Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
17. September 2021

Katalin Nagy: Wir haben den 15. Jahrestag, dass die Rede von Őszöd durchgesickert ist. Wenn man diese Worte hört, dann denkt man daran, dass dieses Land auch so verantwortungsvolle Ministerpräsidenten wie Graf Lajos Batthyány oder István Bethlen besaß. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Was denken Sie über diese Rede, hat sich Ihre Meinung während der 15 Jahre verändert?

Ich gehöre zu jenen – guten Morgen! –, die keinen Grund hatten, ihre Meinung zu ändern. Das war auch damals ein Moment in der ungarischen Politik, der die Menschen erstarren ließ, und wie oft man sie auch wieder hört, hat sie auch heute noch eine erstarrende Wirkung. Aber am erstarrendsten, ich sage nicht, am furchterregendsten, denn über diesen Punkt sind wir vielleicht schon hinweg, doch ist es eine erschreckende Sache, dass die Person, die die ganze Situation verursacht, die Rede gehalten, die Menschen getäuscht hat, danach mit Hilfe von Lügen an die Regierung gekommen ist, das Geld der Menschen weggenommen und danach das Land in den Bankrott geführt hat, dass der gleiche Mensch auch heute der führende Politiker der Linken ist. Das ist also nicht die Vergangenheit, über die wir reden, sondern die mit uns zusammen lebende Vergangenheit, die hier ist, und die ständig zurückkommen will. Wenn ich über meine eigene Arbeit nachdenke, in deren Mittelpunkt natürlich nicht die Rede von Őszöd und die Linke stehen, sondern das Land und die Menschen, und wir die Entscheidungen treffen, durch die wir das wieder in Ordnung zu bringen versuchen, was in der Zeit um die Rede von Őszöd und danach falsch gemacht worden ist; vergessen wir also nicht, dass es nicht nur darum geht, wie die Menschen blutig geschlagen und betrogen wurden, und wie gegen die Menschen regiert wurde – worüber sich herausstellte, dass es nicht möglich ist, da es schwerwiegende Konsequenzen besitzt –, und wie all dem auch wirtschaftliche Schritte vorausgingen oder vorangingen. Sie haben die 13. Monatsrente weggenommen, sie haben den Menschen ein Monatsgehalt weggenommen, sie haben das System zur Unterstützung der Familien weggenommen, in Europa lag im Vergleich zu den Gehältern der Preis von Gas und Strom am höchsten, denn sie hatten die Preise auf das Zwei- bis Dreifache erhöht. Heute lebt noch die politische Erinnerung dieser Rede am meisten mit uns zusammen, doch besaß sie eine wirtschaftspolitische, sehr schwerwiegende Konsequenz für das Land. Man hat Jahre der Leben von Menschen weggenommen, nur um die mit Hilfe einer Lüge errungene Macht behalten zu können und schließlich haben sie das Land in den Bankrott geführt. Diese Geschichte, so insgesamt, ist es, was bis auf den heutigen Tag uns jene Jahre auf schmerzliche Weise in Erinnerung ruft. Und man denkt nur daran, wie gut es ist, dass dies schon Vergangenheit darstellt, und wie gut es ist, dass es etwa noch ein Jahr dauert, und auch die letzte böse Erinnerung wird aus unserem Leben verschwinden, wenn es gelingen wird, die 13. Monatsrente den Rentnern wieder zurückzugeben, wir werden jetzt schon die Rente auch für die zweite Woche im kommenden Jahr zurückgeben können, vielleicht sogar noch mehr, dann werden wir sagen können, das System zur Unterstützung der Familien ist wieder etabliert, wir haben die Wohnungsunterstützungen wieder gestartet, was sie weggenommen haben, haben wir alles zurückgegeben, wir erhöhen die Löhnen, der Minimallohn steigt auf 200 tausend und auch die Rentner bekommen alles zurück, was Ferenc Gyurcsány und Konsorten ihnen weggenommen haben. Wenn das alles geschehen sein wird, werden wir sagen können, wir haben die Rede von Őszöd vollständig hinter uns gelassen.

