Fernsehinterview von Ministerpräsident Viktor Orbán in der Sendung „Duell” (Duel) des tschechischen Fernsehsenders TV Barrandov
30. November 2018

Jaromír Soukup: – Ich wünsche den Zuschauern von TV Barrandov einen guten Abend! Ich begrüße Sie zur Sonderausgabe von „Duell” zusammen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten, Viktor Orbán. Ich begrüße auch Sie, Herr Ministerpräsident!

– Guten Abend!

– Herr Ministerpräsident, die erste Hälfte unseres Gesprächs möchte ich den ungarisch-tschechischen Beziehungen widmen. Was bedeutet für Sie Tschechien?

– „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins”, „Ich habe den englischen König bedient”, und Ähnliches, „Der Feuerwehrball”. Uns, meiner Generation bedeutet es Kultur, tschechische Kultur, hohe, qualitativ hochwertige, aber trotzdem populäre tschechische Kultur, mit der unsere Generation in den siebziger-achtziger Jahren aufgewachsen ist.

– Dann spricht die tschechische Kultur selbstverständlich Ihren Dank dem ungarischen Ministerpräsidenten dafür aus, wie Sie einige Jahrzehnte der tschechischen Literatur und Filmkunst auf diese Weise bewerten. Und in der Politik?

– In der Politik bedeutet Tschechien Bündnis. Tschechien ist ein enger Bündnispartner Ungarns. Wir beide gehören der Region an, die vor einer großen Zukunft steht, die viel gelitten und in den vergangenen Jahren ihre Lebenstüchtigkeit unter Beweis gestellt hat. Das tschechisch–ungarische Bündnis innerhalb der V4, das ist die Zukunft Europas.

– Ihr Minister, Péter Szijjártó, hat dem tschechischen Abgeordnetenhaus gedankt, das den Vorschlag des Europäischen Parlaments kritisiert hatte, gegenüber Ungarn solle ein Verfahren mit der Begründung eingeleitet werden, es verletze die Werte der Europäischen Union. Empfinden Sie Tschechien auch in dieser Hinsicht als einen Bündnispartner?

– Das ist mehr; mehr als ein Bündnis, das ist Freundschaft. Und wir haben gute Gründe, freundschaftliche Gefühle füreinander zu hegen, denn wenn wir uns gegenseitig helfen mussten, konnten wir immer auf den anderen rechnen, doch ist jetzt diese tschechische Geste eine herausragende Geste, die lange Zeit im Gedächtnis der Ungarn haften bleiben wird, und wir sind dankbar für sie.

– Wissen Sie, eine ähnliche Kritik können sich seitens der liberalen Medien oder natürlich seitens ihrer eigenen politischen Gegner Ministerpräsident Andrej Babiš und Präsident Miloš Zeman anhören, dass sie nicht auf ausreichende Weise auf der Seite Europas stünden und die europäischen Werte nicht ausreichend verteidigten.

– Wir sind genau entgegengesetzter Ansicht. Wir denken, wir vertreten und verteidigen die europäischen Werte. Wir sind der Ansicht, wenn man auf einem Berg stehenbleibt und man schaut hinunter auf die Stadt, und man sieht Prag, oder man bleibt in Budapest stehen und man sieht Budapest, dann wissen wir, das hier ist Europa. Uns greifen die Liberalen in Wirklichkeit nicht aus dem Grund an, den sie nennen, sondern sie attackieren uns, weil es einen Machtkampf in Europa gibt. Dieser Machtkampf besitzt auch eine geistige Dimension, und jenes Zeitalter, das langsam zu Ende geht, wird auch die Liberalen beiseiteschieben. Ein neues Zeitalter kommt, und die Liberalen verspüren ihren Untergang. Das ist nur die Ironie der Politik, dass Ihr Ministerpräsident der Fraktion der Liberalen im Europäischen Parlament angehört, was deutlich zeigt, wie die Worte in Mitteleuropa etwas anderes als in Westeuropa bedeuten. Doch jene Denkweise und jene Politik, die die Traditionen Europas nicht respektiert, die die Zukunft nicht aus der Vergangenheit Europas errichten möchte, sondern sich alle möglichen komplizierten, wurzellosen Dinge ausdenkt, die das Christentum nicht respektiert, die den Nationalstaat nicht respektiert, die die Gesetze der universalen Schöpfung nicht akzeptiert, die aus Männern und Frauen besteht, die die Familie nicht respektiert, diese Denkweise wird jetzt zu Ende sein. Deren Machtpositionen sind in Europa erschüttert. Die Zeit derer, die den Kontinent geistig umformen wollen und auch die Migration dazu benutzen – ihre Zeit läuft langsam ab. Sie sind jene, die Ihren Präsidenten, Ihren Ministerpräsidenten und auch mich angreifen. Das ist vielmehr Politik und Macht, und keine wirkliche Kritik.

