Viktor Orbán in der Sendung „180 Minuten” [„180 perc”] von Radio Kossuth
1. Dezember 2017

Gábor István Kiss: – Heute um Mitternacht läuft die verlängerte Frist ab, bis zu der man die beantworteten Fragen der Nationalen Konsultation noch zurückschicken kann. Hier neben mir sitzt Ministerpräsident Viktor Orbán. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen!

– Ich begrüße die Zuhörer recht herzlich!

– In den vergangenen Tagen sprach man in den Nachrichten von 2,2 Millionen, so viele Menschen haben diese Konsultation zurückgeschickt, verfügen Sie über aktuellere Zahlen?

– Nein, ich kenne auch nur diese.

– Worin besteht die Bedeutung dieser Zahl?

– Zunächst einmal muss ich mich bei all denen Bedanken, die sie zurückgeschickt haben. Ich weiß nicht, ob Sie sie zurückgeschickt haben, es lohnt sich, dies zu versuchen, auch für jene, die sich nicht für Politik interessieren. Dies ist eine Kraftanstrengung, es ist also gar nicht so einfach, als dass ich nur dreimal ein X auf dem Papier machen würde, sondern es geht darum, dass ich sie lesen muss, und hinzu kommt noch, dass es sich um einen langen erklärenden Text handelt, unterstützt durch Beispiele, den man lesen muss, den man verstehen muss, den man ausfüllen wollen muss, eventuell mit seiner Frau oder mit den Freunden besprechen muss, danach muss man den Fragebogen wieder in den Umschlag zurücktun und auf die Post bringen. Während man also darüber zu sprechen pflegt, dass die ungarischen Menschen das öffentliche Leben, die Politik, die Zukunft im Allgemeinen nicht sehr beschäftigen, stellt es sich heraus, dass wenn es um eine Sache geht, die auch für sie wichtig ist, dann nehmen sie nicht einfach nur teil, sondern unternehmen ernsthafte Anstrengungen, um ihre Meinung artikulieren zu können. Es hat schon mehrere Konsultationen gegeben, dies ist ja eine Erfindung des modernen ungarischen öffentlichen Lebens, damit die Leute nicht nur alle vier Jahre bei den Wahlen das Gefühl haben, sie hätten die Möglichkeit, ihre Meinung mitzuteilen, sondern damit sie die Möglichkeit haben, dies mit dem entsprechenden Gewicht häufiger zu tun. Ich weiß gar nicht mehr, wir haben sieben oder acht Konsultationen gestartet, aber diese war die erfolgreichste, woraus folgt, dass nach Ansicht der Menschen vielleicht diese Frage es ist, die am ehesten von Interesse und hinsichtlich der Zukunft am wichtigsten ist, und ich finde in solchen Meinungen oder Gefühlen auch keinerlei Übertreibung. Denn auch meiner Ansicht nach entscheidet sich die Zukunft Ungarns in der Frage der Einwanderung, und anscheinend besitzen die Menschen hierüber einen klaren Standpunkt.

– Haben Sie angesichts dieser Zahl darüber nachgedacht, dass wenn Sie für die Bedeutung der Konsultation argumentieren, Sie auch liberale und sozialistische Wähler verteidigen müssen, denn es haben mehr Menschen die Konsultation ausgefüllt, als 2014 für die Liste des Fidesz gestimmt haben, es ist also eindeutig, dass es sich nicht nur um Ihre Wähler handelt.

– Nun selbstverständlich, aber die Einwanderung ist keine Frage einer Partei. Wenn es also eine Sache gibt, über die man ohne jedes Pathos, nüchtern, ruhig, auch noch ein bisschen traurig sagen kann, es handele sich dabei um eine nationale Frage oder nationale Angelegenheit, und um keine Parteiangelegenheit, dann ist das gerade die Einwanderung. Denn wenn wir die Migranten hereinlassen, müssen nicht nur die Fidesz-Anhänger mit ihnen zusammenleben, sondern jeder ungarische Mensch, und diese Tatsache überschreibt die schwerwiegende Bedeutung und Wichtigkeit dieser Sache im Herzen der Menschen, ja in der Welt der Instinkte, im Bauch der Menschen. Der Mensch besitzt gesunde Instinkte, diese überschreiben jedwede Parteizugehörigkeit und Parteiensympathie.