Ferenc Gyurcsány hat gelogen, provoziert, die Wähler zusammenschlagen lassen, und die Orbán-Regierung ist der Ansicht, man könne zwischen den Wahlen auf die Weise mit den Wählern kommunizieren, indem man Punkte der Übereinstimmung anstrebt, Konsultationen einleitet. Jetzt haben Sie die letzte abgeschlossen, die detaillierten Ergebnisse liegen darüber vor, was die Bürger über die wichtigsten Aufgaben denken, die jetzt vor Ungarn stehen. Es ist ja möglich, jetzt den Minimallohn auf 200 tausend Forint anzuheben, denn das war ja die eine Frage. Nur stellt sich einem die Frage, dass auch zum Neustart der Wirtschaft Geld notwendig ist. Brüssel hält aber noch immer die für den Neustart nötigen Quellen zurück. Mussten aus dem Grund Anleihen ausgegeben, ein so genannter Kredit aufgenommen werden, damit wir dieses Geld vorausstrecken?

Betrachten wir die Dinge nacheinander! Die nationale Konsultation ist also tatsächlich zu einer wichtigen Institution, zu einer wichtigen Praxis der ungarischen Politik geworden. Ich sage nicht, die Rede von Őszöd sei die Inspiration dazu gewesen, denn das wäre doch stark, denn die Rede von Őszöd liegt tatsächlich jenseits aller normalen menschlichen, moralischen Überlegungen, sie – so glaube ich – inspiriert niemanden zu etwas, sondern haut den Menschen um, und löst schlechte Laune aus, so oft sie einem in den Sinn kommt. Ich würde eher sagen, dass wir irgendwann zu Beginn der neunziger Jahre, als es in Ungarn zum Systemwechsel kam, wir ein bisschen auf idealistische Weise grundlegend alle möglichen guten Dinge über die Demokratie gedacht haben, und wir waren bestrebt oder wir dachten, es würde einmal in Ungarn gelingen, eine Regierung zu bilden, die nicht nur alle vier Jahre die Menschen nach ihrer Meinung fragt, das nennen wir Wahlen, und den Menschen das Recht zur Entscheidung gibt, sondern Methoden zu finden versucht, damit die Menschen auch zwischen zwei Wahlen die Möglichkeit haben, ihre Meinung zu artikulieren. Und die Nationale Konsultation ist so ein Instrument. Diese haben wir, soweit ich mich erinnere, noch irgendwann zu Beginn der 2010er Jahre eingeführt, als wir die neue Verfassung, das Grundgesetz schreiben wollten, und zwar mit sehr großem Erfolg, bereits damals haben uns schon mehr als eine Million Menschen ihre Meinung zurückgeschickt. Und aus diesem Grund steht unsere Verfassung auf so festen Beinen und übersteht die Stürme der Gezeiten, so wie wir alle das Tag für Tag sehen können, dass man diese konstitutionelle Ordnung weder von außen noch von innen spalten oder umstürzen kann. Dies ist zum Teil dem Umstand zu verdanken, dass wir die Menschen in seine Errichtung miteinbezogen haben. Und später hatten wir dann Nationale Konsultationen über wirtschaftliche Fragen, soziale Fragen, über die Rente, dann über die Migration, also konnte ein jeder in Ungarn, der der Ansicht war, er möchte zwischen zwei Wahlen seine Meinung in der Angelegenheit der einen oder der anderen wichtigen, uns bevorstehenden Entscheidung mitteilen, konnte dies tun. Das ist meiner Ansicht nach eine große Errungenschaft des heutigen politischen Lebens. Wir und ich hatten das Gefühl, jetzt sei eine Konsultation notwendig, denn die Epidemie wird unser Leben verändern. Das Leben der europäischen Menschen wird sich also nicht auf die Weise fortsetzen, ja das gilt für die gesamte Weltwirtschaft, wie es vor der Krise, vor der Epidemie war. Wir