– Wissen Sie, Herr Ministerpräsident, ich stimme Ihnen in vielem zu. Es stimmen Ihnen eine ganze Reihe – und jetzt qualifiziere ich sie – tschechischer Patrioten zu, und ich persönlich halte diese Art von Polarisierung der politischen Bühne Europas für beinahe natürlich. Was ich aber nicht für natürlich halte, ist, dass jene Menschen, die keinen Erfolg bei den Wahlen hatten, und die nicht in der Lage waren, ihre eigenen Wähler anzusprechen, sehr häufig sofort – und nicht nur in Tschechien, sondern auch in Ungarn – jene, die bei den Wahlen Erfolg hatten, zu beschuldigen beginnen, diese seien nicht demokratisch, sie seien radikal, seien keine Europäer usw.

– Die Wahrheit ist die, dass wir an Tschechien am meisten lieben, dass in dem Land Tschechen wohnen. Dann ist auch die Hauptattraktivität Ungarns, dass dort Ungarn wohnen, wir wollen also unsere Identität, unsere Geschichte nicht aufgeben, und die Wähler unterstützen uns, weil wir unsere Länder beziehungsweise die Werte unserer Länder schützen wollen. Jene, die Wahlen verlieren, sehen sich der Mehrheit der Wähler gegenüber. Dann laufen sie in solchen Situationen nach Brüssel. Leider betrachtet in Mitteleuropa die die Wahlen verlierende linke Opposition Brüssel häufig als eine letzte Zuflucht, von der aus man noch einen Angriff gegen Prag, Budapest, die Prager oder die Budapester nationale Regierung starten kann. Das ist eine schlechte Auffassung, und ich freue mich nicht, dass in Brüssel die Bürokraten diesem Verhalten einen Platz einräumen, denn die Brüsseler Bürokraten sind in Wirklichkeit Ihre, unsere Angestellten, denn Brüssel würde ohne Tschechien, ohne Ungarn, ohne die Nationalstaaten nicht existieren. Es ist nicht richtig, dass man von Brüssel aus eine Politik gegen die Nationalstaaten machen kann.

– Gehen wir zu einem Thema weiter, das Ungarn und auch die tschechische öffentliche Meinung beschäftigt, und das ist die Migration. Sie sind in Ungarn auch weiterhin sehr beliebt, Sie halten Ihren sehr hohen Popularitätswert, und sie bauen zum Teil darauf, die gegen die Migration gerichtete Politik härter zu gestalten. 2015 ließen Sie einen Zaun an der Grenze Ungarns errichten, dessen Aufgabe es ist, die nach Ungarn gerichtete illegale Migration aufzuhalten, Sie haben Transitzonen geschaffen, ja gegen Ungarn läuft bei den europäischen Justizorganisationen auch noch ein Verfahren wegen der gegen die Migration gerichteten Gesetze, die die Unterstützer der Migration mit Strafen sanktionieren. Wie haben sich diese Maßnahmen bewährt?

