Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
15. Januar 2021

Katalin Nagy: Wie wir in den Nachrichten hören konnten, sind im Vereinigten Königreich bereits drei Millionen Menschen geimpft worden. In Ungarn beträgt die Zahl der Geimpften ca. 100 tausend. Sicherlich gibt es einen Unterschied zwischen den Ländern, das Vereinigte Königreich ist viel größer als Ungarn, jedoch ist der Unterschied trotzdem riesig. Was ist der Grund dafür? Ich frage Ministerpräsidenten Viktor Orbán, den ich im Studio begrüße, guten Morgen.

Ich begrüße die Zuhörer, guten Morgen! Ich komme gerade vom Operativen Stab zu Ihnen, dort haben wir morgens um 6 Uhr begonnen, und dann schaffe ich es noch hierher zu kommen. Ich kann Ihnen also ganz frische Zahlen hinsichtlich der Geimpften sagen: Wir haben 105.728 Menschen geimpft. Und ich kann sagen, unsere Impfkapazität ist viel größer als was wir an Impfstoff haben. Wir kommen also nicht aus dem Grund nicht schneller voran, weil das ungarische Gesundheitswesen nicht schneller und größere Massen impfen könnte, sondern weil wir keinen Impfstoff haben.

Aber anderen geht es doch auch so, nicht wahr? Soviel wie wir hören, ist es in halb Europa so.

Ja. Hier kommen wir bei Ihrer Frage an, die ich höflicherweise in Klammern setzen würde, wenn Sie es erlauben, denn auf Grund der Zahlen, solche habe ich auch dabei, ist gut ersichtlich, dass, sagen wir, Großbritannien etwa 4 Prozent seiner Bevölkerung geimpft hat, wir in der EU sind unter 1 Prozent, und nicht weil unsere Ärzte schlechter wären als jene der Briten, sondern weil es nicht genug Impfstoff in Europa gibt – was uns zu der Frage führt, ob wir, 27 Ministerpräsidenten gemeinsam eine gute Entscheidung getroffen haben, als wir uns für den gemeinsamen Einkauf von Impfstoff aussprachen. Denn wer an diesem gemeinsamen Impfstoffeinkauf nicht teilnimmt, sondern seinen eigenen Weg beschreitet, Israel oder eben Großbritannien, der ist uns voraus, aber meiner Ansicht nach muss man in der Zeit der Probleme, wenn es eine Krise und eine Pandemie gibt, die Frage der Verantwortung dafür, warum das so ist, auf später verschieben. Anstatt jetzt auf Brüssel zu zeigen, mit diesen Zahlen herumzuwedeln, die leider ziemlich offensichtlich sind, und unsere Frustration, die deshalb ziemlich groß ist, gegen die Brüsseler und die Brüsseler Bürokraten wenden würden, sollten wir lieber versuchen, irgendeine schöpferische Energie zu erschaffen, und Impfstoff zu besorgen. Deshalb war von den zahlreichen heutigen Fragen des Operativen Stabes jene am wichtigsten, wie wir mit dem russischen und dem chinesischen Impfstoff stehen. Jetzt ist die Situation mit dem chinesischen Impfstoff, dass er existiert und wir ihn auch massenweise besorgen können, diese Kanäle sind also geöffnet. Dazu ist nur noch notwendig, dass die ungarische Gesundheitsbehörde sagt, er sei in Ordnung. Es gibt Untersuchungen, auch jetzt sind unsere Leute draußen in Peking, ich hoffe also sehr, dass innerhalb von einigen Tagen die ungarische Gesundheitsbehörde diese Frage eindeutig wird beantworten können. Heute habe ich die Frage gestellt, was wir in Wirklichkeit untersuchen? Ob wir untersuchen, ob wir eventuell mit so einem Impfstoff einen größeren Schaden anrichten als das Übel, das wir abwenden wollen? Denn die ungarischen Menschen, auch ich selbst, alle fürchten sich davor, ob wir vielleicht eine unbekannte Impfung erhalten, durch die das Übel noch größer wird als jene Krankheit, als das, was jene Krankheit verursacht hat, die wir im Übrigen mit Hilfe des Impfstoffes vermeiden wollten. Und auf der Sitzung des Operativen Stabes ist heute eindeutig gesagt worden, so ein Risiko gebe es nicht, was auch umso logischer ist, da die Chinesen und auch die Russen ihr eigenes Volk bereits zu zehn Millionen impfen. Dann ist aber die Frage, was wir machen, was die Behörde macht? Die Antwort ist, dass es egal ist, ob es nach unserer Überzeugung kein solches Risiko mehr gibt, es gibt trotzdem ein Protokoll, das man durchgehen muss, und das benötigt Zeit, nur sterben inzwischen täglich hundert-hundertzehn Menschen. Also bitte ich die Behörden, umsichtig, aber auf die schnellstmögliche Weise vorzugehen, und dann a oder b zu sagen, denn es gibt hier mehr als eine Million Dosen des chinesischen Impfstoffs, den wir morgen Früh – ich übertreibe ein bisschen –, innerhalb einiger Tage den Menschen zur Verfügung stellen könnten, nur gibt es dazu noch kein behördliches Papier. Also hat sich heute der Operative Stab eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Die heutigen Zahlen sind im Übrigen die, dass 111 unserer Landsleute verstorben sind und sich 1.513 infiziert haben. Das sind immer traurige Nachrichten. Eine Nachricht, die Hoffnung gibt, ist aber jene, dass 4.717 unserer Kranken gesund geworden sind. Dies bedeutet, dass mehr Menschen gesund werden, deutlich mehr, mehr als zweimal so viele Menschen werden gesund als es jene sind, die infiziert werden. Dies zeigt, dass wir dann aus dem Ganzen hervorkommen bzw. es gelungen ist, diese zweite Welle zu bremsen. Eine schlechte Nachricht ist aber, wenn wir uns in Europa umsehen, dann können wir sehen, wie an den meisten Orten die dritte Welle die Tür zu den dort Lebenden aufgestoßen hat, wir sehen also, dass sich die Lage in den meisten westeuropäischen Ländern nicht bessert, besonders in den für uns maßgebenden Ländern, z.B. in Deutschland, sondern eher verschlechtert, und sie nicht lockern, sondern immer strengere Maßnahmen einführen. Verzeihung, aber wenn ich schon hier mit meinem Bericht über den Operativen Stab angefangen habe, möchte ich noch sagen, dass nachdem wir die im Gesundheitswesen Arbeitenden geimpft haben werden – übrigens nimmt das Vertrauen in die Impfung kontinuierlich zu, also es geschieht das, was auch in Westeuropa geschehen ist, zuerst lieber nicht, die Menschen sind lieber vorsichtig, dann, wenn sie sehen, dass es keine Probleme daraus gibt, dann nimmt die Lust an der Impfung immer weiter zu, und auch ich ermuntere einen jeden, die ungarische Regierung steht auf der Seite der Impfung –, also wir impfen bald auch den letzten im Gesundheitswesen Arbeitenden, dann werden wir bald mit den in den Sozialheimen Wohnenden fertig sein, und ist laut dem Impfplan vorgehend die dritte Kategorie die Gruppe unserer Landsleute über sechzig, die an einer chronischen Krankheit leiden. Hier hat man sie auf Grund von drei großen Krankheitsgruppen festgelegt, dies bedeutet im Übrigen 1 Million 756 tausend Menschen. In die dritte Kategorie des Impfplans gehören also so viele Menschen, soviel chinesischen Impfstoff hätten wir im Grunde auch, wenn die Zulassung vorläge, und dann können wir sie retten, oder wir können sie aus dem Risiko herausretten.