stehen vor einem schwierigen Jahrzehnt, dessen u.a. ein Charakterzug die wiederkehrende, immer neue Welle von Epidemien sein wird, und zwar – was noch hinzukommt – vermischt mit Migrationswellen. Wir werden also das Zeitalter der Migrationen und der Epidemien erleben, und darauf muss man sich vorbereiten. Und es ist gut, wenn die Menschen wissen, dass uns so eine Periode bevorsteht, und sie die Möglichkeit haben, mitzuteilen, welche jene sicheren Punkte in diesem neuen Zeitalter es sind, auf die sie bestehen. Deshalb mussten wir über den Minimallohn reden, darüber, ob es zum Beispiel eine eigene ungarische Kapazität für die Herstellung von Impfstoffen geben soll, was keine billige Sache ist, aber schließlich muss es diese laut mehr als 90 Prozent der Antwortenden geben. Deshalb mussten wir über die Familien reden, denn in den kommenden Jahren werden wir auf Herausforderungen treffen. Die Westler bzw. das Europäische Parlament wollen ständig, dass die Erziehung der Kinder von den Eltern in die Hände der politischen Aktivisten übertragen werden soll. Dem muss man widerstehen. Wir müssen dann gegenüber Brüssel in der Angelegenheit der Migration für unsere eigene Souveränität und unsere Rechtsbefugnisse einstehen. Das werden alle politischen Entscheidungen sein, die mit schwierigen und ernsthaften Konsequenzen einhergehen. Und in der nationalen Konsultation sehe ich das Instrument, mit dem wir Punkte der Übereinstimmung schaffen können. Ich denke also nicht nur und nehme nicht nur an, was in dem Kopf der Menschen im Zusammenhang mit der einen oder der anderen Frage vorgeht, wenn ich mich sagen wir in Brüssel von Zeit zu Zeit gegen zwanzig Ministerpräsidenten und gegen die gesamte Brüsseler Bürokratie wenden muss, sondern ich weiß wegen der Konsultation genau, was die Menschen im Übrigen über diese Frage denken. Und wem das Land wichtig ist, wem das öffentliche Leben wichtig ist, und wer artikulieren wollte, was er denkt, der hat das auch getan. Und wenn ich spreche, dann vertrete ich nicht nur meinen eigenen Standpunkt, sondern kann mit Sicherheit wissen, dass ich den Standpunkt des ganzen Landes vertrete, deshalb besitzt die nationale Konsultation eine große Bedeutung. Wir waren, auch ich war immer bestrebt, dass es nach den Konsultationen Konsequenzen gab, dass also aus den im Rahmen der Konsultationen mitgeteilten Meinungen politische, Regierungsentscheidungen hervorgingen. Die eine solche Entscheidung haben wir bereits auch schon getroffen. Wir haben die Menschen über die Aufrechterhaltung des Kreditmoratoriums gefragt, und über 90 Prozent vertraten die Meinung, dass es für jene, die darauf angewiesen sind, aufrechterhalten werden muss, auch für die darauf angewiesenen Klein- und mittleren Unternehmer, in deren Fall die Einnahmen um mehr als 25 Prozent zurückgegangen sind, und auch im Fall der Familien, die darauf angewiesen sind, sollten die Möglichkeit haben, dass für sie das Kreditmoratorium weitergeht, wenn sie zu dem Ergebnis kommen, dass dies für sie besser sei, als wenn sie mit dem Abbezahlen des Kredits fortfahren. Hierüber haben wir auch schon entschieden, doch werden wir dann noch einige solcher Entscheidungen am Montag im Parlament haben, wenn die Sitzungsperiode, die Herbstsitzungsperiode beginnt, darüber kann ich dann auch noch sprechen. Und danach über die Quellen. Wir hatten uns ja inmitten der Pandemie ein grandioses Ziel