– Schauen Sie, in Wirklichkeit hassen mich die Liberalen, denn ihr Traum ist ein Europa, das sich seiner Geschichte entledigt. Ein Europa, das sich der Nationen, der Nationalstaaten entledigt, das sich der Staatsbürgerschaft entledigt, das sich des nationalen Charakters entledigt, und sich mit irgendwelchen hier Ankommenden zu einer neuen Qualität vermischt. Sie wollen keine Tschechen, keine Polen, keine Ungarn, keine Deutschen sehen, sondern eine neue europäische Menschenart, die auf die Weise entsteht, indem man aus den entfernten Teilen der Welt, aus den verschiedensten Zivilisationen die Menschen hierher hereinbringt, sie mit uns vermischt, und daraus entsteht ihrer Ansicht nach irgendein erhabeneres, irgendein großartigeres Europa, als unser tschechisches, ungarisches, polnisches oder eben deutsches Europa. Ich stimme mit diesem Gedanken überhaupt nicht überein. Ich war vielleicht der erste, der das derart offen und geradlinig zur Sprache gebracht hat, und mit meinen Maßnahmen, die sich auf den Grenzschutz bezogen, und mit der Errichtung des Zauns habe ich nicht nur geredet, sondern haben wir, Ungarn, auch etwas gegen solch eine Politik getan. Deshalb sind wir das Schwarze Schaf in Brüssel.

– Nun, das Schwarze Schaf. Sie sind einerseits einer harten Kritik ausgesetzt, andererseits sind aber Ihre Maßnahmen erfolgreich, und dies unterstützt die öffentliche Meinung. Sie waren tatsächlich der, der den Plan der Migrationsquoten als eine wahnsinnige Idee qualifiziert hat, und sehr mutig haben Sie als erster ausgesprochen, die Ungarn müssten ihre christlichen Werte verteidigen, ganz gleich ob sie gläubig oder nicht gläubig sind. Denken Sie das wirklich ernsthaft, was Sie mir vorhin ausgeführt haben, dass die christliche Kultur, die Nationalstaaten Schritt für Schritt verschwinden, wenn diese Brüsseler Haltung, die Sie jetzt beschrieben haben, erhalten bleibt?

– Ja. Schauen Sie, hinzu kommt noch, dass die Angelegenheit der Migration auch eine Frage der Demokratie ist. Die Lage ist die: Durch die Migration verändert sich offensichtlich der Charakter der Länder, und auch unser Leben würde sich verändern. Dies ist eine Veränderung von einer Tiefe, die von keinem führenden Politiker bejaht werden darf, ohne vorher die Menschen zu fragen. Also ohne die eigenen Wähler, die Ungarn, die Tschechen, die Deutschen, die Franzosen gefragt zu haben, ob man die Einwanderung unterstützende Entscheidungen treffen soll, wird früher oder später tiefe demokratische Krisen verursachen. Denn die Menschen werden das Gefühl haben, man verändere ihre Heimat und ihr Leben, ohne dass sie die Möglichkeit gehabt hätten, darüber ihre Meinung zu äußern. Ich bin also der Ansicht, dass Sie, Tschechen, wir, Ungarn, Polen, wir sind alle Demokraten. Wir machen das, was die Wähler wollen. Jene, die uns gegenüberstehen, wollen uns etwas aufzwingen, was unsere Völker nicht wollen. Eine andere Sache ist, dass man in Westeuropa die Menschen nicht einmal danach gefragt hat, ob sie jene Veränderungen möchten, die sich jetzt dort ereignen, doch das geht uns nichts an, das ist ihr Problem. Wir bitten nur darum, man möge uns nicht etwas aufzwingen wollen, was unsere Menschen, was unsere Völker nicht möchten. Und die Quote ist aus dem Grunde eine lächerliche Sache, denn wenn es in einem Haus einen Rohrbruch gibt, dann muss man nicht darüber diskutieren, wie wir das einbrechende Wasser unter uns verteilen sollten, sondern man muss den Rohrbruch beenden, und man muss sagen: „Schützen wir unsere Grenzen, damit sich das Übel nicht fortsetzt!“.

– Herr Ministerpräsident, ich freue mich sehr, im Grunde das erste Mal Ihre europäische Vision so, in ihren Zusammenhängen hören zu dürfen, was den Fernsehzuschauern ähnlich geht. Mir scheint es logisch zu sein, was Sie sagen. Haben Sie heute mit Andrej Babiš über die Migrationspolitik gesprochen? Stimmten Sie hierin überein?