– Sie sagen, das Soros-Netzwerk und die dadurch vertretene gesellschaftspolitische Vorstellung stellt für Ungarn und Europa ein Risiko für die nationale Sicherheit dar. Was begründet diese Information, dass es hierüber auch geheimdienstliche Informationen gibt? In dem Ausschuss für Nationale Sicherheit sagen die Abgeordneten der Regierungsparteien, diese Bedrohung sei begründet, und die Abgeordneten der Opposition sagen, sie sei es nicht. Sollte man diese Informationen nicht veröffentlichen?

– Nun, ein Durcheinander gibt es wahrlich. Dies ist also eine interessante Diskussion, und wie es im Fall solcher interessanter, viele Menschen der Bevölkerung einbeziehender Diskussionen zu sein pflegt, treten alle möglichen Gesichtspunkte an die Oberfläche, selbst die einfachsten Fakten werden von Zeit zu Zeit in Frage gestellt. Ich habe schon immer gesagt, dass die Person von George Soros nur von sekundärer Bedeutung ist. Finanzspekulanten hat es immer schon gegeben, es wird sie immer geben, unter ihnen findet sich auch ein talentierter Ungar, darüber könnten wir uns sogar noch freuen, besonders wenn er nicht unser Finanzsystem angreift, wofür es aber leider Beispiele gab. Doch konnten wir jeden Angriff abwehren. Mit einem Finanzspekulanten kann man also, sei er auch noch so wohlhabend und einflussreich, zusammenleben. Ja, sogar wenn er alle möglichen Organisationen zu allen möglichen Zwecken, die ich jetzt hier auch gar nicht anführen möchte, denn es würde die Aufmerksamkeit ablenken, denn hier geht es auch um Drogenkonsum, auch um die Unterstützung von dem traditionellen Familienmodell entgegengesetzten Standpunkten, also auch damit kann man noch zusammenleben, da dies ein Teil der politischen Debatte darstellt. Und zur Natur der politischen Debatten gehört es, dass ein Teil der Menschen über die gleiche Frage die Ansicht A vertritt und der andere Teil die Ansicht B. Das ist in Ordnung. Dies reihte sich zu den Fragen des, nennen wir es so, Staatslebens ein und es wurde daraus auch dann eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit – und ab dem Punkt an musste sich die Regierung mit dieser Frage beschäftigen –, als das schrecklich viele Geld dieses internationalen Spekulanten (er hat gerade jetzt 18 Milliarden Dollar in seine Stiftungen hineingetan, dies sind also schrecklich große Zahlen), also diese gewaltige Geldmenge, diese gewaltige Maschinerie, die er in den vergangenen zwanzig-dreißig Jahren aufgebaut hat, auf einmal die Frage der Einwanderung in ihr Blickfeld aufgenommen hat. Und die Maschinerie begann sich damit zu beschäftigen, und Herr George Soros hat sein Programm veröffentlicht, seinen Plan, was zu tun sei, und hat danach die gesamte Maschinerie im Interesse der Vollstreckung dieses Planes mobilisiert. Von diesem Punkt an ist dies die Frage des Seins oder Nichtseins von Ungarn. Wir wissen, dass auch jetzt zehn Millionen Menschen an der Tür Europas anklopfen, und in dem kommenden Jahrzehnt werden es hundert Millionen sein, nicht politisch verfolgte Flüchtlinge, man kann nur ein bis zwei Prozent der bisher nach Europa Gekommenen als solche ansehen, die anderen sind Wirtschaftsmigranten. Sie wollen ganz einfach in der Hoffnung auf ein besseres Leben hierherkommen, und dass wir das nicht erlauben, damit wir das verteidigen, was uns gehört, damit wir behalten, wofür wir gearbeitet haben, ist das ein existenzielles Interesse von Ungarn. Und wir wollen dies verteidigen, und dieses Netzwerk, diese Maschinerie, dieses enorm viele Geld, dieser Finanzspekulant will das Gegenteil, will den Zaun abbauen, will nicht, dass die Nationen durch Grenzen voneinander getrennt sein sollen, er will, dass sich unsere Denkweise verändern soll und wir sollen uns darüber freuen, dass Menschen mit einer von der unseren abweichenden Kultur hier ankommen, denen wir Geld geben sollen – er hat also eine ganz andere Vorstellung von der Zukunft, die er auch vollstrecken will, als jene, die die ungarischen Menschen sich selbst zugedacht haben. Wir wollen eine andere Zukunft. Von diesem Punkt an ist es meine Pflicht, dass der Staat alle seine vorhandenen Mittel aufbietet, hierzu gehören der Nachrichtendienst, die Geheimdienste, und selbstverständlich auch der Teil oder das Gebiet der öffentlichen politischen Debatten. Deshalb haben wir angeordnet, dass über die Zusammensetzung, die Wirkungsweise der Soros-Maschinerie, über die Beeinflussung von Ungarn und Europa, über ihren Einfluss ein geheimdienstlicher Bericht angefertigt werden soll. Es gibt auch diese dumme Diskussion, ob dieser Plan existiert oder nicht, dies ist ein Problem der Lesart, denn George Soros selbst hat jenes Dokument veröffentlicht, das auch er selbst als Plan bezeichnet. Er schreibt in diesem Dokument, „hier ist mein aus sechs Punkten bestehender Plan“, oder er spricht aus, dass dies dem entgegengesetzt ist, was die Ungarn wollen, und sein Ziel sei es, dass seine Pläne zur Geltung kommen. Und man muss auch die Frage stellen, wenn jemand die Entscheidungen in Brüssel nicht beeinflussen will, so wie viele Stimmen behaupten, dass George Soros dies nicht will, warum fährt er dann hin? Ich fahre immer nach Brüssel, um die dortigen Entscheidungen auf die Weise zu beeinflussen, wie dies für Ungarn gut ist. Ich habe noch niemanden in Brüssel gesehen, der nicht aus dem Grunde zur Kommission, zum Parlament gegangen ist, um die dortigen Entscheidungen zu beeinflussen. Warum empfängt man ihn also, wenn nicht, um mit ihm darüber zu sprechen, was für die Zukunft Europas wichtig ist, und das wichtigste ist jetzt in Europa die Frage der Migration, und auch in den kommenden zehn Jahren wird dies die zentrale Frage der europäischen Politik bleiben. So stehen wir, das ist meine Begründung, warum ich, warum die Regierung entschieden hat, dass wir auch nachrichtendienstliche, geheimdienstliche Mittel anwendend einen Bericht anfertigen müssen. Dieser ist fertiggestellt worden, die Regierung hat ihn im Übrigen auf ihrer Sitzung am Mittwoch auch besprochen.

