Viktor Orbáns Presseerklärung nach seiner Unterredung mit Marjan Šarec, dem Ministerpräsidenten Sloweniens
28. Oktober 2019, Budapest

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Wir haben eine äußerst spannende Unterredung hinter uns. Sie war aus dem Grund spannend, weil wir sehr viel über Slowenien wissen, denn es ist ja unser Nachbar, und jährlich reisen 570-580 tausend ungarische Touristen nach Slowenien. Jedes Jahr haben also beinahe sechshundert tausend Ungarn ein persönliches Erlebnis über Slowenien, und deshalb wissen wir in Ungarn genau, dass das ein schönes Land und dass es ein reiches Land ist. Wenn wir aber unsere Kooperation betrachten, die slowenisch–ungarischen Beziehungen, besonders auf dem Gebiet der Wirtschaft, dann können wir sehen, wie sich die Zusammenarbeit jedes Jahr verbessert, jedoch sind die Geschwindigkeit und das Maß der Verbesserung langsamer, als das Wachstum der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den anderen Nachbarn Ungarns. Zugleich wissen wir über die Slowenen, dass sie ein erfolgreiches und talentiertes Land sind; das kann man daraus wissen, da wenn wir uns die Handelsbilanzen zwischen Ungarn und allen anderen Nachbarländern anschauen, dann werden wir sehen, dass die Slowenen einen großen Überschuss im Handel mit den Ungarn erwirtschaften können, und dies kann außer ihnen auch niemand sonst von sich behaupten, dabei haben wir sieben Nachbarn. Slowenien kann jedes Jahr einen Handelsüberschuss von etwa 350 Millionen Euro in den Beziehungen mit uns erwirtschaften, was man durch eine einzige Sache erklären kann, und das ist die Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben also den Ministerpräsidenten eines Landes zu Gast, dessen Wettbewerbsfähigkeit die Ungarns übertrifft, und deshalb gibt es, was wir von ihnen abgucken und was wir von ihnen zu lernen haben.

Die Bedeutung des Besuches ergibt sich darüber hinaus daraus, dass wir mit Slowenien in einer Schicksalsgemeinschaft sind, auch unsere historischen Erlebnisse in der neuesten Zeit ähneln sich einander sehr, auch vor vier-fünf Jahren hatten wir sehr ähnliche Erlebnisse. Slowenien und Ungarn wissen genau, was die Migration ist. Sie wissen genau, was ein unkontrollierter Grenzübertritt ist. Wir wissen, wie das ist, wenn Personen, die keine Erlaubnis dafür besitzen, in Massen erscheinen und das Gebiet unserer Länder betreten wollen. Wir wissen, wie es ist, wenn sie nicht zu uns kommen, sondern nur durch uns hindurchschreiten wollen. Wir wissen, wie es ist, wenn die Rechtsvorschrift, das nationale Interesse und die Humanität des angemessenen Umgangs mit den Dingen miteinander in Konflikt geraten. Wir alle haben es erlitten, nach der Migrationskrise uns auszudenken, was das richtige und rationale Verhalten ist. Ein kleines, aber vielsagendes Beispiel der gemeinsamen Erkenntnis ist, dass wir jetzt zum Beispiel gemeinsam medizinische Hilfsmittel nach Afrika auf Grund der Logik transportieren werden, laut der nicht das Übel hierhergebracht, sondern die Hilfe dorthin gebracht werden muss. Und ich hoffe sehr, dass sich diese Zusammenarbeit zwischen Slowenien und Ungarn fortsetzen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Schließlich möchte ich noch aufzählen, worüber ich dem Herrn Ministerpräsidenten berichten konnte, also was Ungarn in dem vergangenen einen Jahr für die Verbesserung der Beziehungen unternommen hat. Wir haben mit der Eximbank einen Kreditrahmen von 165 Millionen Euro zur Unterstützung der slowenisch–ungarischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit geöffnet. Wir danken für die Einladung als Ehrengast auf der größten slowenischen Wirtschaftsmesse im Jahre 2020. Dieser Tage haben wir 900 Millionen Forint überwiesen bzw. im Rahmen des Programms zur Entwicklung der Wirtschaft der Raabregion in Aussicht gestellt. Die Raabregion ist der Landstrich, wo in Ungarn die meisten Slowenen leben, dies ist also ein Programm, das besonders für sie von Vorteil ist. Bisher haben wir insgesamt etwa zwei Milliarden Forint für das Wirtschaftsentwicklungsprogramm des Übermurgebiets aufgewendet, das findet sich auf slowenischem Gebiet, das ist ein ungarisches und slowenisches Wirtschaftsentwicklungsprogramm. Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten auch vorgeschlagen, dass wir beides auch zusammen betrachten und wir irgendein slowenisch–ungarisches, sich über die Grenzen erstreckendes regionales Wirtschaftsentwicklungsprogramm, einen Fonds, irgendein Instrument schaffen, damit wir die Entwicklung dieser Region gegenseitig befördern können. Wir haben die der slowenischen Minderheit in Ungarn zustehenden Unterstützungen um das Vierundhalbfache erhöht, seit unsere Regierung im Amt ist. Und es ist eine gute Nachricht, dass wir den Ausbau der Autobahn M70 bis an die slowenisch–ungarische Grenze bis Mitte Dezember beenden werden, was bedeutet, dass wir auf der Autobahn nach Slowenien fahren können. Und wir haben auch mit der auf die Ungarn entfallenden Planung der Eisenbahnlinie Zalaegerszeg/Egersee–Rédics–Lendva/Lindau begonnen. Das sind also die wichtigsten Dinge.