– Schauen Sie, ich bin ein großer Verehrer Ihres Ministerpräsidenten, und ich freue mich darüber, dass jemand in die europäische Politik gekommen ist, der von außerhalb der Politik kommt. Ich bin schon seit dreißig Jahren in der internationalen und der ungarischen Politik, und ich sehe, wie in einem Hamsterrad von Zeit zu Zeit die gleichen Angelegenheiten hervorkommen, und manchmal braucht es neue Leute, die von außerhalb kommen, die eine eigene Herangehensweise anwenden, mutig sind und die ein bisschen die Dinge aufwirbeln, die ohne Erfolg und auf langweilige Weise immer auf der gleichen Schiene verlaufen. Und Herr Ministerpräsident Babiš ist zweifelsohne solch ein Mensch, der in Ungarn wegen seiner Tätigkeit als Finanzminister hohes Ansehen genießt, denn er hat wirtschaftliche Ergebnisse erreicht, die wir, Ungarn, hochschätzen und bewundern, und wir freuen uns darüber, dass er als Ministerpräsident auch weiterhin auf der Grundlage des nüchternen Verstandes steht, und ich in der Angelegenheit der Migration, wenn ich in Brüssel eine Schlacht austragen muss, jederzeit mit ihm rechnen kann, und auch er kann auf mich zählen. Häufig kommt es vor, dass wir beide gemeinsam den einen oder den anderen Standpunkt nachdrücklich vertreten müssen. Wir beide könnten mehrere solcher Geschichten erzählen, über solche in den frühen Morgenstunden geführte politische Gefechte, in denen die Tschechen auf uns und auch wir auf die Tschechen zählen konnten.

– Über Sie meint man, Sie seien in der Lage, viel Arbeit zu verkraften, der tschechische Ministerpräsident ebenfalls. Ich glaube Ihnen, dass Sie häufig erst am frühen Morgen zu einer Vereinbarung gelangt sind. Man sagt, Andrej Babiš würde drei Stunden schlafen. Wie viel Zeit bleibt Ihnen für den Schlaf bei Ihrer Arbeitsbelastung?

– Nun, wenig. Ich möchte nicht hierin mit Herrn Ministerpräsidenten Babiš einen Wettkampf eingehen, doch ist dies zweifellos eine Arbeit, die den Menschen belastet. Ich bin ein Anhänger des so genannten Wolfsschlafes. Der Wolfsschlaf ist ein 10-15 minütiger Tiefschlaf, nach dem man in der Lage ist, seine Arbeit fortzusetzen. Jeder hat eine andere Methode, doch sicherlich ist dies eine arbeitsreiche Stellung, hier musst du schuften, wenn du nicht top bist, dann verlierst du früher oder später den Faden und weißt nicht mehr, was geschieht. Wer dies auf sich nimmt, muss das wissen – ich liebe diese Arbeit übrigens, ich beschwere mich nicht darüber, dass viel gearbeitet werden muss, ich freue mich, dass ich viel arbeiten darf, ich liebe diese Arbeit, das ist eine schöne Arbeit, und wenn es Ergebnisse gibt, dann verrichtet man seine Arbeit ausgesprochen begeistert, und mir sind in den vergangenen dreizehn Jahren sehr viele solcher begeisternder Momente zuteil geworden. Ich bin schon das dreizehnte Jahr Ministerpräsident.

– Diese Energie kann man an Ihnen spüren. Herr Ministerpräsident, eine andere Sache, wegen der man Sie zu kritisieren pflegt, ist die juristische Regelung, die sich auf die die Migration unterstützenden NROs bezieht, die Lex Soros genannt wird. Die nach George Soros, dem amerikanischen Philanthropen ungarischer Abstammung benannt worden ist, deswegen werden Sie heftig kritisiert. Ich nehme an, Sie behalten die Regelung bei.