– Wie viel wird davon öffentlich werden? Wie viel wird man kennenlernen können? Denn Sie rufen ja die Staatsbürger zur Konsultation auf, und wir reden viel über dieses Thema, es wäre gut, diese Argumente mit einigen Informationen zu untermauern.

– Schauen Sie! Damit muss man vorsichtig umgehen, auch das Parlament besitzt so einen Ausschuss, der sich damit beschäftigen kann, denn im internationalen Leben gibt es die offenen Informationen, und es gibt die Informationen, an die man durch eine Kraftanstrengung gelangen kann. Man legt nicht gerne seine Fähigkeiten dar, wie man an letztere kommen konnte, soetwas macht kein einziges Land, aber wir müssen nicht allzu sehr in die Ferne schweifen, ich lese gerne einen Satz vor, der aus einem auch im Bericht vorkommenden Dokument stammt. Das ist ein Dokument der Stiftung Offene Gesellschaft (ung. Nyílt Társadalom Alapítvány) aus dem August 2016, das folgendes aussagt, das ist ein Bericht, was sie bis dahin getan hatten. Sie sagen: „Wir haben die einflussreichen Akteure des Gebietes – das heißt des Gebietes der Migrationseinwanderung – unterstützt, Thinktanks, die politischen Analysezentren, die Netzwerke und die Akteure der zivilen Gesellschaft mit inbegriffen, damit sie die Migrationspolitik gestalten und die Regulierung der Migration sowie die deren Vollstreckung bestimmenden regionalen und globalen Prozesse beeinflussen.“ Das ist deutlich gesprochen.

– Aber Herr Ministerpräsident, Ihre einzige Stimme im Rat der Ministerpräsidenten reicht doch dazu aus, dass hieraus keine Rechtsvorschrift werden kann.