Wenn dieses Papier vorläge, die Erlaubnis der ungarischen Gesundheitsbehörde, in welcher Zeit könnte man diese dritte Gruppe impfen?

Wenn wir mit einem Wochenende rechnen, dann formuliert es der Operativer Stab folgendermaßen, auch er hat sein Rotwelsch: Durchlässigkeit. Wenn sich also die  Menschen melden und zur Impfung erscheinen, nehmen wir an, relativ diszipliniert, also nicht mit einer Verspätung von mehreren Tagen, sondern innerhalb des gegebenen Zeitfensters, dann könnten die Leute der ungarischen öffentlichen Verwaltung bzw. des Gesundheitswesens bei einem mittleren Tempo im Laufe eines Tages, also ich reden von Samstag-Sonntag, mindestens 500 tausend Menschen garantiert impfen. Das ist ein ruhiges Tempo. Dies bedeutet, dass wir an einem Wochenende mindestens anderthalb Millionen Menschen, im Großen und Ganzen haben sich etwa so viele gemeldet, was ich also gesagt habe, so viele sich melden – obwohl wenn diese Zahl ansteigt, dann ist dies so nicht mehr wahr. Aber auf Grund unseres heutigen Wissens, wer sich meldet oder sich bisher gemeldet hat, diese Zahl können wir im Laufe eines Wochenendes – am Freitag, Samstag, Sonntag, eventuell auch Donnerstag – lösen. Jetzt kann sein, dass es sich nicht lohnt, den Bogen zu überspannen, und man muss dafür vielleicht besser zwei Wochenenden aufwenden, doch kann ich es kaum erwarten, endlich mit diesem Problem zu kämpfen, denn jetzt ist nicht unser Problem, dass wir keine Impfkapazität haben, sondern keinen Impfstoff. Die Impfkapazität Ungarns übertrifft gegenwärtig die aus der EU ankommende Menge an Impfstoff um ein vielfaches.

