Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
17. Mai 2019

Katalin Nagy: Montagabend ungarischer Zeit empfing der amerikanische Präsident Donald Trump den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Wir haben die Minuten, die vor der Öffentlichkeit der Presse sich ereigneten, sehen können, das Treffen schien in guter Stimmung, freundschaftlich zu verlaufen, doch was ist wohl hinter den verschlossenen Türen geschehen? Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Wussten Sie, dass Sie einen Zwilling in Amerika haben?

Ich wünsche einen guten Tag! Ja, wir sind sogar noch mehrere. Die Wahrheit ist die, dass ich den amerikanischen Präsidenten nicht jetzt das erste Mal getroffen habe, denn auf den NATO-Gipfeln konsultieren alle Mitgliedsstaaten ständig miteinander, so auch wir mit den Amerikanern. Zu so einem zweiseitigen längeren Treffen kam es jetzt das erste Mal, und zweifellos stimmt es, es gibt einige von uns – natürlich sowohl große als auch kleine, wir müssen uns auf bescheidene Weise in einem Atemzug mit den Amerikanern nennen, doch gibt es noch den israelischen Ministerpräsidenten, in Indien ist die Lage auch die gleiche, in Ungarn, in Polen, in Italien, in Amerika, es gibt also durch das Volk gewählte führende Politiker in den Ländern der Welt –, die die Belange ihres eigenen Landes an die erste Stelle setzen und nicht am Aufbau einer Weltregierung arbeiten, sondern diese ausgesprochen ablehnen, auch ich lehne sie ab, und die an die Ordnung, an jene Einrichtung der Welt glauben, nach der die Staaten der Welt ihre eigenen Ziele verfolgen, ihre eigenen führenden Politiker wählen, und die – wenn es notwendig ist – zusammenarbeiten, jedoch das Recht über die das Leben ihres eigenen Volkes beeinflussenden Entscheidungen nicht jemandem anderen, irgendeiner Art ihnen übergeordneter Weltregierung übergeben wollen. Es gibt also – als Klub würde ich es nicht bezeichnen, aber – einige führende Politiker in der Welt, die Ähnlichkeiten aufweisen, wir wissen über einander, wir kennen einander und wir drücken uns gegenseitig die Daumen, damit wir Erfolg haben.

Wird es eine Fortsetzung dieses Besuchs geben? Sind zum Beispiel tatsächlich Abschlüsse konkreter Geschäfte zur Sprache gekommen?

Sehr viele Dinge sind zur Sprache gekommen, doch am wichtigsten war natürlich, dass wir unsere Ansichten in der Hinsicht aufeinander abstimmten bzw. miteinander verglichen, was in der Welt zu erwarten sei, worauf man sich vorbereiten muss, was die großen Fragen sein werden, und da Amerika über einen Präsidenten verfügt, der nicht von der Akademie, sondern aus der Geschäftswelt kam, hat dies eine andere Art des Denkens, eine viel zielgerichtetere, geradlinigere und mutigere Führung zum Ergebnis. Wir haben natürlich auch über die konkreten Fälle der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern gesprochen, man weiß doch viel über Ungarn in Amerika. Ein aus der Geschäftswelt kommender amerikanischer Präsident weiß genau, dass 1.700 amerikanische Firmen in Ungarn tätig sind, er kannte die ungarisch–amerikanischen Außenhandelszahlen genau, bei denen übrigens wir Ungarn gewinnen, was gut zeigt, wie wettbewerbsfähig die ungarische Wirtschaft ist. Er kannte das ungarische Wirtschaftsmodell, worüber wir etwas geredet haben, das Steuersystem, die Formen der Unterstützung der Familien, und natürlich, worüber er am besten Bescheid wusste, die Migration und die muslimische Invasion Richtung Europa, die auf dem Festland durch die Ungarn aufgehalten worden sind. Auf diese Weise betrachten sie uns auch. Wir sind jene, die die Migration an der Südgrenze Europas erfolgreich aufgehalten haben. Ich könnte auch sagen: Der ungarische Zaun ist derart erfolgreich, dass er selbst noch von Washington aus zu sehen ist.