– Es wäre gut, wenn es denn so wäre. Als ich vor zwei Jahren im Europäischen Rat mein Veto gegen die obligatorische Ansiedlungsquote eingelegt habe, haben die einflussreichen Brüsseler Leute von George Soros den Weg gewählt, dass der Beschluss zwar den Rat nicht passiert hatte, aber die Kommission mit einem außerordentlichen Beschluss, auf den wir keinen Einfluss haben, eine gesetzgeberische Initiative gestartet hat, und so haben sie, unter Umgehung des Rates, der Sitzung des Rates, auf der ich ein Vetorecht besitze, die Debatte auf eine niedrigere Ebene geschickt, auf der auch schon eine Zweidrittelmehrheit ausreichend war, und dort waren wir vergeblich drei-vier Länder, die dagegen waren, sie haben den Beschluss trotzdem durchgedrückt. Das haben wir vor dem Gericht angegriffen, wo das Gericht sagte, man könne zwar solch einen einmaligen Beschluss fassen, doch kann man ihn nicht als Rechtsvorschrift ansehen. Wir haben also ein Ergebnis erreicht, es gibt aber einen Präzedenzfall dafür, dass in einer konkreten Angelegenheit, hinsichtlich des Beschlusses über die obligatorische Verteilung Ungarn vergebens über das Vetorecht im Rat verfügt, wir sind ausgetrickst worden. Die Lage ist also gefährlich. Im Europäischen Parlament hat George Soros bereits seine Vorstellung durchgebracht und seinen Plan annehmen lassen. Von dort aus hat die Druckausübung in Richtung des Rates begonnen. Jetzt sind gerade die Ministerpräsidenten unter Druck, das Europäische Parlament fordert, dass auch wir den durch das Europäische Parlament angenommenen Beschluss bekräftigen sollen und die Ansiedlung beginnen soll.

– Diese Tätigkeit, diese gesellschaftspolitische Vorstellung oder das Wirken der Stiftung Offene Gesellschaft besitzt noch eine andere Dimension, das ist eine Dimension in Ungarn. Bis jetzt haben wir hauptsächlich die europäische Dimension überblickt, wir sehen die persönliche Videobotschaft, sehen, dass auf dem Lande Büros geöffnet werden, wir sehen Ausschreibungen, und Sie sagen, dass diese Maßnahmen die Grenzen der Souveränität Ungarns verletzen. Und mir ist eingefallen, dass Parteien auf diese Weise zu arbeiten pflegen.

– Nun schauen Sie, zunächst einmal…

– Ich meinte, die Büros aufrechterhalten und im Interesse eines deutlich umreißbaren Ziels ein Netzwerk aufbauen.

– Zunächst einmal denke ich, dass es wichtig ist, einen klaren Kopf zu bewahren. Wir haben es also nicht nur mit einem großen Netzwerk zu tun, sondern auch mit einem talentierten Menschen, das sollten wir nicht in Abrede stellen, denn wer in der Lage ist, solch einen wirtschaftlichen Einfluss zu gewinnen, solch ein, große europäische Entscheidungen beeinflussendes Netzwerk zu errichten und fähig ist, 18 Milliarden Dollar einfach so, wie das zuletzt geschehen ist, in das Wirken solch eines Systems von Stiftungen zu investieren, der ist ein talentierter Mensch. Wir stehen hier einem Spekulanten gegenüber, einem Finanzspekulanten, hier lautet die Hauptregel, dass man niemals auf seinen Mund, sondern immer auf seine Hände achten muss. Der Spekulant ist ein Mensch, der auf talentierte Weise ihnen ein Loch selbst noch in ihren Bauch hineinredet. Wir müssen also nur darauf achten, was geschieht, und nicht darauf, was die bestochenen und gekauften sowie ausstaffierten Organisationen sagen, sondern nur darauf, was geschieht. Auch gerade deshalb habe ich um einen Bericht von den Geheimdiensten gebeten, darüber, was geschieht, und es ist vollkommen offensichtlich, dass dabei was geschieht, es um die Vollstreckung der von George Soros auch als Plan bezeichneten Vorstellung geht, die wir vor der Öffentlichkeit durch die Konsultation vorgestellt haben. Die Tätigkeit ist in dem Sinne im Übrigen tatsächlich so wie die einer Partei, indem die Aufmerksamkeit jeder Partei sich auf die Wahlen konzentriert. Und jetzt geht es darum, darüber habe ich vorhin gesprochen, dass sie jene Regierungen entfernen und schwächen wollen, die gegenüber ihrer Einwanderungspolitik, das heißt gegenüber ihrer Politik der Ansiedlung von Muslimen auftreten. Deshalb werden sie die sich hierauf beziehenden öffentlichen Publikationen unterstützen, sie werden eine Propaganda entfachen, sie werden die zivilen Organisationen verstärken, sie werden hunderte und tausende von Menschen bezahlen, sie werden zum Zeitpunkt der Wahlen an den verschiedensten Orten des Landes sogenannte zivile Zentren schaffen, die genauso arbeiten werden, wie es Parteien im Laufe eines Wahlkampfes zu tun pflegen, das heißt sie haben sich, also das Sorossche Netzwerk und die Maschinerie haben sich für den ungarischen Wahlkampf angemeldet. Darüber freut sich niemand…

