Presseerklärung von Viktor Orbán nach dem Treffen der Regierungschefs der Visegrád-Vier
23. November 2021 Budapest

Guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sind heute zusammen, weil die V4 auf Initiative Polens ein Treffen abgehalten haben. Der polnische Ministerpräsident hat uns die Ehre erwiesen, nach seiner Reise in die baltischen Staaten vor ein oder zwei Tagen nach Budapest zu kommen und die V4 aus erster Hand über die Situation zu informieren, die an der polnischen Grenze entstanden ist. Wir haben verschiedene Aspekte davon untersucht, und natürlich kamen auch andere europäische Themen an die Reihe, aber heute haben wir uns insbesondere und hervorgehoben auf die Migration und ihre wirtschaftlichen und geopolitischen Aspekte konzentriert. Ich kann Ihnen ganz kurz sagen, dass die Europäische Union noch nie so unter Druck gestanden hat wie jetzt. Es gab schon immer Migration aus der einen oder anderen Richtung, aber nie aus drei Richtungen auf einmal. Das ist eine riesige Herausforderung für die ganze Europäische Union. Aus dem Süden, aus der Subsahararegion ist der Zustrom kontinuierlich. NGO-Boote transportieren laufend Migranten auf dem Seeweg zu den europäischen Küsten. Die Westbalkanroute ist wieder voll und die Anzahl der an der ungarischen Grenze aufgebrachten illegalen Migranten hat Anfang November 100.000 erreicht. An dieser Stelle muss ich Herrn Ministerpräsident Andrej Babiš und unseren tschechischen Freunden danken, die seit unserem letzten Gespräch Grenzschutzbeamte an die ungarische Grenze entsandt haben, und mehr als viertausend illegale Grenzgänger wurden von tschechischen Grenzschutzbeamten an der südlichen Grenze Ungarns aufgebracht. Lieber Andrej, im Namen aller Bürger Ungarns danke ich Ihnen für diese Hilfe! Und die Balkanroute, auf der wir in diesem Jahr bereits Hunderttausende von illegalen Migranten an der ungarischen Grenze gestoppt haben, ist die Route, über die auch diejenigen kommen werden, die Afghanistan verlassen. Im heutigen Gespräch haben wir auch die Situation der Abwanderung aus Afghanistan erörtert, und wir können sagen, dass jeden Tag 30-35 Tausend Menschen Afghanistan verlassen, die sich dann auf den Weg irgendwo hin machen. Die Europäische Union muss damit rechnen, dass der Druck auf die Balkanroute zunehmen wird. Und dann ist da auch noch die dritte Richtung, der neue Angriff, den die Polen erleiden, unsere polnischen Freunde werden wegen der Migration aus dem Osten angegriffen. Das ist die Situation, wegen der wir zusammenkommen mussten. Es ist eine Herausforderung, die hinsichtlich der Ausmaße größer ist als je zuvor. Ich persönlich bin der Meinung, dass Brüssel eine verfehlte Politik verfolgt. Brüssel finanziert praktisch alles, was den Migrationsdruck erhöht. Alles, was im internationalen Migrationsjargon als Pull Factor bezeichnet wird, ist bereits aktiviert worden, und die Europäische Union unterstützt sie alle. Sie unterstützt NGOs, inseriert Integrationsprogramme und so weiter. Nur für eine Sache wird von ihr kein Geld gegeben, den physischen Schutz der Grenze. Die ungarische Position ist also nach wie vor, dass die Europäische Union die Kosten für den europäischen Grenzschutz bezahlen sollte. Es kann nicht sein, dass die finanzielle Last hiervon allein von den Ländern getragen wird, die geografisch und historisch an den Außengrenzen der Europäischen Union liegen. Ungarn hat der Union schon immer eine faire Vereinbarung angeboten: Natürlich schützen wir auch die Ungarn an der Grenze, aber wir schützen ganz Europa, und es wäre korrekt, wenn wir wenigstens die Kosten untereinander halbieren würden. Wir Ungarn zahlen die Hälfte der Kosten, aber die andere Hälfte sollte aus Brüssel kommen, mit Rücksicht darauf, dass wir nicht nur uns selbst, sondern auch ganz Europa schützen. Wir empfehlen der Europäischen Union außerdem, kein Land zu unterstützen, das direkt oder indirekt etwas mit dem Migrationsdruck an den Außengrenzen der Europäischen Union, so auch an der polnischen Grenze, zu tun hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Bei dem Treffen sicherten wir Polen unsere volle Solidarität und Unterstützung zu.

Herzlichen Dank!