– Es gibt einen ungarischen Menschen namens György (George) Soros, einen sehr talentierten Mann, wir, Ungarn, sind stolz darauf, dass wir uns selbst im Allgemeinen als talentiert sehen. Jetzt geht es um so einen Menschen, der sehr viel Geld auf den Märkten der finanziellen Spekulationen gemacht hat, und der in der Lage ist, die Dinge seinen Absichten gemäß gut zu organisieren. Und er hat in ganz Mitteleuropa ein sehr ernstzunehmendes Netzwerk ausgebaut. Das sind sich selbst als Zivile bezeichnende bezahlte politische Aktivisten, die in einem großen Netzwerk viele Länder überziehen, ihre Arbeit verrichten. Mir geht es damit und auch mit Herrn Soros so, dass wir herumdiskutieren können, wenn es um Philosophie und einige gesellschaftliche Fragen geht. Es gibt aber eine rote Linie, die weder Herr Soros noch die NROs noch die bezahlten zivilen Aktivisten übertreten dürfen: Und das ist die nationale Sicherheit. Das Verhältnis hat sich in Ungarn aus dem Grund verschärft, weil die Migration eine Frage der nationalen Sicherheit ist. Und ich erlaube es in Ungarn niemandem, die Sicherheit der Ungarn zu gefährden. Und wer die Migration unterstützt, der unterstützt auch den Terrorismus, der unterstützt auch den Anstieg der Kriminalität, und will etwas, das eine Gefahr für die Ungarn darstellt. Ich habe deutlich gemacht und die ungarische Legislative hat mich darin bestärkt, dass dies eine Sicherheitsfrage ist, und jene zivilen Organisationen, die sich mit dieser Sicherheitsfrage, der Migration beschäftigen wollen, müssen unter einer engen Kontrolle stehen, und sie können ihre Tätigkeit nicht so verrichten, als ob sie sich – sagen wir – mit Fragen des Umweltschutzes beschäftigen würden, denn dies ist ein spezielles Gebiet der nationalen Sicherheit.

– Ich verstehe. Wissen Sie, George Soros ist auch in Tschechien relativ aktiv, es gibt hier mehrere Think-Tank-Institute, die durch die Open Society Foundation von George Soros finanziert werden. Das löst Diskussionen aus und wirft natürlich logische Fragen auf. Wie ist es möglich, dass diese Menschen das Recht auf die Teilnahme am öffentlichen Leben und auf Macht für sich in Anspruch nehmen, vor allem auf Macht, all das, ohne an den Wahlen teilzunehmen und mit dem ausländischen Kapital in ihrem Rücken? Das ist die eine Frage. Dann gibt es hier einige widersprüchliche Tätigkeiten. In der letzten Zeit wird immer wieder eine Journalistin genannt, die hinter einer großen Angelegenheit steht, die Andrej Babiš betrifft, in deren Laufe man – meiner Ansicht nach – die Krankheit des Sohnes des Ministerpräsidenten missbraucht hat. Dies ist eine Angelegenheit, die auch zum Sturz der Regierung hätte führen können. Nun, diese Journalistin wird von George Soros finanziert, was ernsthafte Fragen in der tschechischen Gesellschaft aufwirft.

– Zunächst einmal leben wir in einer Demokratie. Man darf das Wort und man kann das Wort auch nicht den Menschen verbieten. Hinzu kommt noch, wir sitzen jetzt in einem Fernsehsender, aber es gibt ja auch schon modernere Technologien der Kommunikation, Social Media, ähnliches, heute kann also schon ein jeder seine Meinung frei artikulieren. Deshalb besitzen wir nur eine Möglichkeit gegenüber den Netzwerken der Sorte Soros. Wir können nicht sagen: „Haltet den Mund!“ Das ist in einer Demokratie nicht möglich. Wir können eine Sache tun, nämlich systematisch aufdecken, wer sie sind, wer sie bezahlt, warum sie das Geld bekommen, in was für welche Netzwerke sie sich organisieren, in welchen Angelegenheiten sie auftreten, und dies den ungarischen oder den tschechischen Wählern zeigen, und sagen: „Seht Ihr? Das sind unsere Gegner. Es kommen die Wahlen, wählt, entscheidet Euch!“ Und die Wahrheit ist, dass Ungarn ein Vorkämpfer darin war, die sich unter der Wasseroberfläche versteckenden Netzwerke, auch George Soros, dazu zu zwingen, an die Oberfläche zu kommen, und er musste sein ganzes Netzwerk in Mitteleuropa vor der Öffentlichkeit vorstellen, er musste sich zu ihm bekennen, da wir ihn entlarvt hatten. Was jetzt die Angelegenheit im Zusammenhang mit ihrem Ministerpräsidenten angeht, so möchte ich in der konkreten Angelegenheit keine Meinung äußern, die Familienangelegenheiten sind in Ungarn heilig, doch weist die Geschichte auf eine allgemeine Erscheinung hin. Und diese ist die, dass die Politik als Metier immer rauer geworden ist. Wie ich erwähnte, bin ich seit langem in der Politik. Vor zwanzig Jahren war dies nicht so, wenn man damals den tschechischen Ministerpräsidenten über irgendeines seiner ein schweres Los besitzenden Kinder angegriffen hätte, dann hätte die gesamte, ich denke, auch die tschechische, jedoch auch die internationale öffentliche Meinung gesagt: „So etwas kann man nicht machen!“ Denn die Politik ist Politik, und die Familie ist Familie. Doch in den vergangenen zwanzig Jahren ist die Politik dermaßen verroht, dass unsere Gegner, besonders unsere internationalen, globalistischen Gegner der Sorte von Soros Charaktermorde begehen wollen. Und einen Abdruck dessen sehen wir in Tschechien. Die Politik ist so geworden wie ein Kampf im Käfig. Daran muss ich mich, daran müssen auch wir uns anpassen; wer nicht kämpft, wer nicht ficht, der wird niedergetrampelt. Und wenn wir niedergetrampelt werden, dann trampeln sie damit auch unsere eigenen Völker nieder, weshalb wir die Veränderung der Kampfweise zur Kenntnis nehmen und selber auch in dieser Hinsicht härter werden müssen.

