Viktor Orbáns Festrede auf der Gedenkveranstaltung aus Anlass des hundertjährigen Jubiläums der Volksabstimmung von Sopron
14. Dezember 2021, Sopron (Ödenburg)

Guten Abend!

Ich danke Ihnen dafür, dass ich heute Abend hier mit Ihnen zusammen sein darf.

Sehr geehrte Exzellenz, Herr Bischof! Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Herr Abgeordneter, Frau Abgeordnete! Liebe Bürgerinnen und Bürger von Sopron!

Einmal ist mir hier in Sopron ein Satz aufgefallen. Er lautete: „Mag sein, dass der Himmel bewölkt ist, doch der Neusiedler wird es dann herunterziehen.” Was mag das bedeuten? Man versteht darunter so etwas, wie dass der Sturm vergebens drohend naht, er wird sowieso am stärksten über dem See toben, während der Himmel am frühesten über den Häusern der Soproner (Ödenburger) aufklaren wird.

Liebe Soproner!

Vor hundert Jahren, in der Zeit des Landesverlustes durch Trianon tobte ein politischer Sturm in Ungarn, wie ihn die Ungarn seit Menschengedenken nicht gesehen hatten, er war so gewaltig, dass es keine Kraft gab, die ihn hätte aufhalten können. Damals war es Sopron und die Dörfer in der Umgebung: Ágfalva, Balf, Fertőboz, Fertőrákos, Harka, Kópháza, Nagycenk und Sopronbánfalva, die zuerst den „Sturm herunterzogen”. Ja, sie taten mehr als das: Inmitten der historischen Sturmwolken erblickte jeder ungarische Mensch dank der Entscheidung der hier Lebenden das erste Mal den klaren blauen Himmel. 1921 erstrahlte die Sonne das erste Mal erneut über Sopron und seine Umgebung. In dem sich im Zustand des Scheintodes befindlichen Ungarn schlug hier das Herz das erste Mal wieder. Das Herz, das auch seitdem schlägt. Und heute schon schneller und stärker als jemals zuvor in den vergangenen hundert Jahren. Doch den ersten Herzschlag hörten wir hier in Sopron. Deshalb sind wir heute hierhergekommen. Dankbarkeit zeigen und Dank sagen. Und auch ein bisschen zu feiern. Das stolze, seit tausend Jahren unablässig schlagende Herzu zu feiern, Ungarn zu feiern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir kennen das Gefühl: Mit dem Nahen des Sturmes bemächtigt sich des Menschen eine Art Panik. Die kleinen Kinder haben in solchen Momenten Angst, das Vieh winselt und zieht sich in den Stall zurück. Es durchfährt einen der Gedanke, ob man zu Hause alle Türen, alle Fenster geschlossen hat. Ob der Wind die Dachziegel nicht wegbläst, die Fenster nicht einschlägt, ob die Tiere nicht weglaufen, ob die Saat nicht verhagelt wird? Ob nicht ein bleibender Schaden entsteht, ob wir nicht etwas versäumt haben, das uns geholfen hätte, den Schaden zu vermeiden? Und überhaupt: Wird dann das Leben so weitergehen können, wie es vor dem Sturm war? Genauso ist es, liebe Soproner, wenn der Sturm der Geschichte tobt. Vor hundert Jahren hatten wir alle Gründe zur Panik. Verlorener Krieg, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Zusammenbruch, Spanische Grippeepidemie. Und wenn all das nicht genug gewesen wäre: Die Großmächte und unsere Nachbarn lagen hier an unseren Grenzen auf der Lauer. Sie nahmen zwei Drittel unseres Landes und schlossen ein Drittel der Ungarn an andere Länder an. Für den Krieg mussten wir mehr als jeder andere büßen, dabei wollten wir diesen Krieg nicht und wir haben ihn auch nicht initiiert. Ja, man wollte uns auch noch dafür bestrafen, weil wir Ungarn waren, und weil wir das auch bleiben wollten. Als ob das Ungarntum für alle Übel der Welt verantwortlich wäre. Man wollte Millionen von Ungarn dazu zwingen, ihre tausend und einhundertjährige Vergangenheit zu vergessen. Sie sollten ihr Land, ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Familien vergessen, jene millionenfachen lebendige Fäden, die uns als Nation verbinden. Man wollte, dass wir uns aufgeben und zu jemand anderem werden. Oder wenn nicht, dann sollten wir einfach zu nichts und niemand werden.

Liebe Soproner!

Vor hundert Jahren hat man unsere Heimat zum Tode verurteilt. Ihr Plan war es, uns ausbluten zu lassen. Sie stießen Ungarn von den Beinen, zerstückelten es, schnitten seine lebenswichtigen Organe heraus und überließen es sich danach selbst. Vor hundert Jahren signalisierte Sopron und seine Umgebung mit der damaligen Volksabstimmung: Hierauf warten sie vergebens. Wir wollen und wir werden nicht an unserem eigenen Begräbnis teilnehmen. Das sich im Zustand des Scheintodes befindliche Ungarn überlebte den als tödlich gedachten Stich, sein Herz schlug wieder und es gab das Zeichen dafür: Es wird wieder gesunden. Und so ist es auch geschehen! Die zum Überleben notwendige Kraft war nicht das Geld, nicht die Macht, nicht die äußere Unterstützung und nicht die Kraft der Waffen, sondern die Kraft des Zusammenhalts der Patrioten, die die Bürger der treuesten Stadt der Heimat gaben.

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger von Sopron!