Hat nicht die Kommissarin für Gesundheit der Europäischen Kommission diese Woche gesagt, sie bittet die Mitgliedsstaaten, nicht mit den Herstellern zu verhandeln? Oder bezog sich dies nur auf jene Hersteller, mit denen die Europäische Kommission bereits übereingekommen ist?

Jeden Tag sterben mehr als hundert ungarische Menschen. Mir soll keine griechische Kommissarin sagen, was ich tun soll.

Es scheint also, als ob auch andere Regierungsoberhäupter dieser Meinung sind, denn in sehr vielen Ländern versucht man von überall her, von wo es nur geht, so einen Impfstoff zu besorgen.

Es gibt auch anderswo Ministerpräsidenten, die sich für Patrioten halten, und für die die Gesundheit und das Leben der eigenen Bürger wichtiger ist als die Meinung irgendeiner Brüsseler Bürokratin.

Übrigens ist es auch nicht gleichgültig, mit welchem Impfstoff man die massenweise Impfung beginnen kann? Wir wissen ja, dass der von Pfizer, den wir zuerst erhalten haben, ja unter sehr besonderen Umständen gelagert werden muss. Wäre es also durchführbar, dass wenn wir, sagen wir, zwei Millionen Dosen des Pfizer-Impfstoffs hätten, an jedem einzelnen Impfpunkt die Lagerung unter -70 Grad gesichert werden könnte?

Natürlich. So überraschend es auch sein mag, als ich mich zuletzt mit dieser Frage beschäftigt habe, da gab es die Angaben, dass vielleicht drei unserer Komitatskrankenhäuser dieses sehr hohe Kühlungsniveau nicht garantieren können, seitdem hoffe ich, dass sich dieses Problem gelöst hat. Das ungarische Gesundheitswesen ist auf den Umgang mit solchen Situationen übrigens im Allgemeinen viel besser vorbereitet, als wir selbst es anzunehmen pflegen. Wenn ich mir also die Zahlen ansehe, sie mit denen anderer Länder vergleiche, erinnern Sie sich nur daran, wie die Systeme des Gesundheitswesens nacheinander in Westeuropa zusammengebrochen sind. Das ungarische System des Gesundheitswesens ist nicht nur nicht zusammengebrochen, es wurde nicht einmal erschüttert. Es war also eine sehr große Schufterei, verzeihen Sie mir den Ausdruck, unsere Krankenschwestern und Ärzte haben also eine übermenschliche Leistung erbracht, ich selbst war also in vielen Krankenhäusern, und ich muss sagen, ich habe fantastische Menschen getroffen, und tatsächlich sind sie es, die das gesamte System auf ihrem Rücken tragen. Aber sie tragen es, und das ungarische Gesundheitswesen ist nicht zusammengebrochen, hier blieb kein einziger Mensch unversorgt, weil es keine Ärzte oder Krankenschwestern gegeben hätte, sie ihre Aufgaben nicht versehen hätten, es keine Beatmungsgeräte oder eben Betten gegeben hätte. Also unser Gesundheitswesen, das wir immer kritisieren – wir sind Ungarn, natürlich kritisieren wir – also die Fähigkeit unseres Gesundheitswesens, Schläge auszuhalten, die Sicherheit, die es im Fall von Problemen unseren Bürgern geben kann, besteht im internationalen Vergleich. Unsere Ärzte und unsere Krankenschwestern befinden sich meiner Ansicht nach irgendwo im Spitzenfeld.

Wenn es Impfstoff im ausreichenden Maß geben wird, wird man unterrichtet – wer benachrichtigt die Menschen? Denn man sagt, man habe sich auf der Seite vakcinainfo.gov.hu registriert, und es kommt als Rückmeldung ja so viel, dass „wir ihre Registrierung entgegengenommen haben“, aber sie warten auf den Zeitpunkt der Impfung.

Wenn es den Impfstoff geben wird, werden wir mit Verantwortung einen Zeitpunkt anbieten können. Solange wir keinen Impfstoff haben, können wir keinen Zeitpunkt nennen. Sobald es Impfstoff geben wird, werden wir uns bei denen melden, die sich registriert haben, so wie wir auch Sie aufgrund Ihrer Registrierung in das Verzeichnis aufgenommen haben, der Impfstoff ist angekommen, dann oder dann, erscheinen Sie bitte hier oder hier.