gesetzt. Wir haben dies mit dem Herrn Finanzminister, der für ein wichtiges Segment, einen wichtigen Teil der Wirtschaftspolitik verantwortlich ist, ausführlich diskutiert, wie wir dann im wirtschaftlichen Sinne so aus dieser Krise werden hervorgehen können, dass wir zugleich sehen, wie sich auch die vierte Welle vorbereitet. Und wir haben uns dazu verpflichtet, dass wir auf einer Beschleunigungsbahn hervorgehen werden, solche Entscheidungen treffen, durch die wir bereits in diesem Jahr, 2021, das Wirtschaftswachstum über 5,5 Prozent anheben können. Dies wäre von allein nicht gegangen, das Ergebnis wäre nicht einmal annähernd das gleiche gewesen, wenn wir die Wirtschaft nur so sich selbst überlassen und die Zügel hätten schleifen lassen, da hätte dieses Wachstum die 5,5 Prozent nicht einmal annähernd erreicht. Mit Hilfe bestimmter Regierungsmaßnahmen konnten wir, dafür gibt es bestimmte Vorgehensweisen, da hatten wir das Gefühl, die 5,5 Prozent anpeilen zu können. Jetzt kann man deutlich sehen, dass nach allem menschlichen Ermessen, das Jahresende ist zwar noch weit entfernt, doch wird auch dies gelingen. Und dann können wir große Dinge vollbringen, dann können wir tatsächlich den nächsten Teil, den für eine Woche, von der 13. Monatsrente zurückgeben, dann können wir das Einkommen der Jugendlichen unter 25 Jahren tatsächlich von der Steuer befreien, dann können wir tatsächlich den während der Pandemie am meisten gebeutelten Familien die durch sie tatsächlich eingezahlte Einkommenssteuer bis zu einer gewissen Grenze zurückzahlen, und dann werden wir ein schönes Jahr 2022 haben; obwohl wir unter der Epidemie gelitten haben. Woher kommt nun das Geld? Das Geld entspringt der Arbeit. Es kann sein, dass dies so früh am Morgen eine schlechte Nachricht ist, doch muss jeder Ungar wissen, und ich kann ihnen leider keine bessere Nachricht als diese mitteilen: Wir können nur davon leben, wofür wir gearbeitet haben. Hier hat man uns nach dem I. Weltkrieg jene Möglichkeiten, Gebiete und Ressourcen genommen, wo im Übrigen Mineralschätze, Meeresküste, Gebäudeholz, also überhaupt derartige Ressourcen zu finden waren, die man als „natürliche Gegebenheiten“ bezeichnet. Auch das derzeitige Ungarn ist fantastisch, ausgezeichnet für die Landwirtschaft geeignet, wir haben auch Gewässer, aber derartige Energiequellen und Rohstoffquellen, die zahlreichen Ländern zur Verfügung stehen, da sie diese zum Beispiel nicht verloren oder sie schon immer besessen haben, diese besitzen wir nicht. In diesem Land können wir also nur von dem Leben, wofür wir gearbeitet haben. Hier haben alles entweder die physische Arbeit oder die geistige Kraft erschaffen, wenn wir also arbeiten, dann gibt es Geld, wenn wir nicht arbeiten, gibt es kein Geld. Wenn wir die Wirtschaft auf Hilfen aufbauen, gibt es kein Geld, und am Ende gehen wir bankrott. Wenn wir sie auf Arbeit aufbauen und das Leben des Landes gut organisieren, dann gibt es Geld. Und deshalb ist es gut, wenn ein jeder weiß, dass wir nach 2010 von dieser auf Hilfen basierenden, Gyurcsányschen, die Menschen von der Arbeit abbringenden Wirtschaftspolitik sozialistischen Typs eine auf Arbeit basierende Wirtschaft aufgebaut haben. In Ungarn arbeiten heute mehr Menschen als jemals nach 1990. Deshalb funktioniert also die Wirtschaft, deshalb gibt es Geld, und auch aus Brüssel kommt das ganze Jahr betrachtet mehr Geld, als wir einzahlen, aber