Kann man noch über konkrete Geschäfte reden, oder wird das dann ein späterer Schritt sein?

Wenn Sie erlauben, würde ich eher nur Gebiete bezeichnen, denn es stehen uns noch Besprechungen der Experten bevor, und wenn diese dann abgeschlossen sein werden, dann können wir über die konkreten Zahlen reden. Die erste und wichtigste Sache ist die, dass wir an der möglichst raschen Erschließung der Gasressourcen in Rumänien im Schwarzen Meer interessiert sind. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge wird dies eine amerikanische Firma machen, da die Rumänen sich hierfür entschieden haben. Und es ist in unserem Interesse, dass dies so schnell wie möglich beginnen soll, denn die einzige alternative Quelle zum russischen Gas, zur Gewinnung von Gas für Ungarn befindet sich in Rumänien. Die – wie man das in der Welt der Politik zu sagen pflegt – Diversifizierung des ungarischen Gashandels, also, dass man ihn auf mehrere Beine stellen kann, ist also nur dann vorstellbar, wenn die rumänisch-amerikanische Kooperation so schnell wie möglich verwirklicht wird. Ich habe ausgeführt, dass dies im Interesse Ungarns sei, und habe beim Herrn Präsidenten darauf gedrängt, dass dies so früh wie möglich geschehen solle. Zwischen uns besteht eine militärische Zusammenarbeit. Gegenwärtig erfolgt der Aufbau des modernen ungarischen Heeres. Dieses war in dem Zeitraum vor unserer Regierung praktisch zerbombt, zerschossen, auseinandergenommen worden, man hat es verkommen lassen, die ungarische Armee existiert also überhaupt nur Dank der Entschlossenheit, des Fanatismus und des Durchhaltens einiger Offiziere, einiger hundert Offiziere, denn die ungarische Politik hat das Heer und die Militärpolitik nicht nur allein gelassen, sondern sie war ihnen gegenüber ausgesprochen feindlich. Dies haben wir verändert. Jetzt, da wir uns wirtschaftlich fangen, ist die Zeit gekommen, um das moderne ungarische Heer zu errichten, an das ich große Hoffnungen knüpfe, und ich habe eine sehr gute Meinung über die Offiziere des ungarischen Generalstabs, ja auch im Allgemeinen über den größten Teil der Kompanieführer, wir verfügen also heute in Ungarn über ausgezeichnet ausgebildete Offiziere in der Armee. Es gibt einen Teil des Ausbaus der Streitkräfte, bei denen wir auf die Amerikaner zählen. Aus Überlegungen zur Sicherheit möchte ich hierüber nur wenig sagen, doch gibt es in jedem Land eine sogenannte kritische Infrastruktur, die man auch im Fall eines militärischen Angriffs verteidigen können muss, und diese Fähigkeit Ungarns ist – um es so zu formulieren – nicht vollständig. Hier sind zur Luftabwehr Mittelstreckenraketen notwendig, der juristische Prozess zum Ankauf dieser schreitet gut voran. Und wir haben natürlich auch darüber gesprochen, dass an den internationalen Missionen der NATO – denn wir sind ja über die NATO Verbündete der Amerikaner – Ungarn auch bisher vielleicht auf eine über seine Kräfte hinausgehende Weise teilgenommen hat, gerade weil wir über herausragende Soldaten verfügen, und das werden wir auch in der Zukunft fortsetzen.

Als führender Politiker eines europäischen Landes mittlerer Größe stehen Sie mit allen Großmächten in guten diplomatischen Beziehungen. Das, sagen wir, kann man über die führenden Politiker der westeuropäischen Staaten, also nicht über alle von ihnen, behaupten. Jetzt wurde zum Beispiel in der gestrigen Debatte der Spitzenkandidaten für das Europäische Parlament auch gesagt, es gefalle auch nicht wirklich, dass der erste Mann der Regierung Ungarns so gute Beziehungen zu Donald Trump pflegt.