– Sie sagten einmal in einem Interview, früher sei die Politik durch Herren mit Handschuhen und in weißen Hemden gemacht worden, heute ist das aber eher ein Boxkampf – das muss ich dann so verstehen. Herr Ministerpräsident, gehen wir weiter zur Zusammenarbeit der V4. Besitzt Ihrer Ansicht nach die Visegráder Zusammenarbeit immer noch eine Bedeutung?

– Ich bin davon überzeugt, dass die V4 die Zukunft Europas bedeuten. Das Wirtschaftswachstum liegt in dieser Region doppelt so hoch wie der Durchschnitt der Europäischen Union, und anscheinend wird sich diese Tendenz fortsetzen. Also liegt der Motor des wirtschaftlichen Wachstums heute in den Händen der tschechischen, ungarischen, der polnischen und der slowakischen Arbeiter, wir treiben die Lokomotive der Europäischen Union an, und dies wird noch über eine lange Zeit so sein. Wir sind also eine erfolgreiche Region, es lohnt sich, uns selbst als eine solche zu betrachten. Wir sind keine Bettler, die des Geldes wegen nach Brüssel zu fahren pflegen. Wir zeigen eine Leistung, wir haben blühende Wirtschaften, wir lassen die Westeuropäer hierher herein, und wir erwarten von ihnen, auf faire Weise behandelt zu werden, und sie sollen auch mit ihren eigenen Leuten, ihren Arbeitern und auch ihren Regierungen auf faire Weise umgehen. Ich glaube also sehr stark daran, dass diese Viererzusammenarbeit, deren Stärkung für Europa, für Mitteleuropa und auch einzeln für alle vier Länder gut ist. Was fehlt und wobei ich mit Ihrem Ministerpräsidenten kooperiere ist, dass in der kommunistischen Zeit alle wichtigen Netze – Energie, Verkehr – alle in Ost-West-Richtung ausgebaut wurden, die Nord-Süd-Verbindungen fehlen. Wir haben keine Schnellbahnen, haben keine Autobahnen von Nord nach Süd, die Weiterleitung der elektrischen Energie ist mühsam, und auch die Erdgasnetze verlaufen von Ost nach West, aber nicht von Nord nach Süd. Also müssten wir, diese vier Länder, die V4 Mitteleuropa durch große wirtschaftliche Investitionen auch als einen Wirtschaftsraum errichten. Das ist eine große Aufgabe, doch ist das auch die schönste Aufgabe der kommenden zehn Jahre.

– Ich verstehe. Müsste man die Visegrád-Gruppe durch Österreich erweitern, wovon ab und zu schon die Rede war? Politisch sind sich die Ansichten schon häufig ähnlich.