Auch nach hundert Jahren kommen wir hierher, nach Sopron, um Kraft zu schöpfen. Die Lage ist auch heute schwierig, wir benötigen das bekräftigende Beispiel der Soproner. In unserer Nachbarschaft droht erneut die Gefahr des Krieges, Millionen von Menschen wandern von einem Kontinent zum anderen, die ganze Welt treffende Epidemien fordern ihre Opfer, die Energiekrise quält mehrere Länder und ganze Wirtschaften gehen vom einen Tag zum anderen kaputt. Hinzukommt, dass die Goliaths ihre Macht erneut missbrauchen, sie wollen uns erneut sagen, wer wir sein sollen, mit wem und auf welche Weise wir zusammenleben sollen. Sie wollen, dass wir unsere tausendjährige Geschichte vergessen sollen. Wir sollen unsere Kultur vergessen, uns von unseren christlichen Wurzeln abtrennen. Sie wollen, dass wir uns aufgeben, zu jemand anderem werden, so sein sollen, wie jeder andere, das heißt nichts und niemand. Einst nannte man es den Clemenceau-Plan, heute nennt man es den Soros-Plan. Was man einst Pariser Vorortverträge nannte, nennt man heute die Vereinigten Staaten von Europa. Was einst die Entente war, das ist heute die offene Gesellschaft, der Multikulturalismus und die Genderideologie. Damals physische, heute geistige Besatzung.

Sehr geehrte Soproner!

Wir bereiten uns erneut auf eine Volksabstimmung vor. Wir wollen erneut „nein“ auf die die ungarische Zukunft bedrohenden ausländischen Pläne sagen. Wir wollen unsere Kinder vor der Propaganda der LGBTQ und seiner Konsorten ebenso verteidigen, wie wir die ungarischen Familien vor den Migranten geschützt haben. Wir haben das Recht dazu. Das ungarische Verfassungsgericht hat dieser Tage erklärt: Wir haben das Recht, nein auf die Brüsseler Menschenversuche zu sagen, wir haben das Recht, Ungarn zu verteidigen, und wir haben das Recht, die ungarische Zukunft zu sichern. Wenn wir stark sind und zusammenhalten, dann wird jetzt nicht nur Sopron und Umgebung, sondern das gesamte Ungarntum gemeinsam abstimmen, ja, wenn wir Glück haben werden, wird vielleicht auch das Herz Europas einen Schlag machen. Europaweit wird man dann sehen, dass es Menschen gibt, die es wagen, nein zu der Brüsseler „schönen, neuen Welt“ zu sagen, und darauf, was man dort für sie ausgekocht hat. Sie werden sehen können, dass es sich lohnt, zu kämpfen und niemals aufzugeben, denn so wie auch Sopron zur Heimat zurückgekehrt ist, wird auch Europa zur christlichen Zivilisation zurückkehren können.

Sehr geehrte Gedenkende! Liebe Soproner!

Über eine Sache müssen wir noch reden, ehrlich reden. Auch vor hundert Jahren gab es Menschen, die ihre Kampagne gegen Ungarn und für Österreich führten. Sie schrieben auf ihre Plakate, ich zitiere: „Vertraut nicht den Sirenengesängen der Ungarn, stimmt für die deutsche Seite!” Es ist traurig, aber wir müssen sehen, dass es auch heute Menschen hier zu Hause gibt, die mit dem gleichen ihre Kampagne führen. Ihrer Ansicht nach war Trianon gerecht. Sie vertreten auch jetzt die Meinung, dass es uns besser erginge, wenn wir zu etwas anderem werden würden, nur Ungarn sollten wir nicht bleiben. Sie lieben ihre eigene Art nicht. Für sie ist der ein Europäer, der seinen Glauben, seine Nation, seine Sprache und seine Werte aufgibt. Wir haben aber nicht nachgegeben, und wir werden es auch nicht tun.

Meine lieben Freunde!

Die Ungarn haben im Laufe des letzten Jahrzehnts die Nation geeint, wir haben einem jeden, der arbeiten will, Arbeit gegeben, haben die Familien gestärkt, haben die Nebenkosten gesenkt, wir konnten für jene mit den niedrigsten Verdiensten sorgen und haben das Land vor den illegalen Einwanderern geschützt. Und auch die Perspektiven sind attraktiv. Im kommenden Jahr werden die Jugendlichen keine Einkommenssteuer zahlen, die Familien erhalten das zurück, was sie dieses Jahr eingezahlt haben, der Minimallohn steigt weiter und die Rentner erhalten erneut die 13. Monatsrente, die man ihnen früher weggenommen hat. Die Angehörigen der bewaffneten Körperschaften respektieren wir, wir bauen eine moderne Armee auf, wir haben exportfähige Unternehmen und wir verbinden das gesamte Karpatenbecken durch Straßen und Schienen. Unlängst ist auch endlich die Autoschnellstraße in Sopron angekommen. Warum sollten wir uns umdrehen? Wir empfehlen, Ungarn soll weiter vorangehen und nicht zurück.

Liebe Soproner! Sehr geehrte Gastgeber!

Laut einer alten Weisheit mach die Stadtluft frei. Wir, Ungarn – besonders jene auf dem Lande – wissen auch, dass die Landluft zum Patrioten macht. Freiheit und Patriotismus. Freiheit und Patriotismus: Das sind die beiden großen Traditionen der ungarischen Politik, die beiden großen Stützpfeiler des tausendjährigen Ungarn. Und diesen beiden Stützpfeiler werden durch den Balken der Treue verbunden. Ich bitte die Stadt Sopron, auch in den kommenden hundert Jahren die Stadt der Treue zu bleiben, die die Heimat und die Freiheit miteinander verbindet, und dadurch Ungarn zu einem festen Gebäude macht, in dem wir, Ungarn, uns zu Hause fühlen können.

Ungarn vor allem, der liebe Gott über uns allen!

Vorwärts Ungarn!