Schauen Sie, natürlich ist jedwede Verallgemeinerung ungerecht, deshalb bin ich damit vorsichtig, doch die großen europäischen Länder – um es salopp zu formulieren – beschupsen uns doch. Ich pflege ihnen also auch freundschaftlich zu sagen, wir sind nicht von gestern, also nur, weil wir nichts sagen, verstehen wir doch, was in der Welt geschieht. So hindert etwa die Causa der Sanktionen gegen Russland und das angeblich schlechte Verhältnis zu Russland die europäischen Länder nicht daran, ihren Handel mit Russland zu vergrößern, während unser abnehmen soll, und wenn wir es genau betrachten, was geschehen war, dann ist die Wahrheit, dass die großen westeuropäischen Länder die Sanktionen als ein Instrument genutzt haben, um die mitteleuropäischen Länder vom russischen Markt zu verdrängen, und sie sind dorthin gegangen und ihr Handel wächst auch. Genauso ist es mit China, also wenn die mitteleuropäischen Länder mit China kooperieren, dann wird das dort immer zur Sprache gebracht, doch wenn ich mir die Zahlen anschaue, dann sehe ich, wie sie und ihr Handel mit den Chinesen in unglaublichem Maße wachsen. Es gibt hier also eine europäische Lüge. Während sie die kleineren mitteleuropäischen Länder dadurch an der Kandare zu halten versuchen, dass sie ihr Missfallen über deren Außenpolitik zum Ausdruck bringen, machen sie zugleich in diesen Relationen das meist mögliche Geld, treiben den größten Handel, und sie haben in Wirklichkeit Angst, dass wir im Wettbewerb mit ihnen Geschäftsmöglichkeiten wegschnappen. Ich würde also aus diesem Grunde Äußerungen diesen Typs, selbst wenn sie von den Spitzenkandidaten stammen, nicht ernst nehmen, denn das ist eine deutlich erkennbare, typische Äußerung der europäischen Heuchelei. Jetzt zu unserem Verhältnis mit den Vereinigten Staaten. Meine Aufgabe ist es, für Ungarn Freunde zu sammeln, es ist also die Sache des jeweiligen Leiters der Diplomatie, des Außenministers und des Ministerpräsidenten, dass möglichst viele, in der Welt eine bedeutende Rolle spielende Länder das Gefühl haben sollen, nichts dagegen zu haben, ja sogar daran interessiert zu sein, dass Ungarn erfolgreich sei. Und je mehr Länder es dieser Art gibt, umso erfolgreicher sind wir auch selbst. Heute ist dies die Situation. Ich finde mit allen den richtigen Ton, oder zumindest habe ich gute Chancen dafür, und wir kooperieren auch mit den Chinesen, den Amerikanern sowie mit den Russen. Unzweifelhaft wahr ist, dass wir uns mit den Amerikanern in einem militärischen Bündnis befinden, und da wir dem gleichen Militärbündnis angehören und zur westlichen Zivilisation gehören, handelt es sich hierbei um ein engeres System der Verbindungen. Doch gibt es im ungarischen Denken eine Verzerrung, die natürlich ein gesondertes Gespräch oder gar eine eigene Sendung wert wäre. In Ungarn beschreiben selbst noch die klügsten Menschen, also auch die in der Außenpolitik bewanderten Menschen – ich rede jetzt also weniger über die Publizisten –, aber selbst die qualifiziertesten Menschen die Situation Ungarns in der Welt ständig auf die Weise, mit wem es sich in einem Bündnis befindet, zu wem es gehört. Demgegenüber klären die über eine gesündere Seele verfügenden Völker der Welt immer die Frage, was sie selbst in der Welt wollen, was ihre Ziele sind, sagen wir also, was die ungarischen Ziele sind, was wir erreichen wollen, und danach betrachten sie, was für Verbindungen sie ausbauen, mit wem sie in was für einem qualitativen Verhältnis sie stehen und mit wem sie welche konkreten Vereinbarungen abschließen müssen, um diese Ziele zu erreichen. Wenn die Amerikaner und die Chinesen zum Beispiel im größten Umfang auf der Welt miteinander Handel zwischen zwei Nationalstaaten treiben können, warum sollte dann zum Beispiel Ungarn nicht mit beiden gut Handel treiben können? Derartige einfache Fragen muss man stellen, und dann wird vielleicht aus der ungarischen außenpolitischen Publizistik und auch aus dem Denken jenes Minderwertigkeitsgefühl, jenes vielleicht aus dem unglücklichen Schicksal oder der geringeren Größe des Landes entstammende Minderwertigkeitsgefühl verschwinden, das ständig die Stellung, die Ziele und den Sinn der Existenz Ungarns in der Welt auf Grund des Verhältnisses zu anderen klären will.