Sie haben es so formuliert, dass wir „herauskommen“, und bei uns zeigen dies die Zahlen auch, denn es sind viel weniger Menschen an die Beatmungsgeräte angeschlossen und viel weniger sind auch in den Krankenhäusern. Aber im Westen ist die dritte Welle da. Dieser gute Zustand, dass die Zahlen gut sind, kann man dies nur mit der Aufrechterhaltung der Einschränkungen sichern? Ich frage dies auch aus dem Grund, da der Druck schon ziemlich groß ist, es halten also nicht nur die Älteren, sondern auch die Jüngeren es nur schwer aus, dass man sich nicht treffen kann, dass man keine Vergnügungslokale besuchen kann.

Ich weiß nicht, wohin Sie mich einordnen, aber auch ich halte es nur schwer aus, also …

Zu den Personen mittleren Alters.

Uns allen geht es so, wir würden uns also alle schon gern von diesem Elend befreien, wir möchten unser Leben zurückbekommen, das alte, das wir hatten. Ich kann sagen, wenn wir im Tempo der Brüsseler Einkäufe voranschreiten, dann wird es Ende Sommer, Herbst werden, bis ich sagen kann, wir haben so viele Menschen geimpft, dass wir die Einschränkungen oder Beschränkungen aufgeben können. Wenn die Gesundheitsbehörde ihre Arbeit verrichtet, und wir auch den chinesischen Impfstoff benutzen können, und auch die Menschen wählen, sie werden ja wählen können aus dem wenigen Brüsseler – es wird nur wenig von ihm geben –, aus dem vielen chinesischen und aus dem russischen Impfstoff, von dem wir nicht wissen, wie viel es geben wird. Wenn der chinesische Impfstoff akzeptiert wird, dann können wir so schnell impfen, dass wir schon vor dem Sommer, vielleicht sogar schon deutlich vor dem Sommer unser altes Leben zurückbekommen können, doch dies hängt davon ab, wie viel Impfstoff wir besorgen können, und wie schnell unsere Behörden mit der notwendigen Umsicht das vorgeschriebene Sicherheitsprotokoll durchnehmen können.

Das Gesundheitswesen. Sie haben angedeutet, Sie hätten jetzt vielleicht etwas aufgeatmet, Ihre Arbeit, die Sie verrichten, ist aber immer noch schwer. Was ist Ihre Meinung darüber, dass einzelne Politiker des Parlaments auf den Seiten der Opposition, jetzt gerade vielleicht auch ein unabhängiger Abgeordneter, solche Videos veröffentlichen, in denen man zu beweisen versucht, dass die Verteidigung der ungarischen Regierung gegen die Seuche nicht adäquat ist, denn siehe da, in der Leichenhalle in Szentendre liegen die Toten haufenweise übereinander, die wahrscheinlich am Coronavirus verstorben sind, denn die Regierung achtet nicht auf sie.

Ich denke nicht, dass man die Regierung dafür verantwortlich machen könnte, denn in dieser Angelegenheit, die ich habe untersuchen lassen, handelt es sich, glaube ich, um eine Institution, die durch eine kommunale Selbstverwaltung aufrechterhalten wird. Wir helfen gerne jeder kommunalen Selbstverwaltung, die im Übrigen diese Aufgabe nicht bewältigen kann, man muss also nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, sondern man muss einander helfen. So auch den kommunalen Selbstverwaltungen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, dass ich auf das Verhalten der Opposition reagieren muss, wir haben ja doch auch wichtigere Angelegenheiten, als dass ich darüber reden sollte, aber…

Nur versuchen sie das allgemeine Vertrauen zu untergraben, das ist das Problem, nicht wahr?

Ich habe den Eindruck, ich versuche lieber höflich zu formulieren, ich habe also den Eindruck, dass hier nichts mehr heilig ist, also für die linken Parteien, und wenn ich 2020 in Erinnerung rufe, dann kann ich wirklich am höflichsten sagen: Die ungarische Linke ist zu weit gegangen. Ich verstehe, dass – da was anderes eine politische Partei wollen könnte, als an die Macht zu gelangen, nicht wahr – sie sich an die Stelle der Regierung setzen und sie gerne Ungarn regieren würden, das verstehe ich auch, aber in Zeiten der Krise ist es keine gute Denkweise, die sie zeigen, die Regierung für alles verantwortlich zu machen, wenn es irgendetwas Schlechtes im Land gibt, und dann kann man sie leichter ablösen, denn am Ende dieser Logik steht, das das, was für das Land schlecht ist, für die Opposition gut ist, bzw. für die Linke gut ist. Das ist meiner Ansicht nach in einer Krise, aber auch ansonsten kein allzu sympathischer Gedanke. Na aber in der Zeit der Krise? Wenn Menschen sterben, Leben in Gefahr sind, ist das eine lebensgefährliche Denkweise. Ständig zu beteuern, dass das ungarische Gesundheitswesen nicht funktioniert, die ungarischen Ärzte nicht gut arbeiten, die Regierung die Verteidigung nicht gut organisiert, vorzuführen, wie groß die Probleme sind, häufig mit Hilfe von Fakevideos, wir kennen das Ganze, und dann darauf hoffen, dass die Menschen dann die Regierung verantwortlich machen werden, und sie sich dann an die Stelle der Regierung werden setzen können, diese Denkweise ist meiner Ansicht nach zu viel, sie sind zu weit gegangen.