– Das ist sehr schwierig. Wenn jedwede Erweiterung zur Sprache kommt, dann gibt es unter den vier Ländern immer eines, das auch noch eine andere Idee hat, und dann gibt es kein Ende. Ich habe immer empfohlen, als wir die Präsidentschaft stellten und die V4 anführten, wir sollten die V4 so kompakt bewahren, und jeweils gesondert ein Verhältnis zu anderen gestalten. Es soll also V4+Österreich geben, und dazu sollten wir über eine Politik verfügen. Es soll V4+Balkan geben, und auch dafür sollten wir über eine Politik verfügen. V4+Baltikum, und dazu sollten wir auch eine Politik haben. Ich sehe die Zukunft also nicht in der Erweiterung, sondern eher im Ausbau spezieller Beziehungen.

– In Ordnung. Herr Ministerpräsident, die allerletzte Frage: Was benötigt Ihrer Meinung nach – das ist jetzt eine sehr allgemeine Frage – Europa am meisten?

– Europa wird jetzt eine Wahl brauchen. Vor fünf Jahren hat man die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt und vor fünf Jahren delegierten die Länder die Kommissare in die Europäische Kommission. Innerhalb von fünf Jahren haben sich Veränderungen im großen Maßstab vollzogen. Jene, die jetzt dort sind, sind für diese Arbeit nicht mehr geeignet. Wir brauchen jetzt eine neue europäische Führung, neue Parlamentsabgeordnete und eine neue Europäische Kommission. Wenn es gelingt, ihre Nationen liebende und sich für ihre Nationen engagierende Abgeordnete und Kommissare zu wählen und zu ernennen, dann können wir eine ganz neue europäische Politik beginnen. Wir können eine moderne, wettbewerbsfähige, ihre eigenen Traditionen respektierende, sich selbst liebende, sich aus den eigenen Wurzeln ernähren wollende, neue europäische Politik in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres, nach den europäischen Wahlen beginnen. Deshalb habe ich jetzt den Eindruck, dass sich die Zukunft Europas in der Hand der europäischen Menschen befindet, und sie bei den Wahlen die Richtung bestimmen müssen, in welche Richtung Europa weiterschreiten soll.

– Also kommt der grundsätzliche Impuls zur Reform Europas Ihrer Ansicht nach vermutlich nach den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai, wenn ich es richtig verstehe? Noch eine ergänzende Frage. Inwieweit hat diese nicht endende Migrationskrise tiefe Wunden in den europäischen Beziehungen und in der öffentlichen Meinung hinterlassen? Und welche Auswirkungen wird das auf die erwähnten EP-Wahlen haben?

– Dazu wäre ein gesondertes, langes Gespräch notwendig. Ich riskiere jetzt nur soviel zu sagen, dass die europäischen Länder sich deutlich erkennbar in zwei gesonderte Gruppen geteilt haben. Es gibt Länder, die beschlossen haben, Einwanderungsländer zu werden, die Einwanderer zu Millionen aufnehmen, und sie haben damit begonnen, sich selbst umzuformen, was ein gewaltiges Abenteuer ist. Möglicherweise wird es ein gutes Ende haben, aber es ist auch möglich, dass es eher ein trauriges Ende besitzen wird. Und es gibt eine andere Gruppe von Ländern, die auf so eine Sache nicht eingegangen sind. Das sind wir. Wir wollen uns nicht umformen, wir wollen uns nicht mit anderen vermischen, wir wollen uns nicht mit anderen auf die Weise vermengen, dass wir nicht wissen, was das Ende dieses Abenteuers sein wird. Das sind jetzt zwei Gruppen. Es ist eine große Frage in Europa, wie diese beiden Gruppen – die sich zu Einwanderungsländern formenden und die sich selbst bewahrenden Ländergruppen – miteinander werden zusammenarbeiten können. Dies wird die größte Frage des Zeitraums nach den Wahlen sein.

– Herr Ministerpräsident, unsere Zeit ist zu Ende. Ich danke Ihnen sehr dafür, dass Sie sich Zeit für uns, für unseren Fernsehsender genommen haben, ich bedanke mich für Ihre Antworten, Ihre Energie. Es war ausgezeichnet, ich danke Ihnen noch einmal.

– Vielen Dank. Auch ich wünsche den Zuschauern und den Bürgern Tschechiens alles Gute, und ich wünsche Ihnen, Gott möge Tschechien beschützen!

– Vielen Dank, Herr Ministerpräsident! Und ich danke auch Ihnen, liebe Zuschauer, für Ihre Aufmerksamkeit!