Sie hatten dahingehend formuliert, es gebe eine Lüge in Europa. Nur eine? Ich denke daran, wie jetzt hier, etwas mehr als eine Woche vor den Wahlen in den westeuropäischen Staaten gesagt wird, im Grunde sei für Europa die Einwanderung die einzige Lösung. Was steht bei diesen Wahlen auf dem Spiel?

Ich möchte jetzt, kurz vor dem Ende der Kampagne keine starken Ausdrücke gebrauchen, denn in dieser Zeit lässt sich im Allgemeinen ein jeder gehen, und meine Aufgabe ist es eher, den Schwung des öffentlichen Diskurses zurückzuhalten. Doch die Wahrheit ist, dass es ein liberales Netzwerk oder eine liberale Mafia gibt, die gut mit Geld ausgepolstert ist, aus vielen Menschen besteht, Politiker, Journalisten, Analysten umfasst, die an der Ausbildung bestimmter Vorstellungen arbeiten, die dann eine Art System von Zusammenhängen bildend auch den Politikern als die Wirklichkeit erscheinen, und wenn diese sich vorstellen, was sie wollen, dann können sie nur in diesem System der Zusammenhänge denken. Die Einwanderung ist dafür ein gutes Beispiel. Diese liberale Mafia arbeitet daran, die Welt glauben zu lassen, aber auf jeden Fall den europäischen Kontinent, dass die Migration eine weltweite Erscheinung sei, gegen die man nichts unternehmen, die man nicht aufhalten könne. Und wenn es sich dann herausstellt, dass dies doch möglich ist, denn Ungarn hat sie auf dem Festland und der italienische Innenminister hat sie auf dem Meer aufgehalten, dann beginnen sie diese Menschen zu hassen. Als Donald Trump entschieden hatte, er werde es auch nicht zulassen, dass die Migranten Amerika überfluten, und wenn es sein muss, wird er an der Südgrenze eine Mauer bauen, fing man an, auch ihn zu hassen. Es existiert also so eine Form des geistigen einander Zuarbeitens, ein Netzwerk in Europa, das in bestimmten wichtigen Fragen grundlegend auch geistig festgelegt ist, aber auch in geschäftlich motivierten Fragen versucht, uns einen gedanklichen Rahmen aufzuzwingen. Jetzt geht es bei den europäischen Wahlen auch darum, ob wir dies akzeptieren oder daraus ausbrechen. Jetzt geht es nicht darum, ob es mehr rechte oder linke Parteien im Europäischen Parlament geben wird. Das ist zwar interessant, aber nur eine sekundäre Frage. Was auf dem Spiel steht, ist, ob es uns gelingen wird, führende Politiker zu wählen, die es wagen, sich gegen den Gedanken zu wenden, die Migration sei notwendigerweise ein Bestandteil unseres Lebens. Ob wir solche führenden Politiker wählen können, die Europa schützen, denn schließlich ist Europa das Zuhause der europäischen Menschen, und Ungarn ein Land, das das Zuhause der ungarischen Menschen ist. Ob wir dies verteidigen wollen, oder ob wir zulassen, dass sich dies verändert. Ob wir dies verteidigen wollen oder ob wir es zulassen, dass sich dies verändert, ja nicht nur, dass wir es zulassen, sondern dabei auch noch mitwirken, denn eine ganze Reihe europäischer Politiker spricht offen darüber, dass die Migration eine gute Sache sei, nur sei sie schlecht organisiert, und man müsse sie besser organisieren. Von so etwas stehen uns die Haare zu Berge, oder zumindest geht es der Mehrheit der Ungarn so damit, und wir sind der Ansicht, die Migration muss nicht organisiert, sondern gestoppt werden. Wir müssen also eine Botschaft nach Brüssel aussenden, und zwar eine starke darüber, dass wir eine Veränderung wollen, wir möchten ein Europa, das seine Grenzen auf dem Meer und auf dem Festland verteidigt, und wir möchten Brüsseler führende Politiker sehen, die die Migration nicht organisieren, sondern aufhalten möchten. Das ist die Zusammenfassung dessen, was bei den Wahlen auf dem Spiel steht.