Laut den frischesten statistischen Daten ist die industrielle Produktion im November angestiegen, und es scheint als ob im Grunde auch die Bauindustrie ihren ursprünglichen Zustand zu erreichen beginnt, und gute Leistungen zeigt, sie ist vielleicht in sechs Monaten auch auf den ursprünglichen Zustand zurückgekehrt. Wie sehen sie es, was ist der Grund dafür? Was hat es ermöglicht, dass z.B. die industrielle Produktion während des Herbstes ansteigen konnte?

Grundsätzlich der Umstand, dass die Menschen arbeiten wollen. Hinter der Leistung der ungarischen Wirtschaft steht also immer, dass dies eine auf Arbeit basierende Wirtschaft ist, das verstehen die Menschen, sie wissen es und sie wollen von ihrer Arbeit leben, sie wollen arbeiten und sie wollen einen anständigen Lohn für ihre Arbeit erhalten. Wenn es diesen Wunsch nicht gäbe, wenn diese Antriebskraft nicht den Motor der ungarischen Wirtschaft am Laufen hielte, dann gäbe es keine guten wirtschaftlichen Ergebnisse. Doch die ungarischen Menschen wollen arbeiten, hinzu kommt, dass sie auch viel arbeiten und einen anständigen Lohn erhalten möchten. Es steckt also noch Energie in der ungarischen Wirtschaft. Zweitens denke ich, auch unsere Unternehmer sind immer besser, denn sie sind ja die Arbeitgeber, und sie sind immer wettbewerbsfähiger. Wir sind doch mit einem sehr großen Rückstand gestartet. Hier gab es vierzig Jahre Kommunismus, während die Privatwirtschaft in Westeuropa frei blühen konnte, und vor dreißig Jahren begann der Moment, als die ungarischen Unternehmer mit ihren über einen Vorsprung von vierzig Jahren verfügenden westlichen Mitbewerbern den Wettlauf aufnehmen mussten. Sie hatten nicht nur nicht genügend Geld, sondern sie verfügten auch über weniger Wissen darüber, wie eine sich auf den freien Privatbesitz gründende Wirtschaft funktioniert. Aber ich habe den Eindruck, die ungarischen Unternehmer sind jetzt schon in der Lage, im Wettbewerb mit den Westlern mitzuhalten, wir sind noch nicht so effektiv wie sie, aber wir sind ihnen schon näher gekommen als wir waren. Während also die Menschen arbeiten wollen, können die Unternehmer sie immer besser führen und ihre Arbeit immer besser organisieren. Das ist das andere Bein der Leistung. Und sie hat auch ein drittes Bein, dieses erwähne ich am Ende: Es muss ein Umfeld geben, in dem es sich lohnt zu arbeiten. Wenn wir die Steuern erhöhen – das war bis 2010 das Wesen der linken Politik –, dann bleibt weniger Geld bei den Menschen sowie bei den Unternehmen, und es wird keine antreibende Lust an der Arbeit und Ambitionen bei den Menschen geben, weshalb die Steuern gesenkt werden müssen. Wenn das Umfeld gut ist, wenn es sich zu arbeiten lohnt, wenn es sich lohnt, unternehmerisch aktiv zu werden – obwohl dies immer eine riskante Sache ist, aber es lohnt sich trotzdem –, dann halten die Menschen die Wirtschaft des Landes am Laufen. Deshalb haben wir, habe ich – denn da steckt auch persönlich von mir viel Arbeit drin – jetzt eine ganz andere Art des wirtschaftlichen Krisenmanagements gewählt als die westeuropäischen Länder. Ich beobachte also, was sie machen, doch ist die Logik des ungarischen Krisenmanagements eine andere. Die Logik des ungarischen Krisenmanagements konzentriert sich eindeutig, direkt auf die Erhaltung der Arbeitsplätze und die Investitionen. Was wir also so formuliert hatten: „Wir wollen in der Kurve überholen.“ – also wir wollen von dort mit einer größeren Geschwindigkeit herauskommen als wir hineingefahren sind, und dazu sind Investitionen notwendig. Deshalb haben wir riesige Steuersenkungen durchgeführt. Die zentralen Steuern haben wir im Jahr 2020 um 432 Milliarden Forint gesenkt, Senkung der Sozialversicherungsbeiträge usw. Auch bei der Gewerbesteuer, die zu den kommunalen Selbstverwaltungen gehört, haben wir gesenkt, und 180 Milliarden Forint blieben bei den Unternehmen.

