Viktor Orbáns Erwiderung
16. März 2020, Budapest

Vielen Dank, Herr Präsident!

Ich möchte etwa zwanzig Bemerkungen zu dem Gesagten machen. Zunächst einmal möchte ich für jede positive Bemerkung danken; in zweiter Linie möchte ich meine Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen, dass es immer noch Personen gibt, die die Lage nicht verstehen, und nicht in der Lage sind, sich über ihre parteipolitischen Gesichtspunkte zu erheben. Und jene Eselei muss ich besonders deutlich qualifizieren, nach der in Ungarn die Regierung dafür verantwortlich sei, dass sie den Einbruch des Virus nach Ungarn nicht verhindert hat. Also mit solchen Eseleien sollten wir lieber aufhören, denn auf dieser Grundlage kann man nicht kooperieren und man kann so nicht zusammenarbeiten!

Was die zur Verteidigung der Gesundheit notwendigen Quellen angeht, scheint es hier irgendein Missverständnis zu geben. Bitte, lesen Sie noch einmal die Verordnungen hierüber durch: Ein von oben offener, unbegrenzter Haushaltsrahmen steht zur Verfügung. Ich muss also nicht Posten für Posten benennen, zu welchem Zeitpunkt wieviel Geld zum Schutz notwendig ist, sondern ich habe einen Haushaltsrahmen geöffnet, einen von oben offenen Rahmen, und was zum Schutz notwendig ist, dafür stehen alle Quellen zur Verfügung bzw. wir sichern diese. Ich habe es bereits öffentlich gesagt und wiederhole es auch jetzt: Alle zum Schutz notwendigen Haushaltsquellen stehen nicht nur zur Verfügung, sondern sie stehen auch schnell und auf eine Weise zur Verfügung, dass sie sofort in Anspruch genommen werden können. Was die für die im Schutz Arbeitenden vorgesehenen Schutzausrüstungen angeht, so haben wir sie an die erste Stelle gesetzt, besonders da in China von den am Schutz teilnehmenden medizinischen Mitarbeitern 4 Prozent, in Italien 10 Prozent infiziert worden sind. Wir müssen uns also darauf vorbereiten, dass wenn in irgendeinem Maß dies auch hier geschehen sollte, wenn sie aus der Versorgung hinausfallen, dann muss ihre Arbeit von anderen verrichtet werden. Es ist also unser elementares Interesse, dass die Schutzausrüstungen in erster Linie bei den in der medizinischen Versorgung Arbeitenden ankommen. Heute früh habe ich auch angeordnet, das habe ich vorhin gar nicht angesprochen, dass wir die im medizinischen Hochschulbereich Studierenden auch zu medizinischen Beschäftigten qualifiziert haben, was soviel bedeutet, dass sie – so wie alle anderen medizinischen Mitarbeiter des Landes – Ungarn nicht verlassen dürfen, sie können einberufen und kommandiert werden. Diesen Schritt haben wir bereits auch schon im Fall der Polizisten getan, die Offiziersanwärter haben also jetzt ihren Dienst angetreten. Das haben wir am heutigen Tag auch auf das Gesundheitswesen erweitert.