wenn ich daraus das subtrahiere, was die Westler, die die Lieblinge der Brüsseler sind, jedes Jahr aus diesem Land mit hinausnehmen, dann ist diese Bilanz schon negativ. Deshalb sage ich immer, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist nicht aus dem Grund wichtig, weil wir jetzt von dort Geld erhalten, denn in Wirklichkeit wird von uns mehr Geld ausgeführt, als wir bekommen, das ist nicht das Wesentliche, hier haben wir eher etwas Verlust. Die Europäische Union ist für uns wichtig, denn sie bietet Ungarn einen Markt. Wir können also unsere Arbeit, durch die wir Waren, Produkte, Dienstleistungen herstellen, verkaufen. Wir können also dann in Ungarn eine auf Arbeit aufbauende Wirtschaft mit einem hohen Lebensniveau verbinden, wenn die Früchte unserer Arbeit nicht nur durch diese zehn Millionen Menschen konsumiert werden, denn wir sind zu wenige Menschen, damit daraus so eine blühende Wirtschaft werden könnte, sondern wir haben Zugang zu dem 400 Millionen Menschen umfassenden Markt der Europäischen Union, und dann gibt es Geld. Wir müssen uns also deshalb für die Europäische Union engagieren, und wir müssen aus diesem Grund in ihr verbleiben, und deshalb sage ich, auch wenn sie knackt und knistert, wir werden zu den letzten gehören, die noch dort in der EU anwesend sein werden, wenn sie einmal ihre Laufbahn beenden wird. Wir müssen aus dem Grund dort sein, weil wir unsere durch Arbeit hergestellten Produkte nur auf diese Weise verkaufen können, und wenn wir sie verkaufen können, dann gibt es Geld. Nicht die Brüsseler Gelder sind interessant. Hinzu kommt noch, dass die Wiederaufbaugelder Kredite sind. Ich sehe, dass es in der ungarischen Öffentlichkeit in dieser Hinsicht ein vollkommenes Durcheinander gibt, doch möchte ich klarstellen, dass das Geld, das Brüssel als Quellen für den Wiederaufbau den Mitgliedsstaaten zur Verfügung stellt, ein Kredit ist. Und da Brüssel jetzt das Geld aus politischen Gründen nicht hergeben will, da wir im Zusammenhang mit den LGBTQ-Gemeinschaften eine Debatte haben und nicht zulassen wollen, dass ihr Wille zur Geltung kommen soll, also dass sie in die Schulen gehen dürfen, und in der Erziehung unserer Kinder auch nur irgendeine Rolle spielen. Hierbei steht das Recht zur und das ausschließliche Recht der Entscheidung über die Erziehung der Kinder den Eltern zu. Sie wollen uns dies wegnehmen, deshalb geben sie uns diese Gelder nicht, doch sind das Kredite. Diese müssen wir dann wieder zurückzahlen. Es stimmt zwar, wir nehmen sie gemeinsam mit der gesamten EU auf, also gemeinsam mit allen anderen Mitgliedsstaaten, und wir zahlen sie gemeinsam zurück, doch den auf uns entfallenden Teil müssen wir, wenn wir diesen Kredit aufnehmen, dann wieder zurückgeben. Und tatsächlich sind im Übrigen Quellen zur Entwicklung der Wirtschaft nötig, besonders nach der Epidemie, und wenn der Brüsseler Kredit nicht kommt, dann gehen wir allein auf den Geldmarkt hinaus, und ergänzen von dort die fehlenden Quellen. Dies hat der Finanzminister in der vergangenen Woche auf geniale Weise vollbracht und mit Hilfe einer komplizierten Konstruktion den vielleicht mit den vorteilhaftesten Bedingungen aller Zeiten erreichbaren Kredit nach Ungarn gebracht, es ist also egal, was Brüssel macht, Ungarn steht finanziell auf derart sicheren Grundlagen, dass wir alle unsere wichtigen, nach der Krise notwendigen Investitionen starten können.