Ja, aber darüber freuen sich die kommunalen Selbstverwaltungen nicht.

Na, gut, das verstehe ich, aber man muss nicht von den eigenen institutionellen Interessen ausgehen. Die Situation ist die, sagen wir, wenn wir Budapest betrachten, dass wir die Gewerbesteuer der Klein- und mittleren Unternehmer gesenkt haben, doch haben wir das nicht in den Haushalt, in den Haushalt des Landes, den Haushalt der Regierung integriert, dieses Geld ist hier in Budapest, nur nicht bei der kommunalen Selbstverwaltung, sondern bei den Menschen und den Unternehmern. Dieses Geld ist in Pest. Wenn es der Sinn der kommunalen Selbstverwaltung ist, den Menschen zu diesen, dann muss man sich freuen, dass die Menschen mehr Geld haben. Es stimmt zwar, dass in solchen Momenten man sich dem anpassen muss, man muss die Arbeitsweise umorganisieren, man muss wirtschaften, die kommunalen Selbstverwaltungen müssen selbst effektiver sein, aber das ist das gleiche wie in unserem Fall. Wenn die Regierung Steuern im Wert von 432 Milliarden Forint senkt, sagen wir 2020, dann muss dafür die Regierung effektiver wirken, denn auf die gleiche Weise geht es nicht, aus weniger Geld kann man eine Regierung nicht auf die gleiche Weise arbeiten lassen. Wenn wir die Steuern bei den Menschen lassen, dann müssen wir uns als Regierung auch daran anpassen. Das ist manchmal unbequem und schwierig, und man muss nachdenken und umorganisieren. Na, aber das ist doch das Wesen unserer Arbeit. Und dann ist auch noch wichtig, dass ich in unserem Umgang mit den Steuern doch 3.000 Milliarden Forint von den Banken zurückgehalten habe, 3.000 Milliarden Forint, denn ich habe ein Moratorium in der Rückzahlung der Kreditraten angeordnet. Dies bedeutet, dass 3.000 Milliarden Forint bei den Familien und den Unternehmen auf die Weise geblieben sind, dass sie während der Krise keine Raten, keine Zinsen zahlen, kein Kapital zurückzahlen mussten, sondern dann erst später, wenn wir die Krise hinter uns haben. Dies ist so zusammen ein vollkommen eigentümliches ungarisches Krisenmanagement, dies wird zusammen ein Ergebnis haben, und dazu haben wir noch drei Dinge hinzugefügt. Das erste, dass wir ja begonnen haben, jetzt ab dem Januar die 13. Monatsrente wieder zurückzubringen, im Umschlag für den Februar wird sich – wenn ich mich richtig erinnere – eine um eine Woche höhere Monatsrente befinden, das ist auch seelisch wichtig, denn die Linke hat ja dies den Rentnern noch vor 2010 weggenommen, und jetzt ist die ungarische Wirtschaft mit der Arbeit von zehn harten Jahren dort angekommen, dass wir sie wieder herstellen können. Das zweite, was wir noch hierhin platziert haben, ist ein wirtschaftspolitisches Element, die Initiierung des größten Programms aller Zeiten zur Renovierung und zur Schaffung von Eigenheimen in Ungarn. Das ist auch in Ordnung. Ein Baustein fehlt. Mit dem Finanzminister habe ich schwierige Unterredungen, aber wir haben entschieden, die Entscheidung ist vorhanden, um spätestens ab dem 1. Januar 2022 jenen Jugendlichen, die ihr 25. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, eine umfassende Befreiung von der Einkommenssteuer zu geben. Dies wird ungefähr 130-150 Milliarden Forint kosten, doch halte ich es für wichtig, dass nach den Rentnern auch die Jugendlichen eine ernsthafte Chance erhalten sollen. Die für die Belange der Familien verantwortliche Frau Ministerin berechnet jetzt, wo die Grenze liegen soll, bis zu der man mit dem umfassenden Steuererlass für die Jugendlichen gehen sollte, dies dürfte sich bis zu dem Durchschnittsgehalt lohnen. Dies ist nicht beispiellos, ich habe schon Länder gesehen – zum Beispiel bei den Polen –, in denen man dies eingeführt hat, und soweit ich das gesehen habe, war es erfolgreich. Also hat ein Mensch, der das Alter von 25 Jahren erreicht, doch die Möglichkeit zu lernen, er kann auch Fachstipendien erhalten, es gibt eine Unterstützung für Familien zur Schaffung von Eigenheimen, mit dem er losgehen kann, es wird bzw. es gibt schon den Babykredit, und bis zu seinem Alter von 25 Jahren muss er nach seiner Arbeit die Einkommenssteuer nicht zahlen. Es besteht die Chance, dass so ein Mensch, bis er das Alter von 25 Jahren erreicht, auf eigenen Beinen steht, ein selbständiges Leben beginnen kann und als ernsthafter Mensch die kommenden fünfzig-sechzig-siebzig Jahre beginnen kann. Also wenn wir das noch hinzufügen können, diese Maßnahme möchte ich spätestens mit dem 1. Januar einführen…

Im folgenden Jahr, 2022.