Weber unterstützen Sie nicht. Gibt es einen Kandidaten, den Sie unterstützen können?

Es wird einen geben.

Wann?

Nach den Wahlen. Wir warten es ab, bis die Menschen ihre Meinung artikulieren, wir werden sehen, in welchem Land welcher politische Akteur Unterstützung in welchem Ausmaß erhält. In Kenntnis dieses Volkswillens werden sich die europäischen Ministerpräsidenten zusammensetzen, dies wird bereits zwei Tage nach den Wahlen, am 28. Mai geschehen, und dort beginnen wir die Verhandlungen über die Auswahl der zukünftigen führenden europäischen Politiker. Auch das Parlament spielt hierbei eine Rolle, denn es billigt dann oder es billigt dann nicht die Vorschläge der Ministerpräsidenten, doch die Initiative und der erste Schritt, das Recht der ersten Entscheidung liegt in der Hand der Ministerpräsidenten. Wir versuchen, möglichst schnell Europa gute führende Politiker zu geben.

Wie sehen Sie es, welches Ziel verfolgt die Europäische Kommission damit, dass sie seit zwei Monaten über den Zuschuss für jene, die ein Baby erwarten, Gespräche führt, Beanstandungen erhebt, macht, einmal sagt, sie habe wettbewerbsrechtliche Zweifel, ein anderes Mal, es ergebe sich die Frage nach einer verbotenen staatlichen Unterstützung. Warum tun sie das?