Auf die Frage, was die Arbeitnehmer im Interesse dessen unternehmen können, um ihren Arbeitsplatz zu sichern, möchte ich sagen, sie sollten so schnell wie möglich mit ihren Arbeitgebern eine Vereinbarung darüber treffen, welche Veränderungen sie akzeptieren können. Ich bitte also jeden, ich wiederhole: jeden Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Ungarn, auch persönliche Anstrengungen zu unternehmen, um den eigenen Arbeitsplatz bewahren zu können, treffen Sie eine Vereinbarung, so wie dies in solchen Fällen anderswo und früher auch schon in Ungarn geschehen ist. Es wird für uns keine außerordentliche Situation sein, wenn die Arbeitslosigkeit schnell zu wachsen beginnt, denn 2010 gab es nach meinen Erinnerungen eine Arbeitslosigkeit von 12 Prozent in Ungarn, und heute liegt sie niedriger als 3 Prozent, doch der Grund dafür ist gerade der, dass wir genau in die entgegengesetzte Richtung von dem losschreiten müssen, was Sie vorschlagen. Ich möchte hier jetzt keine Diskussion eröffnen, da wir gehört haben, für die Sache sei ich verantwortlich, eventuell auch das Virus, aber ich möchte keine wirtschaftspolitischen Debatten mit Ihnen führen, wenn Sie die gesamte Verantwortung mir anhängen wollen. Ich möchte nur andeuten, dass die Logik unseres Aktionsplans zum Schutz der Arbeitsplätze genau dem entgegengesetzt ist, was Sie hier vorgetragen haben. Also nach unserer Vorstellung muss man Maßnahmen treffen, die den Menschen helfen, in ihrer Arbeit zu verbleiben. Wir müssen unterstützen, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer behalten kann. Wir müssen also dabei eine Hilfe leisten, dass sie nicht aus der Arbeit hinausfallen. Das Ziel ist also nicht, das ausfallende Einkommen zu ersetzen – so etwas kann auch noch notwendig werden –, sondern es müssen Maßnahmen getroffen werden, dass sie im Arbeitsleben verbleiben können. Ich möchte nur signalisieren, dass wir in Ungarn die Arbeitslosigkeit von 12 Prozent auf diese Weise auf 3 Prozent gesenkt haben, da wir hier 2010 einen Aktionsplan zum Schutz der Arbeitsplätze verkündet hatten, vielleicht erinnert sich noch jemand daran, der ausgesprochen durch die Senkung der Beiträge und durch andere Mittel den Arbeitgebern dazu verhalf, mit den Arbeitnehmern übereinkommen zu können und so die Menschen in der Arbeit zu behalten. Übrigens basiert auch die Regelung in Deutschland, das System der Kurzarbeit, die gerade jetzt eingeführt wird, auf genau dieser Logik. Wir sollten also nicht darüber nachdenken, wie wir jene entschädigen, die aus der Arbeitswelt herausfallen, sondern wir sollten in erster Linie darüber nachdenken, dass niemand aus der Arbeitswelt hinausfällt. Ich arbeite daran, dass ein jeder eine Arbeit hat.

Zweifellos kann eine Situation entstehen und sie wird auch sicher entstehen, dass es Eltern gibt, die ihre Kinder nicht beaufsichtigen können. Ich möchte signalisieren, dass wir die Schulen aus dem Grund nicht geschlossen, sondern eine neue Unterrichtsweise, Unterrichtsordnung, Verfahrensordnung verkündet haben, damit wir in solchen Fällen ihnen zur Verfügung stehen können. Deshalb mussten heute früh die Direktoren ausnahmslos in alle Schulen gehen und organisieren, dass sie die Kinder jener Eltern separiert, in kleinen Gruppen aufnehmen können, die ansonsten ihre Kinder nirgendwo anders unterbringen können. Wir bieten also auch weiterhin in den Schulen die Kinderbetreuung an.

Über die Zentralisierung eröffne ich jetzt keine Diskussion, wenn mein Mitabgeordneter Bertalan Tóth erlaubt, doch ich betrachte es nicht als ein Übel, sondern vielmehr als eine glückliche Sache, dass in diesem Moment das Gesundheits- und auch das Schulsystem in Ungarn auf zentralisierte Weise funktionieren, denn auf diese Weise werden wir leichter mit der Krise fertig, als wenn diese dezentralisiert wären. Es ist kein Zufall, dass im Fall eines jeden Krisenmanagements überall in der Welt den ersten Schritt die Erhöhung der Effektivität der zentralen Regierung durch das Mittel der Zentralisierung darstellt. Diese steht uns zur Verfügung. Alle Verantwortung ist bei der Regierung, in Ordnung, doch sollten wir hierbei auch das Virus nicht außer Acht lassen – da ist meine Bitte.