Ja, spätestens im Januar 2022. wenn das gelingt, dann ist unser ganzes System des Krisenmanagements abgerundet. Dann ist den Rentnern geholfen, die Jugendlichen erhalten ihre Chance, die Familien durch die Schaffung der Eigenheime, es gibt eine allgemeine Steuersenkung, auch die Unternehmer können leben, dann muss sich aus dem Ganzen ein Wirtschaftsjahr abzeichnen, eine wirtschaftliche Zukunft, die wir alle möchten.

Um noch kurz auf die kommunalen Selbstverwaltungen zurückzukommen: Wenn sie um etwas Unterstützung oder Kompensation von der Regierung bitten, da sie meinen, sie könnten nicht einmal die allgemeinen Aufgaben erfüllen, z.B. die Beleuchtung, sagen wir, hierauf beruft sich auch der Budapester Oberbürgermeister häufig, können sie sich dann an die Regierung wenden? Es gab einmal dazu schon die Möglichkeit, noch kurz vor dem Ende des Jahres.

Wir gebrauchen das Wort „Kompensation” nicht, denn das Geld bleibt ja hier in Budapest, wenn das Geld also zur Regierung gekommen wäre, dann wäre die Bestrebung zu verstehen, aber es ist hier bei den Budapester Menschen und den in den kommunalen Selbstverwaltungen in den Städten und Dörfern lebenden Menschen, das Geld ist also dort in ihrer Siedlung geblieben. Jedoch gibt es Siedlungen, denen – je kleiner sie sie sind, umso mehr – dies Schwierigkeiten bereiten kann, deshalb haben wir einen allgemeinen Beschluss, dass die Siedlungen mit einer Bevölkerung von unter 25 tausend Menschen von der Regierung im Großen und Ganzen, sicher nicht weniger, die Summe als Unterstützung erhalten, die sie früher aus der Gewerbesteuer eintreiben konnten. Wir haben ja auch das Erlassen der Gewerbesteuer so durchgeführt, dass wir sie nicht allen erlassen haben, wir haben sie halbiert, aber nicht für alle halbiert, sondern für die ungarischen Klein- und mittleren Unternehmer, nicht für die Multis. Denn die Regel lautet, dass dies für Firmen mit einem Umsatz unter 4 Milliarden Forint gilt, und diese sind alle ungarische Klein- und mittlere Unternehmen, das Geld ist also dort bei den Unternehmern der Städte geblieben, sie können die Menschen halten, sie müssen niemanden entlassen. Vergessen Sie es nicht, das wissen natürlich nur wenige, dass die Gewerbesteuer nicht auf Grund der Ergebnisse der Firmen gezahlt wird, sondern auf Grund des Umsatzes. Wenn es also eine Firma gibt, die jetzt wegen der Krise Verluste aufweist, aber über Umsatz verfügt, so hätte sie Gewerbesteuer zahlen müssen, bzw. muss sie jetzt auch nur noch um 50 Prozent weniger zahlen. Das ist eine ziemlich gnadenlose Steuerform, denn sie beachtet nicht, ob die Firma mit Erfolg arbeitet. Ich denke also, dass man den Kleinen, die sowieso über weniger Möglichkeiten und geringere Möglichkeiten zu finanziellen Manövern verfügen, unbedingt irgendeine Unterstützung geben muss. Das haben wir bei 25 tausend Personen festgelegt, darüber hinaus werden wir sehen, wer auf welche Weise wirtschaftet, wie er sich selbst umorganisiert, wie er sich an die Situation anpasst, aber die Regierung ist ja dazu da, um einem jeden zu helfen.

Noch eine kurze Frage zum Abschluss: In der vergangenen Woche hatten Sie gesagt, Sie hatten so formuliert, dass in diesem Jahr die Entwicklung viel intensiver sein werde, es kann sein, dass dies nur noch für das zweite Halbjahr eintritt, als womit man hätte rechnen können. Viele Stimmen sind skeptisch und sagen, der ungarische Ministerpräsident sei übertrieben optimistisch. Worauf gründen Sie Ihren Optimismus?