Die Beschuldigung mit oder die Frage der verbotenen staatlichen Unterstützung ist fadenscheinig im Hinblick darauf, dass wenn Migrantenbankkarten ausgegeben werden müssen, dann gibt es so ein Problem natürlich nicht. Ich bin der Ansicht, in der Tiefe der Dinge zieht sich ein Unterschied in der Weltsicht dahin. Jene, die dort in Brüssel sitzen, in dieser großen Blase, und ihr Leben untereinander verleben und nur selten mit echten europäischen Menschen aus Fleisch und Blut zusammenkommen, mit den das Rückgrat des echten lebenden Europa, die Masse bildenden Menschen, sie glauben, die Welt müsse man auf dem Papier auf Grund von Zahlen verwalten. Und da in Europa so gut wie in allen europäischen Ländern die natürliche Bevölkerung abnimmt, oder die natürlichen demographischen Tendenzen negativ sind, und selbst dort, wo jetzt mehr Menschen leben als vor einem Jahr, auch dort ist diese Situation nicht durch die natürliche Vermehrung entstanden, sondern auf Grund äußerer Einwirkungen, wie zum Beispiel durch die Migration. Europa ist also im Augenblick der Kontinent der leeren Wiegen, welchem Umstand man Abhilfe leisten muss. Wir möchten ja auf Grund patriotischer Gefühle hieran etwas verändern, da wir der Ansicht sind, wie das der Dichter János Arany im 19. Jahrhundert formuliert hatte, wenn der liebe Gott keine weiteren Ungarn mehr haben wird, dann ist das auch für die Welt von Nachteil, aber für uns besonders. Wir werden also durch patriotische, nationale Gefühle motiviert, diese Frage ernst zu nehmen. Und andere Länder nehmen sie aus dem Grund ernst, weil sie den Eindruck haben, hieraus würden sich wirtschaftliche Probleme ergeben, und auch darin steckt Wahrheit. Sie denken dahingehend, dass wenn es wirtschaftliche Probleme geben wird, da die Zahl der alten Menschen hoch sein wird, jedoch jene der im arbeitsfähigen Alter niedrig, dann stellt sich – wenn keine Kinder geboren werden – die Situation ein, dass wenn sie dieses wirtschaftliche Problem lösen müssen, sie der Ansicht sind, die Zahlen würden dann in Ordnung sein, wenn man mindestens so viele Migranten hereinholt, wie die Zahl der Bevölkerung des jeweiligen Landes abnimmt, und dann ist das Problem gelöst. Ich sage immer, wir brauchen keine Zahlen, sondern ungarische Kinder, denn wir wollen nicht ein Wirtschaftssystem am Leben erhalten, sondern Ungarn und die ungarische Nation sowie die ungarische Geschichte sowie den Fluss oder die Fortsetzung unserer eigenen Familien über mehrere Generationen hinweg befördern. Aus diesem Grunde verfolgen wir eine Familienpolitik. Der Ausdruck „Familienpolitik“ gehörte auch noch vor einigen Jahren zu den nicht akzeptierten Ausdrücken. Als ich ihn in Europa zu gebrauchen begann, galt ich dort als alles Mögliche, aber nicht als anständiger Mensch, sie nannten mich angefangen mit Faschist über homophob noch alles mögliche andere auch, worüber sie annehmen, das würde etwas Schlechtes bedeuten. Nationalist, es gab einfach alles… Ich führe, wir führen einen langen Kampf, jetzt schon seit zwei-drei Jahren, um in Europa anerkennen zu lassen, dass die Familienpolitik eine gute Sache, eine wichtige Sache ist, und hinzu kommt noch, dass darauf auch jeder Mitgliedsstaat das Recht besitzt. Die Antipathie gegen das Programm der Unterstützung der Babys, die erwartet werden, entspringt daraus, dass jene, die die europäischen demographischen Probleme mit Hilfe der Migration lösen wollen, eine Abneigung gegenüber der Familienpolitik empfinden; und das ist auch umgekehrt so: Wir, die  die europäischen und unsere Probleme mit Hilfe der Familienpolitik lösen wollen, verspüren eine Abneigung gegenüber der Migration, und da es zur Zeit in Europa die Migration befürwortende, diese unterstützende führende Politiker gibt, zeigt sich dies auch auf diesem Gebiet. Unter uns gesagt – damit wir die juristische Lage klar sehen – geht es hier darum, dass wir natürlich das Recht haben eine Unterstützung für die auf die Welt kommenden Babys einzuführen, nur möchten wir jene Situation unbedingt vermeiden, dass nach der Einführung die Europäische Kommission ein juristisches Verfahren einleitet, und da Menschen an dem Programm für die auf die Welt kommenden Babys teilnehmen – es geht hier also um die finanzielle Planung der Familien – möchten wie nicht, dass es nachträglich zu einer Änderung kommt, weil die Europäische Union ein Verfahren gegen uns einleitet. Im Interesse der Sicherheit des ganzen Programms haben wir Brüssel gebeten, im Voraus eine Genehmigung zu geben, es soll es also untersuchen und im Voraus sagen, ob es gut, ob es akzeptabel ist, und bringen wir uns nicht gegenseitig, das heißt die ungarischen Familien, die Banken, das Budget, den ungarischen Staat in die Lage, etwas anzufangen, was er dann zu stoppen oder zu korrigieren gezwungen ist. Das Wesen der Unterstützung der Familien ist gerade die Berechenbarkeit, und deshalb dürfen wir in das Denken und die Planung der Familien kein unberechenbares Element einführen. Deshalb haben wir sie um eine sogenannte vorherige Genehmigung gebeten, und diese wollen sie nicht geben. Wenn wir sie in der Hand haben, dann kann man uns von da an nicht mehr angreifen. Das ist der juristische Aspekt der Debatte.