Was die Ungarische Ärztekammer angeht, so kennen wir ihre Vorschläge, wir nehmen sie auf, und was wir von diesen verwirklichen können, werden wir auch verwirklichen.

Frau Czunyi möchte auch ich meinen Dank aussprechen, denn jetzt gehen wir zum digitalen Unterricht über, obwohl wir dies für ein Jahr später geplant haben, deshalb wird es sicher leichte Unebenheiten geben, aber wir werden uns darauf umstellen können. Dies ist möglich, weil unsere Mitabgeordnete die Vorbereitung dessen über zwei Jahre auf hervorragende Weise durchgeführt hat. Wir danken ihr dafür!

Was die Zerschlagung des Gesundheitswesens nach 2010 angeht, was ein immer wiederkehrendes politisches Thema ist, so möchte ich nur anmerken, dass es eine seltsame Form der Zerschlagung ist, wenn wir jedes Jahr mehr als 770 Milliarden Forint für das Gesundheitswesen ausgeben als im vorhergehenden Zeitraum. Ich unterstreiche es und wiederhole es: Wir geben jedes Jahr um 770 Milliarden Forint mehr für das Gesundheitswesen aus mehr als jemals zuvor in der Zeit der früheren Regierungen.

Ich kann den Vorschlag des Jobbik nicht akzeptieren, dass wir die Investitionen stoppen sollen, die bereits im Gang sind. Man musste einer ganzen Reihe von laufenden Investitionen aus dem Grund Geld geben, damit diese nicht stehenbleiben. Ich möchte genau das Entgegengesetzte. Ich möchte keine Restriktionen. Diese Krise kann man nicht mit Restriktionen managen. Ich verstehe, dass Sie alle Restriktionen vorgeschlagen haben, also jeder, der sich bisher zu Wort gemeldet hat, hat Restriktionen vorgeschlagen. Doch wenn wir die Menschen nicht in der Arbeit behalten, sondern an Stelle der Arbeitnehmer ihr Einkommen bezahlen wollen, wird dies am Ende zu Restriktionen führen. Es wäre gut, wenn das ein jeder wüsste. Was ich empfehle, ist nicht das. Es wird keine Restriktionen geben, es wird Unterstützungen des Wachstums geben. Wir wollen also genau das Entgegengesetzte machen: Wir wollen beleben, es wird Wachstum geben, wir werden Investitionen unterstützen, halten die Menschen in der Arbeit, und führen keine Restriktionen durch. Das können wir nicht akzeptieren. Deshalb werden wir im Fall jeder Investition, die ausgeführt wird und zu der zusätzliche Quellen aus dem Haushalt notwendig sind, diese auch im kommenden Zeitraum alle geben.

Meiner Ansicht nach sollten wir uns lieber darüber freuen, dass im Sessel des Gesundheitsministers Herr Professor Kásler sitzt, denn mit ihm haben wir es mit einem Institutionsleiter zu tun, der genau weiß, wie sich die Dinge in einem Krankenhaus abspielen, und welche Verordnungen und Maßnahmen notwendig sind, damit die Dinge in den Krankenhäusern auf annehmbare Weise geschehen.

Was die Gelder aus der Europäischen Union angeht, so habe auch ich davon gehört. Ich hoffe, man wird sie uns nicht wegnehmen, sondern hergeben, doch darüber wissen wir vorerst nichts Genaues. Das scheint keinesfalls eine gute Nachricht zu sein, dass die Geldbewegung auf Kosten der Kohäsionsfonds geschehen soll; vielleicht zu unseren Gunsten, aber auf jeden Fall auf Kosten des Fonds. Wir werden also mit der notwendigen Vorsicht vorgehen müssen.