Es gab Zeiten, da war ich noch optimistischer und auch mutiger. 2010, ein jeder kann sich daran erinnern, in was für einem heruntergekommenen Zustand das Land war, da bin ich zum Beispiel die Verpflichtung eingegangen, wir würden eine Million Arbeitsplätze schaffen, und jetzt sind wir bereits bei über 850 tausend angekommen. Übrigens arbeiteten jetzt im Monat Dezember in der Krise mehr Menschen als vor einem Jahr, als vor der Krise. Hier verändern sich zwar monatlich die Daten, es kann also sein, dass es manchmal ein-zwei tausend mehr und manchmal weniger sind, doch wenn wir die Pandemie hinter uns haben werden, wird sich nicht nur jene meine Versprechung oder Verpflichtung bewahrheiten, dass wir so viele Arbeitsplätze schaffen werden, wie das Virus zerstört hat, sondern wir werden mehr Arbeitsplätze schaffen, als das Virus kaputtgemacht hat. Und das ist keine unbegründete Vorstellung, denn wenn es einmal schon gelungen ist, das Land aus einer 2010er Krisensituation herauszuziehen, warum sollte dies dann nicht auch in der gegenwärtigen Krisensituation gelingen? Ich versuche vorsichtig zu formulieren, denn man wird an jedem meiner Worte herumkritisieren, aber meine Entscheidungen, meine Erkenntnisse, meine Meinung ist nicht insgesamt meine persönliche Meinung – ich stecke da auch mit drin –, sondern die Meinung vieler hunderter von Experten. Sie arbeiten, Stäbe arbeiten hinter mir, wenn ich in erster Person Singular formuliere, muss man das auch in erster Person plural verstehen, so verstehen, dass „wir“, also viele Menschen zusammen, nur übernimmt der Ministerpräsident die Verantwortung, er steht im Licht, aber sehr viele Menschen arbeiten, wir haben herausragende Menschen. Hinzu kommt noch, wenn ich das sagen darf, dass wir solche Kinder des Volkes sind, wir verfügen also über eine persönliche Kenntnis des Volkes. Ich weiß also, wie es in den Dörfern ist, weil ich dort gelebt habe, dort geboren worden bin. Ich weiß, wie es in den Städten ist, ich habe dort das Gymnasium besucht. Dann weiß ich, wie es in der Hauptstadt ist, denn hier habe ich die Universität besucht. Die eine Hälfte der Familie stammt aus Transdanubien, die andere aus: Hunnia, aus der Tiefebene, ich weiß also, wie es in der einen Hälfte des Landes ist und wie in der anderen. Jene Entscheidungen also, die wir treffen, umfassen also, erlauben Sie mir, das so zu formulieren, eine Kenntnis des Volkes, wir treffen sie also nicht im Allgemeinen aus dem Lehrbuch und den Ideologien, sondern aus der Kenntnis der ungarischen Menschen. Wir wissen, was die ungarischen Menschen mögen, und was nicht, was sie akzeptieren, und was nicht, was sie nutzen können und gebrauchen, und was wir vergebens ihnen anbieten, denn sie werden es nicht gebrauchen, da sie kulturell nicht so eingerichtet sind. Die Kenntnis des Landes ist also die Schlüsselfrage bei jedem Krisenmanagement, und das von 2010 war auch aus dem Grund erfolgreich, da es auf diese Kenntnis, auf die Kenntnis des Landes und der Menschen aufbaute. Auch jetzt ist es so, meine Annahme darüber, dass wir 2021 erfolgreich sein werden, basiert darauf, dass ich weiß, wenn die Menschen die Möglichkeit zur Arbeit haben, dann arbeiten sie, wenn man mit den Menschen anständig umgeht, dann arbeiten sie auch ausgesprochen mehr als was vielleicht zeitweilig gesund wäre, und wenn man sie bezahlt, dann sind sie bereit, noch mehr zu arbeiten. Die Leistung steckt also drin in den Ungarn, man muss nur helfen, damit sie aus ihnen hervorkommt, dazu ist eine Steuersenkung notwendig. Jene linke Politik, die Steuern erhöht, würgt also in den Ungarn die Energien ab, sie sind sowieso gegenüber der Regierung und dem Staat misstrauisch, und wenn man dann auch noch nach Steuern in ihren Taschen stöbert, wenn es zu viele bürokratische Regeln gibt, die Steuern zu hoch sind, dann stellen sich die Menschen und die ungarischen Familien eher auf Abwehr ein. Ich habe das über eine lange Zeit hinweg selbst gesehen. Wenn sie sehen, es gibt Steuersenkungen, es gibt weniger Regeln, die Regierung möchte tatsächlich, dass sie ihr Glück machen können, dann widerstehen sie plötzlich nicht mehr, sondern beginnen zusammenzuarbeiten, und das ist jene Zusammenarbeit, deshalb nenne ich es das System der nationalen Zusammenarbeit, das, was wir errichten, und zwar als wirtschaftliches Ergebnis. Meiner Ansicht nach wird dies auch 2021 so sein.

Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.