wenn man einen rechtsstaatlichen Mechanismus einführen möchte. Aber wenn die Präsidentschaft keine Gespräche führen möchte und vergisst, worüber der Rat im Sommer übereingekommen ist, nämlich dass dies nicht in die Vereinbarung kommt, dann ist aber Ungarn zusammen mit Polen bereit, das Veto gegen die Annahme dieses Haushaltes einzulegen. Darauf sind schon ein-zwei Antworten aus Deutschland gekommen, die nun wirklich nicht verständnisvoll sind, bzw. die sagen, dann werde man Ungarn dafür verantwortlich machen, wenn es nicht gelingt, dieses Gesetz anzunehmen.

Auch schon an der Frage sieht man, dass dies eine komplizierte Angelegenheit ist. Sie besitzt viele Abzweigungen. Tatsächlich habe ich mehrere Briefe geschrieben, langsam fühle ich mich wie ein Romanheld von Tolstoi, aber jetzt ist es die Saison dafür, um Briefe schreiben zu müssen. Die bleiben wenigstens erhalten, und die Historiker werden es leichter haben, wenn sie diese sich europäisch weit erstreckende Debatte rekonstruieren wollen. Jedenfalls ist der ungarische Standpunkt klar, eindeutig, transparent, er war also immer durchschaubar und berechenbar. Ich sage also auch jetzt das gleiche wie in den Sommermonaten, was für mich auch umso mehr möglich, ja sogar leicht war, dass das ungarische Parlament Entscheidungen getroffen hat. Seit die Verhandlungen im Juli begonnen haben, hat das ungarische Parlament einige Pfeiler verankert, unter welchen Bedingungen Ungarn der Veränderung der Rechtsvorschriften zustimmen würde. Das halte ich ein. Das habe ich auch bisher eingehalten, und werde es auch weiterhin tun. Deshalb musste ich jetzt kein Veto einlegen, denn das ungarische Parlament hat entschieden, das Veto ist geschehen. Ich stelle einfach nur das Eintreten der Tatsache fest. Nun, ich habe jetzt gestern lange mit der deutschen Bundeskanzlerin auch über diese Fragen gesprochen, auch über die Wirtschaft, aber auch hierüber, und ich kann das sagen, was ich auch ihr gesagt habe, dass man zunächst einmal das Geld der Ungarn nicht wegnehmen kann. Ich möchte einen jeden beruhigen. Es wird Geld geben, die Wirtschaft wird funktionieren, die Investitionen werden beginnen, während im Hintergrund technische Debatten geführt werden, wird dies die ungarischen Investitionen, die ungarischen Ausschreibungen, die großen ungarischen Umformungen, das grüne Programm, die Digitalisierung, die Vitalisierung der Unternehmen, den Straßenbau, den Ausbau des Eisenbahnnetzes nicht berühren. Man kann also das Geld der Ungarn nicht wegnehmen, das ist die erste Sache, von der aus es sich lohnt, diese Angelegenheit zu betrachten. Zugleich ist die Sache, also der unter der Leitung der Deutschen ausgearbeitete Entwurf der neuen Rechtsvorschrift, in der es scheinbar um eine juristische Frage geht, denn sie nennen ihn etwas snobistisch „Rule of Law“, keine solche, denn in ihr geht es in Wirklichkeit nicht um das Recht, sondern um die Politik. Und ich musste das auch gestern klipp und klar aussprechen, dass wenn diese Rechtsvorschrift, die das Europäische Parlament und die deutsche Präsidentschaft gemeinsam erarbeitet haben, tatsächlich angenommen wird, wozu eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, wir können es also nicht durch ein Veto verhindern, wenn das angenommen wird, dann haben wir aus der Europäischen Union eine Sowjetunion gemacht. Denn in der Sowjetunion war es die Regel, eine Bedingung zu stellen, für die es keine objektiven Kriterien gab, und eine Kommission aufzustellen, die diese nicht objektiven Kriterien auf ideologischer Grundlage einforderte. Wenn jemand abwich, von der ideologischen Linie abwich, wurde er darauf aufmerksam gemacht. Wer sich nicht in die Schlange einreihte, der wurde hart bestraft, und dagegen konnte man nichts tun, nirgendwo die Möglichkeit eines Widerspruchs. Hund friss oder krepier. Das war die Sowjetunion. Wenn ich diesen Entwurf der Rechtsvorschrift lese, dann ist das genau das gleiche. Man will ohne objektive Kriterien, auf ideologischer Grundlage Länder erpressen, ohne die Möglichkeit, Rechtsmittel dagegen einlegen zu können. Das haben wir nicht gewollt. Wir haben die EU nicht geschaffen, damit es eine zweite Sowjetunion gibt. Also dieser Tatsache muss ein jeder ins Auge blicken. Das ist unsere Überzeugung – wenn ein Franzose, ein Belgier und ein Niederländer dies nicht verstehen, so überrascht mich das nicht, denn dort gab es nie den Kommunismus und sie standen nie unter sowjetischem Einfluss.

Na, aber Frau Bundeskanzlerin Merkel verfügt doch über Erfahrungen.