Messen wir mehr, machen wir mehr Tests – das tun wir. Ich möchte hier jetzt keinen virologischen Kurzvortrag halten, ich möchte nur signalisieren, dass die Natur des Virus derart ist, dass wir ihn nicht herausfiltern können, also man kann nicht sieben. In einem einzigen Fall verfügen wir nach einer Filterung, einer Untersuchung über ein gesichertes Wissen: Wenn jener Antikörper bereits im Organismus erschienen ist. Solange dieser nicht erschienen ist, liegt die Sicherheit der Messung – die Schätzungen gehen auseinander – irgendwo zwischen 50-70 Prozent. Es kann also vorkommen, dass wir jemanden testen, der Test zeigt aber nichts an, doch ist er bereits infiziert, morgen testen wir ihn, noch immer zeigt sich nichts, am dritten Tag testen wir erneut, und da erscheint es. Deshalb können wir mit dem Testen soviel erreichen, dass wer schon infiziert worden war, der ist auch schon geschützt, denn in seinem Organismus ist der Antikörper da, seine Kontakte können wir rekonstruieren, hierbei hilft uns das Testen, deshalb führen wir Messungen durch. Jedoch möchte ich jene Illusion zerstreuen, nach der – wenn wir die Menschen häufiger testen würden – wir der Krankheit vorbeugen könnten. Das ist nicht wahr! Wir können nur die bereits erfolgten Erkrankungen schneller registrieren. Das ist sehr wichtig. Deshalb stimme ich dem zu, dass das Testen beschleunigt werden muss, aber ich sage es noch einmal: Leider hat es keine Zuverlässigkeit zum Ergebnis. Deshalb gebrauchen wir die Wendung, nach der im Fall dieses Virus‘ das Filtern physikalisch nicht möglich ist. Also machen Sie uns nicht für das Fehlen des Filterns verantwortlich, da dieses Virus wegen seiner Eigenheiten nicht herausgefiltert werden kann. Wir können es testen und bis zu einem gewissen Grad können wir mit diesen Tests auch eine vorangeschrittene Infektion feststellen. Aber ich glaube, dass ist nicht die Aufgabe des Ministerpräsidenten. Ich bitte Sie, mit allen virologischen Detailfragen sich an den Minister für Humanressourcen zu wenden, der, wie ich das erwähnt habe, glücklicherweise ein Krankenhausdirektor ist.

Was die Kommunikation angeht, so möchte ich signalisieren, dass sich die Kommunikation der Regierung auch weiterhin auf die Menschen konzentrieren wird. Deshalb bitte ich einen jeden, weder offen noch auf verdeckt-gehässige Weise die im Schutz Arbeitenden zu provozieren, die Mitglieder der Regierung auch mit inbegriffen.

Es kommen schwere Zeiten, viel schwerere als bisher. Wir verfügen über nicht viel Wissen, doch was wir besitzen, ist eher erschreckend. In Österreich ist zum Beispiel der Anstieg von 30 Fällen auf 500 Fälle im Laufe von acht Tagen geschehen, und soviel ich weiß, waren sie heute früh bereits über 800. Die Verbreitung des Virus, deren Geschwindigkeit erfolgt also nicht verhältnismäßig, geschieht also nicht so wie bisher, sondern wird in zunehmendem Maß erfolgen, deshalb kommt das Schwere, kommt die wirkliche Belastung jetzt, jetzt müssen wir bestehen. Jetzt kommen die schwierigen Zeiten.

Ich habe schon einige Krisen gesehen. Ich kann Ihnen nur sagen, in solchen Zeiten ist es verständlich, wenn die Menschen nervös, ja vielleicht auch verstört sind, aber sie sind auf jeden Fall verunsichert. Seitens der führenden Politiker des Landes, natürlich mit einem unterschiedlichen Grad an Verantwortung, wie wir das haben hören können, denn die Abgeordneten tragen eine andere Verantwortung als die Regierung, aber bis zu einem gewissen Grad sind wir alle führende Politiker des Landes, und ich weiß aus Erfahrung, dass in solchen Momenten Besonnenheit, Ruhe und Entschlossenheit nötig sind – je größer das Übel ist, desto mehr Besonnenheit, desto mehr Ruhe und desto mehr Entschlossenheit. Das erwarte ich auch von Ihnen.

Vielen Dank!