Ja, aber man könnte ja auch denken, sie würden sehen, dass dieses Programm über eine gesellschaftliche Unterstützung verfügt. Warum unterstützen sie es dann nicht? Oder interessiert es sie nicht, wie die Menschen, wie die Wähler in Ungarn denken?

Sie nähern sich an dieses europäische Problem, das wir das demographische Problem nennen, in der Sprache der Zahlen an, und sie wollen es mit Hilfe der Einwanderer lösen. Ich sage es noch einmal: Wenn jemand darüber spricht, dass ihm sein eigenes Volk, seine eigene Art, seine eigene Familie, die historische Kontinuität wichtig ist, dass er nicht möchte, dass andere Menschen in seinem Land leben sollen, wenn wir es schon über tausend Jahre so gut verteidigt haben, und so viele ihr Leben dafür geopfert haben, damit wir dieses Land schützen können, dann ruft diese Denkweise, die Annäherung selbst, die Wörter, die wir gebrauchen, die Gefühle, die wir mit diesen Wörtern ausdrücken, in Brüssel Abneigung hervor. Das ist eine andere Welt, sie denken im Rahmen einer über den Mitgliedsstaaten stehenden europäischen Superregierung, die sagt, was gut und was schlecht ist, die von den Mitgliedsstaaten immer mehr Befugnisse wegnimmt. Es interessiert sie nicht, ob es innerhalb der europäischen Gemeinschaft Ungarn gibt oder nicht, sie wollen diesen Wirtschaftsraum entsprechend ihrer eigenen wirtschaftlichen Logik auf sinnvolle Weise steuern und organisieren. Deshalb wollen sie Befugnisse wegnehmen. Auch jetzt gibt es zwei Debatten, nur schwelen sie jetzt, denn für den Wahlkampf erscheinen sie nicht als wichtig. Doch musste ich auch zuletzt derartige Attacken auf der Beratung der Ministerpräsidenten abwehren, die darauf abzielten, dass zum Beispiel in der Außenpolitik, wo die Regel derzeit lautet, dass wenn wir einen gemeinsamen europäischen außenpolitischen Schritt unternehmen wollen, dazu absolute Einstimmigkeit notwendig ist, wir dies dahingehend verändern sollten, dass ab jetzt auch eine qualifizierte Mehrheit ausreichen sollte. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass man die die nationalen Interessen Ungarns zum Ausdruck bringenden außenpolitischen Schritte, sofern sie nicht über eine Unterstützung von zwei Dritteln verfügen – und wie könnte ich so eine Unterstützung erreichen? – verwerfen, angreifen, außer Acht lassen kann, und wir unser Recht auf eine eigenständige Außenpolitik verlieren. Doch das gleiche besteht auch im Steuersystem. Brüssel denkt also ständig an sich wie an eine imperiale Zentrale, und es will die zu der Kompetenz der Nationalstaaten, der hier lebenden Menschen gehörenden traditionellen Entscheidungen wegnehmen, sie an sich ziehen, um ein europäisches Imperium, ein liberales europäisches Imperium errichten zu können. Sie glauben daran, dass dies gut sei. Es kann sein, dass dies für die Brüsseler gut ist, aber für die Ungarn ist es dies unserer Ansicht nach keinesfalls gut.