– Halten Sie es für möglich…

– Verzeihung, darüber freut sich niemand, doch ist es besser, der unangenehmen Wahrheit ins Auge zu blicken, als den Kopf in den Sand zu stecken und danach überrascht zu werden.

– Halten Sie es für möglich, dass diese Tätigkeit ganz bis zu dem Punkt geht, eventuell Kandidaten für das Parlament auf die Weise zu unterstützen, dass man sie als unabhängige maskiert, und ein jeder andere, der der Regierung gegenübersteht, sich hinter diese unterstützte Kandidaten einreiht?

– Ich würde den Gegnern Ungarns keine Ratschläge geben.

– Sprechen wir darüber, dass es im Europäischen Parlament immer häufiger angesprochen wird, und wir sind immer noch bei der Angelegenheit der Quote, beziehungsweise bei dem die Einwanderung befürwortenden und dem die Einwanderung ablehnenden Standpunkt, der Entzug der Finanzquellen. Mehrere Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben – auch in einer Interviewreihe der öffentlich-rechtlichen Medien – gesagt, hierin werden sie nicht nachgeben, sie halten es für eine gute Idee und für durchführbar…

– Das ist aber Unsinn. Ja…

– Ungarn entweder nach 2020 oder jetzt mit dem Entzug der Finanzquellen zu treffen.

– Das habe ich gesehen oder ich höre auch so was, und das ist ein Blödsinn. Zunächst einmal ist ein jeder solcher Vorschlag den Grundregeln der Europäischen Union entgegengesetzt, hinzu kommt noch, dass der Haushalt der Union, der sieben Jahre umfassende Haushalt, der sich auch auf Ungarn bezieht, einstimmig angenommen werden muss.

– In der ersten Hälfte der Woche ruhten die Augen der Welt auf Ungarn, es waren zwei wichtige Tage, wie Sie das formuliert haben, die chinesische Delegation kam hierher und führte mit 15 Ihrer Kollegen und mit Ihnen Gespräche. Im logistischen, finanziellen und auch im weltwirtschaftlichen Sinn war Budapest die Mitte der Welt. Sie haben die Ergebnisse auf der internationalen Pressekonferenz auf die Weise aufgezählt, dass Sie Städte hervorgehoben haben, Komárom, Kazincbarcika, Sárvár. Demnach haben diese großen Zahlen auch kleine Ergebnisse, die man vor Ort verspüren kann?