Die Zahlen zeigen, dass die vierte Welle der Pandemie ansteigt. Im Laufe des gestrigen Tages haben sich 458 Menschen infiziert, und ziemlich viele Leute sind auch schon im Krankenhaus. Erwägen Sie nicht, das Tragen der Maske eventuell wieder vorzuschreiben? Wir sehen es im Übrigen im öffentlichen Verkehr oder in den großen Einkaufszentren, dass viele Menschen sie von selbst tragen, es ist nicht vorgeschrieben, doch tragen sie die Maske.

Natürlich, wer es als nötig erachtet und der Ansicht ist, diese würde ihn schützen oder diese helfe am meisten darin, selbst nicht andere Menschen anzustecken, sollte sie tragen, denn die Maske ist eher dafür nützlich, wenn man selber infiziert ist, diese Infektion nicht weiterzugeben. Auch ich ermuntere sie, das zu tun. Doch muss ich hinzufügen, das ist nicht die Lösung. Ich möchte aber auch niemanden davon abbringen, denn wenn jemand das Gefühl hat, dadurch auch persönlich zu seiner eigenen Sicherheit und der des Landes beizutragen, dann soll er es tun, dann soll er vorsichtig sein. Der Ausgangspunkt ist, dass es eine vierte Welle geben wird, das sagen wir seit Monaten. Ich glaube nicht, dass jene vierte Welle, die zahlreiche Länder Europas erreicht hat, dann an unseren Staatsgrenzen stehenbleiben wird. Die Frage ist nicht, ob es sie geben wird, sondern wie schwerwiegend sie sein wird. Und dies hängt davon ab, wie viele Menschen sich impfen lassen. Wir sind zu Recht stolz darauf, dass das schnellste Impfprogramm oder eines der schnellsten in Europa gerade jenes von Ungarn war, und wir sind auch stolz darauf, dass man die dritte Impfung vollumfänglich zuerst in Ungarn erhalten kann, Zugang zu ihr bekommt. Wir können sagen, es ist besser, wenn es die dritte Impfung gibt, als wenn es sie nicht gibt. Wenn jemand der Ansicht ist, diese sei notwendig, und er meldet sich an, dann wird er die dritte Impfung innerhalb von zwei Wochen erhalten, an welchem Punkt des Landes er auch wohnt. Die Handlungsfähigkeit zur Verteidigung muss unbedingt erhalten werden, die Handlungsfähigkeit im Gesundheitswesen und die der Regierung. Wir benötigen eine schnellere Handlungsfähigkeit, als sie in der normalen, parlamentarischen Ordnung auch ansonsten gewährleistet ist, deshalb werden wir den Zustand der Gefahrensituation und der außerordentlichen Rechtsordnung bis zum Ende des Jahres verlängern. Die Isolierung, die Quarantäne, die Maske usw. – ich sage es noch einmal – lösen unser Problem nicht. Das ist ein Virus, das einen jeden findet. Nur die Impfung hilft. Die Alten sind in Gefahr, wer sich also nicht impfen lässt, geht ein Risiko ein. Alle Experten des Seuchenschutzes stimmen darin überein, dass die Impfung funktioniert, und wenn die Impfung funktioniert, dann funktioniert auch das Land, und wer sich impfen lässt, für den ist die Chance, durch das Virus erneut oder das erste Mal infiziert zu werden, auch im Fall von alten Menschen äußerst gering, im Vergleich zu dem Zustand, wenn er sich nicht impfen ließe. Es werden alle möglichen Zahlen genannt. Es gab Stimmen, die zehnfache und noch höhere Multiplikatoren angaben, um wie viel geringer das Risiko sei, wenn man sich impfen lässt. Ich ermuntere also alle ungarischen Staatsbürger, besonders die Alten, denn sie sind in Gefahr. Wer unter einer chronischen Krankheit leidet, den ermuntere ich zusätzlich dazu, wer unter einer tumorösen Krankheit leidet, den ermuntere ich besonders, wer eine Organtransplantation durchgemacht hat, den ermuntere ich auch, sich impfen zu lassen, denn sie sind während der vierten Welle einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt. Ich kann sie nicht zwingen, die Regierung kann sie nicht zwingen, sich impfen zu lassen. Ungarn ist ein Land, in dem in so einer Situation ein Großteil der Menschen die obligatorische Impfung nicht akzeptiert. An bestimmten Orten, im Gesundheitswesen, zum Beispiel für die im Gesundheitswesen Arbeitenden kann man so etwas vorschreiben. Wir reden darüber, ob einzelne Arbeitgeber dies ihren Angestellten vorschreiben dürfen oder nicht, das ist eine große Debatte, diese können wir jetzt noch nicht abschließen, wir können aber in Ungarn keine obligatorische Impfung allgemein für alle anordnen, das akzeptieren die ungarischen Menschen nicht, doch muss man einen jeden ermuntern, sich impfen zu lassen, jede einzelne Impfung vermindert das Risiko, dass die vierte Welle schwerwiegend sein wird. Die Jugendlichen glauben, weil sie dadurch jung sind, dass ihnen nichts zustoßen könne und sie unverwundbar seien. Dem ist nicht so, das ist ein Virus, das auch sie trifft, und die Impfung ist eine kugelsichere Weste auch für die Jugendlichen. Ich bitte auch die Jugendlichen, sich impfen zu lassen. Je mehr von uns geimpft sein werden, umso weniger schwerwiegend wird die vierte Welle sein.