Vielleicht erlaubt der Herr Ministerpräsident noch so viel, dass wir auch Angelegenheiten Europas berührt haben, von diesen auch besonders die Frage der Erweiterung. An der Erweiterung, an der Erweiterung der EU sind wir beide, Slowenien und Ungarn tiefgreifend interessiert. Slowenien besitzt darüber hinaus ja auch noch seiner jugoslawischen Vergangenheit entspringend ein spezielles Interesse, und Ungarn ist auch wegen der gemeinsamen Grenzabschnitte mit den ehemaligen jugoslawischen Gebieten betroffen und interessiert. Ich habe den Eindruck, es herrscht zwischen uns darin Übereinstimmung, dass die Erweiterung der EU eine drängende Aufgabe ist. Es ist ein Fehler, dass wir diese Möglichkeit jetzt nicht für Nordmazedonien und Albanien eröffnet haben, ich persönlich würde es für einen noch größeren Fehler halten, wenn wir die Verhandlungen mit Serbien nicht schneller führen könnten, denn der sich noch außerhalb der Europäischen Union befindliche Teil des Balkans kann ohne die Entwicklung Serbiens nicht befriedet und stabilisiert werden, deshalb ist es meine Überzeugung, dass es auch im Interesse der Europäischen Union – aber mit Sicherheit auch der der Ungarn – ist, dass Serbien so schnell wie möglich Mitglied der Europäischen Union sein soll. Wenn wir jetzt schon die Entscheidung hinsichtlich der Aufnahme der Verhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien verfehlt haben, dann sollten wir wenigstens so viel tun, die Verhandlungen mit den Serben schneller durchzuführen, damit für den Balkan die Perspektive der Europäischen Union erhalten bleibt. Ich habe es so verstanden, dass es in dieser Hinsicht eine strategische Übereinstimmung zwischen den beiden Regierungen gibt.

Meine Damen und Herren!

Insgesamt haben wir also eine erfolgreiche, seit langem fällige und meiner Ansicht nach hinsichtlich der Zukunft mehrere ausgezeichnete Initiativen auf den Weg bringende zwischenstaatliche Unterredung hinter uns, wofür ich dem Herrn Ministerpräsidenten dankbar bin.