– Ich wollte den ungarischen Menschen, denen ich für ihre Aufmerksamkeit danke, damit sagen, und den Budapestern danke ich für ihre Kooperation, denn ohne die Geduld der Budapester hätten wir wohl kaum so erfolgreich das vielleicht wichtigste diplomatische Manöver des vergangenen Jahrzehnts durchführen können. Ihre Geduld und ihr Verständnis waren notwendig, denn es ist nicht einfach, 16 Ministerpräsidenten auf sichere Weise in einer Stadt zu bewegen, darunter haben die Menschen sicherlich auch hinsichtlich ihrer alltäglichen Bequemlichkeit leiden müssen. Doch hatte ich den Eindruck, dass auch sie es verstanden hatten, worum es ging, da im Allgemeinen die ungarischen Menschen in solchen Angelegenheiten eher ungeduldig zu sein pflegen, doch haben wir jetzt viel wenigere solcher Rückmeldungen erhalten. Ich wollte mit diesen Erklärungen erreichen, dass wir alle sehen können, dass es sich hierbei nicht um ein diplomatisches Ereignis handelt, sondern wir über die Zukunft der ungarischen Wirtschaft reden. Also ganz gleich, ob es jemandem gefällt oder nicht, die Weltwirtschaft ist die Tatsache, und es kann ein Mensch mit gesundem Verstand nicht bezweifeln, dass die asiatischen Länder im Aufstieg begriffen sind, übrigens nicht nur China, sondern auch Indien, aber zweifellos ist heute hier China am stärksten. Wer sich für Wirtschaftsgeschichte interessiert, die können sich daran erinnern, dass um 1840 die Weltwirtschaft noch so aussah, dass Indien und China gemeinsam – soweit ich mich erinnere – vierzig Prozent der gesamten Produktion der Welt herstellten, nur haben dann wir, Westler, sie übertrumpft oder überholt. Jetzt kehrt dieser Prozess zu den durch die Demographie, also durch die Bevölkerungszahlen bestimmten natürlichen Maßstäben der Welt zurück. Das gefällt manchen, anderen wiederum nicht, jedoch ist dies keine Frage des Geschmacks: dies geschieht. Und die Frage ist die, was eine Gemeinschaft, zum Beispiel die ungarische, was wir, Ungarn, tun müssen, wie wir auf diese Entwicklung reagieren sollen. Wir, Ungarn, sehen darin eine gewaltige Chance. Zum Teil, weil unser Verhältnis zu China immer gut war. Dies ist im Übrigen eine rätselhafte Geschichte, aber wir haben sie noch in den kommunistischen Zeiten, irgendwann um 1948 irgendwie in Europa vielleicht als erste anerkannt. Wir hatten noch niemals einen Konflikt miteinander. Noch in den alten Zeiten, als es hier die sowjetische Besatzung gab, kamen sowjetisch-chinesische Konflikte vor, wir haben aber auch damals nie gegen die Chinesen Stellung genommen, es gibt hier also eine Art geheimnisvoller Zusammenarbeit von alters her, die – was noch hinzukommt – wegen der Abstammung der Ungarn aus dem Osten noch lange-lange Jahrhunderte zurückreicht. Es gibt hier also etwas, das von vornherein eine positive Attitüde, eine positive Herangehensweise seitens der beiden Seiten zum Ergebnis hat. Hinzu kommt noch, dass es der ungarischen Wirtschaft jetzt gerade gut geht. Im europäischen Vergleich gehören wir zu der Gruppe der am schnellsten wachsenden Wirtschaften, zur Gruppe der mitteleuropäischen Länder, wir befinden uns seit Jahren in einer Zone zwischen drei und fünf Prozent des wirtschaftlichen Wachstums, und wir werden dort auch verbleiben. Heute ist das bereits ein Gemeinplatz, dass der wirtschaftliche Motor der Europäischen Union sich in Mitteleuropa befindet, Ungarn ist auch ein Teil dessen. Wir erhalten hier also eine Möglichkeit durch den Aufstieg der chinesischen Wirtschaft. Manche blicken auf diesen Prozess, also auf den Aufstieg Chinas und Asiens, wie auf etwas, das für sie eher eine Gefahr und eine Herausforderung bedeutet, wir betrachten dies aber nicht auf diese Weise, sondern als eine Möglichkeit. Und hierzu müssen wir Geschäfte, wirtschaftliche Verbindungen ausbauen, und dies ist keine theoretische Frage, sondern es geht tatsächlich darum, dass es in Szeged eine Firma gibt, die im Laufe solch eines Besuches – sagen wir – im Wert von vierzig Millionen Dollar Produkte nach China verkaufen kann. Der Ministerpräsident kommt hierher, und wir können zwei Züge zusammenstellen, die in riesigen Containern ungarische Waren nach China transportieren. Wir können über die finanzielle Zusammenarbeit übereinkommen. Wir können für die Busfertigung in Komárom Quellen bekommen, und die Sárvárer können eine ernsthafte Thermalinvestition in China tätigen, aber für die Eximbank werden wir mehrere hundert Milliarden Dollar erhalten, die sie bei ungarischen Klein- und mittleren Unternehmen anlegt. Deshalb kann solch ein Besuch und solch eine Verbindung, da sie nicht auf der Grundlage der Ideologie, sondern des nüchternen menschlichen Verstandes steht, eine große Bedeutung im alltäglichen Wirtschaftsleben haben, was alle zehn Millionen ungarische Menschen betrifft.