Ja, nur steigen die Zahlen unter denen, die sich auch die erste Impfung nicht haben verabreichen lassen, nur so langsam, denn das ist tatsächlich zu sehen, dass die Menschen über 60 Jahren und die Kranken sich nacheinander zur dritten Impfung anmelden, doch ging dies in der ganzen Welt sehr schwer.

Schauen Sie, und wir sind dann auch noch Ungarn. Ich erlebe ja tagtäglich in irgendeiner Form, wie sich die ungarischen Menschen, wie wir uns verhalten. Zum Beispiel wenn die Steuer eingezahlt werden muss. Jeder weiß, dass der Einzahlungstermin naht. Die Möglichkeit eröffnet sich, es gibt dafür mehr als einen Monat. Wann zahlen wir sie ein?

Im letzten Augenblick?

Wir zahlen sie am Ende ein. Also auch dem ungarischen Menschen geht es so, dass solange es keine Probleme gibt, macht er nichts, was nicht Teil seines Lebens ist. Und wenn das Problem dann auftritt, dann beginnt er hastig zu handeln, das ist ein Charakterzug der Ungarn. Wenn das Problem aber sehr groß ist, dann muss man die eigenen schlechten Angewohnheiten überwinden. Und ich bitte einen jeden darum, nichts bis auf den letzten Moment aufzuschieben, denn wenn er durch das Virus bereits infiziert ist, dann besteht das Risiko, und ob er am Leben bleibt oder nicht, ob er es überlebt oder nicht, ob er es mit einer Schädigung überlebt oder nicht, oder ob er lange Zeit ausgeschaltet sein wird oder nicht, dies kann danach nur mehr der liebe Gott entscheiden. Wir müssen handeln, wir müssen uns schützen, bevor wir den Impfstoff erhalten, aber warten Sie nicht, sondern lassen Sie sich impfen.

Papst Franziskus I. war in Ungarn. Er zelebrierte die Abschlussmesse auf dem Eucharistischen Kongress. Sie haben sich in der Gesellschaft von János Áder vierzig Minuten mit dem Papst unterhalten. Worüber sprachen Sie, Herr Ministerpräsident?