Die Nachricht ist für uns auf jeden Fall gut, dass sich die GDP-Angaben im ersten Vierteljahr sehr schön gestalten. Es ist um 5,3 Prozent angestiegen, und – umgangssprachlich gesagt – weder den EU-Durchschnitt noch die deutschen Daten kann man hinter uns in der Kurve sehen. Wie kann man dies aufrechterhalten? Sie haben vor einigen Monaten – ich erinnere mich noch daran – formuliert, man müsse danach streben, auf der Jahresbasis den Anstieg des GDP anhaltend auf über 4 Prozent zu halten, und man müsse unbedingt danach streben, dass die ungarischen Daten immer um 2 Prozent höher liegen als der europäische Durchschnitt.

Nun, jetzt kann ich die 4 Prozent auch schon in Klammern setzen, ich sage lieber, das ungarische Wirtschaftswachstum soll immer um 2 Prozent höher liegen als der EU-Durchschnitt. Aber auch hier, am Stamm, bei den Wurzeln dieser Ergebnisse oder dieses Erfolges findet sich, was wir über uns selbst denken, was wir über die Menschen denken. Verschiedene führende Politiker, verschiedene Parteien denken jeweils etwas anderes über ihr eigenes Volk und über ihre eigene Heimat. Ich habe auch in 2010 und vielleicht auch schon seit meiner Kindheit immer gedacht, dies ist ein gutes Land, man muss es nur in Ordnung bringen. Die Ungarn sind bereit zu Arbeiten, wenn es einen Sinn hat, ja sie arbeiten gerne, das habe ich mein ganzes Leben über getan, man muss nur ein Wirtschaftssystem aufbauen, in dem die Menschen Arbeitsmöglichkeiten haben und es sich lohnt zu arbeiten. Die Ungarn sind gute Arbeiter, gute Landwirte, sie sind zu ernsthaften geistigen Leistungen in der Lage, hinzu kommt noch, dass sie ihre Heimat lieben, sie sehen also in der Arbeit nicht nur ihr eigenes Vorankommen und das ihrer Familie, sondern es erfüllt sie mit Freude, wenn sie sehen, wie auch das Land aufgebaut wird. So sehe ich Ungarn. Deshalb mussten wir eine Wirtschaftspolitik ausformen – und das 2010 eingeführte ungarische Modell basiert genau hierauf –, damit ein jeder Arbeit hat. Und wenn jeder eine Arbeit haben wird, ja eine immer bessere Arbeit haben wird, und er eine Rückmeldung darüber erhält, dass es sich zu arbeiten lohnt, also das heißt dass sein Lohn steigen wird, und in Ungarn steigen gegenwärtig die Löhne, dann wird auch die Anerkennung zunehmen, die er für seine Arbeit bekommt. So werden sich die Ungarn immer besser fühlen und werden deshalb zu immer besseren Leistungen in der Lage sein, und der ganze Prozess wird auf eine sich selbst beschleunigende Weise eine Leistung von immer höherem Niveau zum Ergebnis haben. Das war meine Überlegung zu dieser Annäherung, auf diese – nennen wir sie – patriotische, die Heimat liebende Annäherung ist die gesamte ungarische Wirtschaftspolitik aufgebaut, und danach gelang es zu erreichen, dass ein jeder Arbeit hatte, es gelang ein Steuersystem einzuführen, angesichts dessen die Menschen das Gefühl haben können, es lohne sich zu arbeiten, ihre Arbeit habe einen Sinn. Es gelang eine Investitionspolitik zu etablieren, dass immer neue Arbeitsplätze entstanden, deshalb begann die ungarische Wirtschaft zu funktionieren und sie erbringt Ergebnisse. Ich sage es noch einmal: Das hat gerade 5,2 Prozent gebracht, das wird auch noch besser werden, und es wird auch noch weniger werden. Historisch wichtig ist, dass wir mindestens um 2 Prozent über dem Wachstumsdurchschnitt der Europäischen Union liegen. Dies bedeutet, dass wir wettbewerbsfähiger als unsere europäischen Mitbewerber sind, und hiervon hängt unsere Zukunft ab.

Vielen Dank. Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.