Ja, das habe ich ihr auch gesagt. Aber die Situation ist die, dass man dies damals in der kommunistischen Welt als „antisowjetische Aktivitäten“ bezeichnete, und dann gab es dafür die Strafe. Jetzt gibt es das gleiche: „antieuropäische Aktivitäten“, man will die Mitgliedsstaaten bestrafen. Und ich vertrete auch klar den Standpunkt, dass man natürlich von einem Europäischen Parlament sprechen kann und ihm auch den Respekt erweisen muss, man muss von der Kommission sprechen, die auch Respekt verdient, und auch vom Europarat, der ihn ebenfalls verdient, doch sind die Grundeinheiten der Europäischen Union nicht die europäischen Institutionen und nicht Brüssel, sondern die Mitgliedsstaaten. In der EU kann das passieren, was die Mitgliedsstaaten wollen, Und was sie nicht wollen, das wird nicht geschehen.

Auch Parlamentspräsident László Kövér formulierte dahingehend, dass Ungarn nicht dagegen protestieren würde, wenn man erneut Verhandlungen führen müsste. Wenn also die Europäische Kommission neuartige Kriterien für die Rechtsstaatlichkeit haben möchte, dann muss der Vertrag, der Vertrag von Lissabon modifiziert werden. Doch davon ist keine Rede. Sie wollen innerhalb des gegenwärtigen Rahmens, also des Lissaboner Rahmens einen anderen Mechanismus.

Natürlich kann man über alles sprechen. Es schadet auch nicht, wenn das Gespräch sinnvoll ist, aber jetzt ist das nicht unser größtes Problem, sondern dass man jetzt nicht hierüber sprechen müsste, oder wenn ja, dann sollte man dies den Experten überlassen. Denn jetzt muss man darüber sprechen, wie viele Menschen sterben, wie wir die Systeme des Gesundheitswesens am Leben erhalten sollen, wie wir den Impfstoff vorantreiben sollen, wie man die Wirtschaft wieder ankurbeln muss, wie man außer dem Leben der Menschen auch ihre Arbeitsplätze retten kann, wie man die wirtschaftliche Zukunft der europäischen Menschen garantieren kann. Das ist das Thema. Darüber muss man sprechen, damit muss man sich beschäftigen, darüber muss man Entscheidungen treffen, und in jene Länder, in denen die Staatsverschuldung über hundert Prozent liegt, das sind typischerweise die südlichen Staaten, dorthin muss man das Geld sofort ohne Diskussionen hinschicken, denn sonst wird es Probleme geben. Und da wir uns in einer Union befinden, wird es, wenn es dort Probleme gibt, auch hier Probleme geben. Ungarn löst also seine Probleme. Und die Frage, wie viel Geld sie wem von dem gemeinsam aufgenommenen Kredit geben, versetzt uns denn doch nicht so sehr in Aufregung, denn einen Kredit können auch wir aufnehmen. Gerade gestern haben wir einen Kredit von 2,5 Milliarden Euro mit Leichtigkeit auf dem internationalen Geldmarkt aufgenommen. Es geht also nicht um Ungarn, sondern um Länder, in denen die Staatsverschuldung höher liegt als hundert Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Dort wird die wirtschaftliche Spritze sofort nötig. Damit muss man sich also beschäftigen. Politik, Ideologie, Rule of Law und diese Sachen gehören alle zu einer anderen Kategorie, und es ist vollkommen unverständlich, dass ernsthafte Menschen in Brüssel die Bedeutung der Dinge verwechseln. Man muss die normale Ordnung des Lebens wiederherstellen. Lösen wir dieses Problem, das hier an unserer aller Tür anklopft.

Gestern kam die Nachricht, nach der die Europäische Kommission die LMBTQ-Strategie vorgelegt hat.

Na!

Und das Europäische Parlament hat darüber gesprochen, wie im Frühling die einschränkenden Maßnahmen die Menschenrechte berührt haben.

Ja. Ich sage nicht, dies sei überflüssig. Es soll also solche Arbeitsgruppen geben, mit Juristen könnte man den Rhein verstopfen, wir sollten sie also arbeiten lassen, aber die Entscheidungsträger, also wir müssten mehr Verstand besitzen, was den Zeitpunkt angeht, denn die Professoren, die Menschenrechtsfragen, wie die eine oder andere Maßnahme sich auswirkt, ihren Wirkungsmechanismus aufzudecken, ihn festzuhalten, und dann im geeigneten Moment systematisiert den Entscheidungsträgern vorzulegen, das sind alles sinnvolle Dinge, aber das geht die Arbeit der Experten, die Welt der Arbeitszimmer an. Wir Entscheidungsträger, von deren Entscheidungen tatsächlich das Leben von Menschen abhängt, wir haben jetzt nicht diese Studien zu lesen, sondern das zu erledigen, was unsere Arbeit ist. Jene Arbeit verrichten, die die unsere ist. Man muss Entscheidungen treffen. Wir müssen im biologischen Sinne das Leben der Menschen und im wirtschaftlichen Sinn ihre Existenz retten.

Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.