Der Eucharistische Kongress war ein gewaltiges Ereignis. Vor achtzig Jahren hat sich so etwas in Ungarn ereignet, und es ist leicht möglich, dass es zu meinen Lebzeiten dies nicht noch einmal geben wird. Im Bewusstsein dessen habe ich diesen fantastischen Kongress erlebt, der übrigens durch den Besuch des Heiligen Vaters auf eine höhere Ebene gestellt wurde. Das ist eine schlechte Debatte, in der es darum geht, wie viele Stunden er hier war, usw., nicht nur, weil dies von schlechtem Geschmack zeugt, sondern weil jener, der den Papstbesuch durch diese Brille betrachtet, die Situation missversteht, denn es hat sich zuletzt vielleicht vor dreißig Jahren ereignet, dass ein amtierender Papst den Eucharistischen Kongress aufgesucht hat. Doch hier war er anwesend. Es bestand keinerlei protokollarischer oder anderer Zwang, der ihn zum Kommen gezwungen hätte. Er ist nach Ungarn gekommen, weil er kommen wollte. Und meiner Ansicht nach ist er auf diesen Kongress gekommen, weil dieser Kongress in Ungarn war, er wollte uns besuchen. Ich könnte auch sagen, obwohl ich Calvinist bin, dass wir ihm wichtig sind, deshalb ist er hierher zu uns gekommen, und das ist meiner Ansicht nach eine große Sache, das wertet Ungarn auf. Mich persönlich hat diese Unterredung, die wie als Mitglieder der durch den Herrn Staatspräsidenten angeführten Delegation mit dem Heiligen Vater führen durften, auch noch bestärkt. Wir haben jene Themen gemieden, in denen wir nicht übereinstimmen. Es war am Sonntagmorgen, die Diskussionen gehören nicht zu diesem Zeitpunkt, zum Beispiel hat weder er noch ich die Frage der Migration zur Sprache gebracht. Es ist nicht sicher, dass wir unterschiedlich darüber denken, doch nähern wir uns dem Thema aus unterschiedlichen Richtungen an, und deshalb ist es besser, bei solchen Anlässen dies nicht zu berühren. Doch stimmten wir, das hat sich herausgestellt, viel tiefgreifender als ich das zu hoffen gewagt oder gehofft hatte, in der Frage der Familien überein, und mir persönlich hat dieses Treffen eine große Bestärkung gegeben. Der Heilige Vater hat deutlich gemacht, dass der Kampf, den wir im Interesse der Familien führen, hinsichtlich der Zukunft Europas der wichtigste Kampf ist. Auch er sieht es, dass große Kräfte am Werk sind, besonders in Brüssel, dort, innerhalb der Brüsseler Bürokratie wird die Familie relativiert, und er formulierte derart hart, wie es mir bisher noch nie gelungen ist, als er sagte, man darf nicht zulassen, dass die Familie relativiert wird. Die Familie ist der Vater, die Mutter, das Kind und Punkt. Er sagte nicht, wir sollten diskutieren oder darüber debattieren, es sollten starke Argumente gebraucht werden, er sagte: „Punkt, darüber gibt es keine Diskussionen.“ Ja er sagte sogar „go ahead“, was soviel bedeutet wie „macht es nur, weiter so, vorwärts“. Und wir werden es auch machen. Ich glaube, insgesamt hat dieser Besuch Ungarn aufgewertet, und sehr viele von uns persönlich bestärkt. Der Heilige Geist goss aus, das konnte ein jeder spüren, der an der Abschlussmesse oder an irgendeinem Ereignis des Eucharistischen Kongresses teilgenommen hat.

Ich habe nur kurz gefragt, da die BBC Meldungen unter dem Titel veröffentlichte, der Papst habe auf die Gefahr des Antisemitismus in Ungarn aufmerksam gemacht, als ob dies das Ziel des Besuches gewesen wäre.

Meiner Ansicht nach macht er überall auf diese Gefahr aufmerksam, doch konnte auch er sehen, denn die Vertreter der jüdischen Gemeinschaften waren auch bei den Ereignissen anwesend, dass es in Ungarn – im Gegensatz zu Westeuropa – ein freies jüdisches Leben gibt. Wenn jemand auf die Weise in Berlin, in Paris und noch in einer ganzen Reihe anderer europäischer Großstädte leben wollte, wie er in Budapest lebt, indem er zu seiner jüdischen Identität auch auf der Straße auf offensichtliche Weise steht, dann müsste er mit ständigen Belästigungen rechnen. Dort verübt man doch sehr schwerwiegende terroristische Anschläge auf die jüdischen Gemeinschaften. Man kann also auch in dieser Hinsicht nicht die Sicherheit in Ungarn mit der westeuropäischen Sicherheit vergleichen, und das weiß ein jeder. Doch unabhängig davon ist es noch wichtig, dass der Heilige Vater, wo immer er sich auch aufhält, uns darauf aufmerksam macht, dass der Hass, die Abstammung und die Diskriminierung auf rassischer Grundlage Dinge sind, die ein christlicher Mensch nicht auf sich nehmen kann.

Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.