– Und Richtung Szabadka / Subotica wird eine Eisenbahnlinie führen, die in erster Linie für die Chinesen wichtig ist, um ihre eigene Meereshandelsroute, die Seidenstraße des Meeres, daran anzuschließen. Wird sich diese Investition jemals amortisieren? Es handelt sich hier um einen Kredit mit einer staatlichen Bürgschaft von 550 Milliarden. Wie wird sich das amortisieren?

– Man muss auf die Weise darüber denken, beziehungsweise man muss es nicht tun, aber es lohnt sich auf die Weise darüber zu denken, dass die Chinesen einen der größten griechischen Häfen, den von Piräus gekauft haben, und sie ihre Waren auf dem Seeweg dorthin transportieren beziehungsweise einen Teil der nach China zu transportierenden Waren dort sammeln. Die Frage ist nun, wie die Ware dorthin gelangt? Da herrscht Wettbewerb. Denn die nach Westeuropa zu transportierenden und aus Westeuropa kommenden Waren müssen auf irgendeine Weise in diesen Hafen gelangen. Und es gibt einen Wettbewerb darum, wo die Eisenbahnlinie sich hinziehen soll. Wir haben Mitwettbewerber. Und ich halte es deshalb für eine große Sache, dass es gelungen ist, die Investition und den Eisenbahnausbau zwischen Belgrad und Budapest und dann später zwischen Belgrad und Piräus unter Dach und Fach zu bringen, weil hier die Waren transportiert werden. Wie sich das in Forint rentieren wird, das halte ich für sekundär, denn vom Gesichtspunkt des Landes aus ist wichtig, dass diese Route durch Ungarn führt. Diese Tatsache an sich wertet Ungarn auf. So wie wenn wir eine Rohrleitung verlegen, über die aus dem Osten, sagen wir aus Russland Öl oder Gas kommt, da schauen wir auch nicht darauf, ob sie sich jemals amortisiert, sondern das es hierherkommen kann und über uns weitergeht, und solange die Welt besteht, wird dies für die Ungarn immer eine wirtschaftliche Möglichkeit bedeuten. Nicht nur weil wir Zoll daraus einnehmen können und Gebühren erheben können, sondern weil die Leitung jetzt über uns verläuft und dadurch unsere Bedeutung, unser Einfluss, unsere Fähigkeiten zur Einflussnahme, unser Gewicht zunimmt.

– Gibt es einen Anteil, den Sie für ideal oder gut hielten, wenn ihn sich ungarische Unternehmen als Tortenscheibe aus diesem riesigen Bauvorhaben abschneiden könnten?

– Natürlich. Wir starten immer von fünfzig zu fünfzig, danach versuchen wir, nach oben zu gehen.

– Und mit Belgrad…?

– Man muss wissen, dass wir einen Großteil der Investition aus chinesischem Geld verwirklichen werden, dies bedeutet also, damit die Investition verwirklicht werden könne, müssen wir Ungarn aus der ungarischen Wirtschaft im Interesse der Investition keine großen Quellen entnehmen, sondern wir erhalten das Geld von anderswo, und das werden wir dann schön schrittweise zurückzahlen müssen. Ganz genauso wie das Atomkraftwerk von Paks, und es wird noch einige solcher großer Investitionen geben. Ungarn muss also in der Zukunft große Dinge verwirklichen: Energieversorgung, Verkehr, Luftverkehr oder auf dem Festland, und es ist gut, wenn die Quellen nicht in einer Summe der Wirtschaft entzogen werden müssen, denn diese würden dann schockartig dort fehlen, sondern man muss das Problem mit Hilfe eines Kredites lösen, der zinsgünstig, langfristig und sicher ist.

– Können Sie uns eventuell noch Beispiele nennen, die wir jetzt noch nicht vor Augen haben, wo wir die Details noch nicht sehen, aber diesem Treffen entspringen?

– Über ein-zwei Dinge wird verhandelt. Ich werde diese rechtzeitig vorstellen.

– Haben diese einen vergleichbaren Umfang?

– Ja. Und vielleicht sind auch solche unter ihnen, die unserem Herzen näher stehen.

– Herr Ministerpräsident Viktor Orbán, wir bedanken uns bei Ihnen, dass Sie unsere Einladung angenommen haben!

– Ich bedanke mich ebenfalls!